Formel 1: Zehn Zylinder der Saison:Han Solo und die zwei Raufbolde

Sebastian Vettel macht auch im Raumschiff eine gute Figur, Michael Schumacher baut spektakuläre Unfälle, Nick Heidfelds Auto brennt gleich doppelt. Den Streit des Jahres liefern sich Lewis Hamilton und Felipe Massa - und Bernie Ecclestone gibt in München vor Gericht Bestechung zu. Die Formel-1-Rückschau.

Carsten Eberts

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Formel 1: Zehn Zylinder der Saison:Robert Kubica

Robert Kubica

Quelle: dpa

Sebastian Vettel macht auch im Raumschiff eine gute Figur, Michael Schumacher baut spektakuläre Unfälle, Nick Heidfelds Auto brennt gleich doppelt. Den Streit des Jahres liefern sich Lewis Hamilton und Felipe Massa - und Bernie Ecclestone gibt in München vor Gericht Bestechung zu. Die Formel-1-Rückschau.

Von Carsten Eberts

Schon vor dem Saisonstart war klar, dass die Rennen des Jahres 2011 ohne Robert Kubica stattfinden würden. Im Februar war der Pole als Gaststarter bei einer kleinen Rallye in Italien von der Strecke abgekommen und in eine Leitplanke gekracht - diese bohrte sich verhängnisvoll in Kubicas Auto. Rettungskräfte mussten ihn aus dem Auto schneiden, Kubica erlitt schwerste Verletzungen. Vor allem seine rechte Hand machte den Medizinern Sorge; lange war ungewiss, ob sie gar amputiert werden musste.

Zwar konnte Kubicas Hand gerettet werden - unklar ist jedoch, ob er seine Karriere fortsetzen kann. "Meine Ärzte sind weiterhin beeindruckt", erklärte Kubica kürzlich über seine Fortschritte: "Ich brauche einfach nur mehr Zeit, wenn ich 100 Prozent fit sein will, bevor ich wieder fahre." Einen Platz im Cockpit von Renault für 2012 lehnte er deshalb ab.

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Formel 1: Zehn Zylinder der Saison:Nick Heidfeld

Renault Formula One driver Nick Heidfeld of Germany tries to leave his burning car during the Hungarian F1 Grand Prix at the Hungaroring circuit near Budapest

Quelle: REUTERS

Da war es plötzlich wieder, das ewige Stehaufmännchen. Weil Robert Kubica seinen Platz im Renault-Cockpit nicht wahrnehmen konnte, feierte zur allseitigen Überraschung Nick Heidfeld sein unerwartetes Comeback. Das verlief dann nicht allzu glücklich: Zweimal brannte sein Auto (in Barcelona und Budapest), stets kam er im Mittelfeld ins Ziel, hatte nur einen Ausreißer nach oben: Platz drei in Malaysia.

Vor dem Belgien-Grand-Prix wurde er dann durch Bruno Senna ersetzt. Der fuhr von den Platzierungen her zwar deutlich schlechter, brachte aber mehr Sponsoren mit. "Es gibt viele Dinge, die ich jetzt darüber sagen könnte", erklärte Heidfeld verbittert - und beließ es dabei. Heidfeld ist nun 34, hat seine Karriere noch nicht abgeschrieben: Gerüchteweise könnte er als dritter Fahrer bei Mercedes einsteigen - jedoch nur in der DTM.

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Formel 1: Zehn Zylinder der Saison:Bernie Ecclestone

F1 Grand Prix Of Brazil - Previews

Quelle: Getty Images

Es war der Auftritt der Saison, fernab jeder Rennstrecke, ganz ohne Benzingeruch und laute Motoren: Bernie Ecclestone, der mächtigste Mann der Formel 1, musste vor Gericht erscheinen. In München sollte er im Korruptionsfall um die Bayern LB und deren Ex-Vorstand Gerhard Gribkowsky Auskunft geben. Der Vorwurf: Auch Ecclestone soll Gribkowsky bestochen haben. Der Brite gab dies unumwunden zu, erklärte: "Weil ich damals keine andere Möglichkeit sah. Ich hatte zwar eine Alternative, aber die war nicht sehr attraktiv."

Zuvor musste sich der zuständige Richter jedoch erklären lassen, warum den mächtigsten Motosport-Mann der Welt alle nur "Bernie" nennen. Nicht etwa "Mr. Ecclestone". Ein Zeuge sagte schließlich: "Alle nennen ihn Bernie, er unterschreibt sogar Briefe und Verträge mit Bernie." Damit war dann auch der Richter zufrieden. Bernie ging wieder und flog zum Rennen nach Abu Dhabi. Der Prozess nimmt hingegen seinen Lauf.

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Formel 1: Zehn Zylinder der Saison:Michael Schumacher

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Quelle: AFP

Einen Podestplatz wie Nick Heidfeld konnte Michael Schumacher 2011 nicht ergattern - doch es war für den Rekordweltmeister eine ereignisreiche Saison. Zum einen produzierte Schumacher spektakuläre Unfälle: In Singapur fuhr er auf das Heck von Sergio Perez auf - der Mercedes schraubte sich hoch in die Luft, kippte fast nach hinten über. Schumacher rauschte aus voller Fahrt in die Streckenbegrenzung, verließ sein Auto unverletzt.

Zum anderen zeigte Schumacher, was für ein phänomenaler Starter er ist. Direkt beim Start machte Schumacher insgesamt 33 Plätze gut - mehr als jeder andere Fahrer. Das lag auch daran, dass er stets im Mittelfeldgetümmel starten musste und entsprechend viele Fahrer vor sich hatte. Sebastian Vettel konnte in dieser Disziplin - natürlich - kaum glänzen. Zur Saison sagte Schumacher: "Ganz zu Anfang war ich etwas eingerostet. Aber ich bin überzeugt davon, dass Mercedes und ich erreichen werden, was wir uns vorgenommen haben." Das dürfte für 2012 eindeutig mehr sein als Platz acht in der Fahrerwertung.

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Formel 1: Zehn Zylinder der Saison:Lewis Hamilton

F1 Grand Prix Of Brazil - Qualifying

Quelle: Getty Images

Es war kaum zu erahnen, dass sich Lewis Hamilton mit seinem Kollegen Felipe Massa noch einmal versöhnen würde. Die beiden gehen als Kollisionskönige in die Saisonchroniken ein. Insgesamt sechs Mal rappelten beide auf der Strecke gegeneinander, die Schuldfrage war dabei meist geklärt: Fünf Mal war Hamilton in Rambo-Manier unterwegs gewesen, nur ein Mal Massa. Der Brasilianer schäumte, der Brite ignorierte ihn, was Massa nur noch mehr aufbrachte.

Doch nun? Nach dem letzten Rennen in São Paulo machte Raufbold Hamilton tatsächlich einen Schritt auf Raufbold Massa zu. "Es war gut, nach dem Rennen eine nette Unterhaltung mit Felipe gehabt zu haben", sagte Hamilton: "Ich habe großen Respekt vor ihm und freue mich schon darauf, im nächsten Jahr wieder gegen ihn zu fahren." Dabei sollen sich beide sogar umarmt haben. Ist das zu glauben? Massa hingegen ...

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Formel 1: Zehn Zylinder der Saison:Felipe Massa

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Quelle: AFP

... war ebenfalls verdutzt, nahm die Entschuldigung jedoch an. Im Saisonverlauf hatte er mehrfach gegen Hamilton gezürnt, der es offenbar auf Massa abgesehen hatte. Anders war die Häufung der Unfälle kaum zu erklären - zumindest aus Massas Sicht. "Ich habe Lewis nichts zu sagen. Wenn er über die Sache sprechen will, muss er zu mir kommen", hatte er erklärt, als Hamilton seinen Kollegen mal wieder von der Strecke gerammt hatte.

Nach dem Finale in São Paulo klang auch Massa versöhnlicher: "Ich war froh, dass Lewis zu mir gekommen ist. Das war eine schöne Geste von seiner Seite." Na dann: Bis zum nächsten Jahr!

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Formel 1: Zehn Zylinder der Saison:Sebastian Vettel

F1 Grand Prix Of Abu Dhabi - Race

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Der alte Weltmeister ist auch der neue - und das Bild der Saison lieferte Sebastian Vettel gleich mit. Beim vorletzten Saisonrennen in Abu Dhabi war Sebastian Vettel erstmals ausgefallen. Ein dubioser Reifenschaden schon nach 800 Metern zwang ihn dazu, seinen Boliden abzustellen. Was machte Vettel? Er gesellte sich zu seiner Teamleitung an den Kommandostand. Wie Han Solo in seinem Raumschiff Millennium Falcon saß er dort und verfolgte hochinteressiert das Geschehen, blickte auf die vielen Knöpfe; es hätte nur gefehlt, dass Vettel via Funk seinem Teamkollegen Mark Webber befehligte, wann dieser zum Boxenstopp kommen muss.

Vettels übrige Saison verlief phänomenal: 19 Rennen, 17 Podestplätze, 15 Pole Positions, 11 Saisonsiege. Seine 392 WM-Punkte hätten allein gereicht, Ferrari von Platz drei der Konstrukteurswertung zu verdrängen. Sogar in Situationen, als Vettel kurz vor Schluss uneinholbar führte, gab er noch Gas und fuhr schnellste Rennrunden - nicht immer zur Freude seiner Teamleitung. Die Konkurrenz wird sich wünschen, dass Vettel in der Winterpause ein wenig von seinem Ehrgeiz verliert. Er wird ihnen den Gefallen kaum tun.

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Formel 1: Zehn Zylinder der Saison:Fernando Alonso

Ferrari Formula One driver Fernando Alonso of Spain drives during the second practice session of the Brazilian F1 Grand Prix in Sao Paulo

Quelle: REUTERS

Es war gewiss die Technik-Debatte des Jahres. Vor der Saison hatte der Weltverband Fia die Nutzung von Auspuffgasen zur Steigerung der aerodynamischen Effizienz (Fachbegriff: angeblasene Diffusoren) freigegeben. Das nutzten vor allem die Red Bulls, die die neue Regelung am besten umsetzten. In der Saisonmitte kamen die Fia und andere Teams auf die Idee, dass angeblasene Diffusoren doch regelwidrig sein könnten. Vor allem Ferrari, weil die Italiener gegen die Dominanz von Red Bull überhaupt nichts auszurichten hatten.

Vor dem Rennen in Silverstone verbot die Fia dann diese Technik und es gewann - tadaa: Fernando Alonso im Ferrari. Treuherzig gab dieser zu Protokoll: "Plötzlich war ich vorne. Ich bin dann noch einige gute Runden gefahren, weil man ja nie weiß, wie so ein Rennen läuft." Zwar waren Red Bull an diesem Wochenende ungewöhnlich viele Fehler unterlaufen. Den Beteiligten war jedoch klar: Der Ferrari-Sieg in Silverstone hatte einen seltsamen Beigeschmack.

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Formel 1: Zehn Zylinder der Saison:Rubens Barrichello

F1 Grand Prix Of Brazil - Race

Quelle: Getty Images

Für den Oldie im Feld war es eine durch und durch deprimierende Saison. Gefühlt ist Rubens Gonçalves Barrichello seit 100 Jahren dabei, in der Realität sind es immerhin schon 18 - doch in diesem Jahr fuhr der Brasilianer ausschließlich hinterher. Das lag nicht an Barrichello, der immer noch ein solider Pilot ist, vielmehr an seinem Rennstall Williams, der dem 39-Jährigen ein ausgesprochen mieses Auto zur Seite gestellt hatte. In Abu Dhabi belegten die Williams gar die letzte Startreihe: Pastor Maldonado auf Platz 23, Rubens Barrichello auf 24. Das gab es in der Formel 1 noch nie.

Aufhören will Barrichello nicht, wo er weiterfährt, steht jedoch nicht fest. Der Brasilianer hat dabei ganz bescheidene Wünsche: "Ich fordere keinen großen Vertrag. Ich möchte einfach nur ein wettbewerbsfähiges Auto." Das hatte er 2011 definitiv nicht.

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Formel 1: Zehn Zylinder der Saison:Timo Glock

Glock: 'Ich wuerde gerne um Siege mitfahren'

Quelle: dapd

Timo Glock war der unglücklichste Fahrer der Saison. Das hatte einen einfachen Grund: Glock fiel ständig aus. Nur 13 von 19 Rennen beendete er auf der Strecke, holte dabei keinen einzigen WM-Punkt, war im Ziel nie besser als Platz 15. In Südkorea war sein Virgin bereits im Qualifying kaputt: Während die Konkurrenz noch um die besten Zeiten fuhr, gab Glock bereits im Fernsehen deprimierte Interviews. Mehr Sinnbild ging nicht.

Auch beim letzten Rennen schied er aus, auf kuriose Weise: Glock verlor nach einem Mechaniker-Fehler bei der Ausfahrt aus der Box ein Rad. "Ich weiß auch nicht, wie man einen Boxenstopp so verhauen kann", erklärte Glock verbittert und resümierte: "Da bin ich echt froh, dass die Saison vorbei ist."

© sueddeutsche.de/ebc/hum
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