Sieben Kurven der Formel 1:Verstappen setzt auf Yoga

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(Foto: Clive Rose/Getty Images)

Der WM-Führende müht sich, trotz der Probleme ruhig zu bleiben. Mick Schumacher kann tatsächlich wieder auf ein Formel-1-Cockpit hoffen. Die Höhepunkte des Rennwochenendes von Zandvoort.

Von Elmar Brümmer, Zandvoort

Lando Norris

(Foto: Simon Wohlfahrt/AFP)

Start mal wieder verhauen? Schwamm drüber. McLaren ist das Team der Stunde, und sogar der ewige Zweifler Norris behauptete nach dem erst zweiten Sieg seiner Formel-1-Karriere trotzig, dass er schon seit Saisonbeginn um den Titel kämpfe. Die 22,8 Sekunden Vorsprung, die der Brite am Ende auf seinen Kumpel Max Verstappen hatte, waren eine Demütigung. Red-Bull-Teamchef Christian Horner gestand: „McLaren ist zurzeit nicht erreichbar“ und fürchtete, dass „dieser Sieg Lando noch mehr Selbstvertrauen“ geben wird. Das kann der 24-Jährige aber auch brauchen, denn er benötigt einen Lauf wie Sebastian Vettel 2013, der bei seinem vierten Titel die letzten neun Rennen hintereinander gewinnen konnte. Dazu muss vor allem der Start funktionieren, zum vierten Mal verhunzte Norris seine Pole-Position in diesem Jahr. Kopfsache?

Die Reflexe des Fahrers sind intakt, aber dann lässt er meist die Räder durchdrehen. „Keine Frage, Lando ist titeltauglich“, behauptete hingegen McLaren-Teamchef Andrea Stella und sieht Selbstkritik als große Stärke an – wie einst bei Ayrton Senna. Dafür spricht, dass Norris im letzten Umlauf auch noch die schnellste Rennrunde fuhr, um den Rückstand um ein weiteres Pünktchen zu reduzieren. Aber mit dem Titelgewinn zu rechnen, hielt er trotz der Machtdemonstration von Zandvoort im Moment noch für „dämlich“. Auch eine Art von Selbstmotivation.

Max Verstappen

(Foto: Clive Rose/Getty Images)

Ein Ehrgeizling, der sich über einen zweiten Platz freut? Das ist ein ganz neues Gesicht von Max Verstappen. In seinem 200. Grand Prix zeigte der Niederländer mit seinem schwächelnden Red-Bull-Rennwagen einmal seine ganze Klasse, als er am Start seinen Rivalen Lando Norris glatt stehen ließ. 17 Runden brauchte der Brite, bis er vorbeikam. Dank Yoga und Meditation, spottete der immer noch komfortabel mit 70 Punkten führende Titelverteidiger, bleibe er gerade noch ruhig. Es war ohnehin mehr die Hilflosigkeit der Techniker, die ihn störte: „Es ist schwer zu sagen, wo es herkommt, dass unser Auto gerade so schwer zu fahren ist.“

Rennstallberater Helmut Marko war sichtlich besorgt: „Noch neunmal Zweiter werden reicht nicht zum Titel. Wir haben viel Arbeit und viel Nachdenken vor uns. Es ist alarmierend.“ Die Luft wird dünner, weil McLaren in der Konstrukteurs-WM bis auf 30 Punkte aufgeschlossen hat. Markos Paradefahrer Verstappen sagte: „Wir brauchen nicht in Panik geraten, wir müssen uns einfach nur verbessern.“ Wenn’s nur so einfach wäre.

Lewis Hamilton 

(Foto: Mark Thompson/Getty Images)

Es war nicht das Wochenende von Mercedes, erstmals seit sechs Rennen stand kein Silberpfeil-Pilot auf dem Podest. Lewis Hamilton wurde Achter von Startplatz 14, das war weit besser als erwartet. Die erste Schlagzeile nach der Sommerpause durfte der Rekordweltmeister auch für sich verbuchen, als er – gerade von einer Reise durch vier afrikanische Länder gekommen – vehement forderte: „Die Formel 1 kann Afrika nicht mehr weiter ignorieren, die Zeit für ein Rennen ist reif.“ Einen Kandidaten gibt es auch schon. Nicht mehr Kyalami in Südafrika, wo 1993 der letzte Grand Prix auf dem Kontinent stattfand, sondern Ruanda.

Formel-1-Chef Stefano Domenicali bestätigte ein Treffen mit einer Regierungskommission für Ende September, es gebe auch Pläne für eine permanente Piste: „Sie meinen es ernst.“ Der ostafrikanische Staat ist reich an Bodenschätzen, zugleich aber lebt mehr als die Hälfte der Bevölkerung in extremer Armut. Die drei besten Fahrer werden die Reise in die Hauptstadt Kigali in jedem Fall antreten – dort findet Mitte Dezember die Übergabe der WM-Pokale statt.

Flavio Briatore

(Foto: Mark Thompson/Getty Images)

Das Erscheinungsbild des französischen National-Rennstalls Alpine mag so gar nicht zu den perfekten Olympischen Spielen passen. In der Pariser Firmenzentrale herrscht ein ziemliches Chaos, die Mitarbeiter der gerade aufgelösten Formel-1-Motorenabteilung wehren sich jetzt öffentlich. Mit dem erste 36 Jahre alten Briten Oliver Oakes aus der Formel 2 hat das Team in der Sommerpause einen neuen Chef bekommen, aber wer wirklich das Sagen hat, wurde in Zandvoort schnell klar: Flavio Briatore, ausführender Berater des Konzernchefs Luca di Meo.

Der Italiener zog unverblümt über die Versäumnisse der Alpine-Equipe her: „Da gab es kein Management. Und wenn, dann waren es die falschen Manager. Eine ganze Menge davon.“ Die einzig zielführende Methodik sei nach Meinung des 74-Jährigen das „Elektroschocker-Prinzip“, um alle aufzuwecken. Schon wurde kolportiert, dass er um Designgenie Adrian Newey buhle. „Gebt mir zwei Jahre, dann fahren wir wieder vorn mit“, versprach Briatore. Der ihm untergebene Oakes hat schon ein Wort für die neue Situation im Rennstall gefunden: „Einen Tornado namens Flavio.“

Mick Schumacher 

(Foto: David Davies/dpa)

Das erste Rennwochenende nach der Sommerpause begann für den 24-jährigen Mercedes-Testpiloten mit einer schockierenden Nachricht: Aus den sozialen Medien erfuhr er, dass sein Freund Jack Doohan künftig für Alpine fährt. Dabei fährt doch Schumacher in der Sportwagen-WM für das französische Werksteam. Die letzte, vage Chance für ein Formel-1-Cockpit scheint zu diesem Zeitpunkt das künftige Audi-Werksteam zu sein.

Als der überforderte US-Amerikaner Logan Sargeant aber samstags seinen Williams-Rennwagen abfackelte, reichte es wohl auch dem geduldigen Williams-Teamchef James Vowles. Möglich, dass er schon beim nächsten WM-Lauf am Wochenende in Monza einen besseren Ersatzmann ins Cockpit setzen wird. Von denen, die auf dem Markt sind und die nötige Erfahrung hätten, ist Mick Schumacher der Favorit. Ein Aushilfsjob zwar nur, aber einer, bei dem Schumacher zeigen könnte, was er wert ist. Mitbewerber ist der Neuseeländer Liam Lawson, den Red Bull aber nur für vier Rennen freigeben möchte. Neun sind es noch in diesem Jahr. Kommende Saison fährt dann Carlos Sainz junior für Williams.

Nico Hülkenberg 

(Foto: Joe Portlock/Getty Images)

Elfter werden, das ist noch schlimmer als Vierter sein. Punktlos, wo doch für die Hinterbänkler jeder Zähler Millionen wert sein kann. „Wir haben etwas liegen lassen“, sagte Nico Hülkenberg daher über ein verkorkstes Wochenende des Haas-Rennstalls, von dem sich der Emmericher mehr erwartet hatte. 57 Runden lang hatte er mit den harten Reifen durchgehalten, lag auf Punktekurs. Dann brach die Leistung ein. Teamchef Gene Haas dürfte ohnehin nicht besonders amused gewesen sein. Der Industrielle aus den USA musste nämlich am Freitagabend neun Millionen Dollar an den ehemaligen Sponsor Uralkali zurücküberweisen.

Nachdem Einmarsch der Russen in der Ukraine hatte die Formel 1 als erste Sportart alle Verbindungen gekappt, auch Unternehmersohn Nikita Mazepin, für dessen Sitz die 13 Millionen Dollar Sponsorgeld bezahlt worden waren, musste raus aus dem Cockpit. Ein Schweizer Gericht hat Haas zur Rückzahlung von fast drei Vierteln der Summe verdonnert. Weil das Geld nicht eingegangen war, schickte Papa Mazepin die niederländischen Gerichtsvollzieher. Eine Weiterreise nach Monza ist erst möglich, wenn die Summe bei einer Bank im Mittleren Osten eingegangen ist. Erst dann dürfen sich die Transporter in Bewegung setzen.

Charles Leclerc

(Foto: Clive Rose/Getty Images)

Fred Vasseur, der französische Capo der Scuderia Ferrari, trug das ganze Wochenende schon eine Leidensmine auf dem Gesicht, was nichts mit dem launischen Regenwetter an der Nordsee zu tun hatte. Die roten Rennwagen waren einfach zu langsam, weit weg von der Frühform im Frühjahr, als sie für Siege gut waren. Aber aus den Startplätzen sechs und zehn einen dritten Platz für Charles Leclerc und einen fünften für Carlos Sainz jr. zu machen, das war eine beachtliche Steigerung. Guter Start, gute Taktik, gute Reifennutzung.

„Wir haben vorher gesagt, dass wir ein Wunder brauchen, und genau das ist eingetreten“, frohlockte Leclerc. „So ein Renntempo hätte ich nicht erwartet“, gestand auch Vasseur über die optimale Ausbeute auf einer Piste, die für Ferrari für gewöhnlich zu den schlechtesten des Jahres zählt. Das weckte natürlich die Erwartungen für das Heimspiel im Autodromo Nazionale. Ein technisches Upgrade soll dort für weiteren Schub sorgen.

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