Sieben Kurven der Formel 1:Zweiter! Mit diesem Wagen!!

Verstappen glänzt mit einem Auto, das kurz vor dem Rennen noch zerlegt wurde. Vettel wird auf der Videokonferenz ausgeblendet. Die Höhepunkte des Formel-1-Wochenendes.

Von Elmar Brümmer, Budapest

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Lewis Hamilton

F1 Grand Prix of Hungary

Quelle: 2020 Pool

Grand Slam wird der perfekte Dreiklang aus Pole-Position, Rennsieg und schnellster Runde in der Formel 1 genannt. Dem sich in Rekordlaune befindlichen Lewis Hamilton reicht das noch nicht ganz, er fügt in der letzten der 70 Runden noch ein Sternchen hinzu - die Bestzeit des Tages ist auch ein Streckenrekord. Der Wechsel kurz vor Schluss auf frische Reifen war trotz mehr als 25 Sekunden Vorsprung auf Verfolger Verstappen ein kleines Risiko, durch eine Safety-Car-Phase hätte der zweite Sieg hintereinander und die Rückkehr an die WM-Spitze verspielt werden können.

Aber Hamilton gab bei der Diskussion über Funk nicht nach. Er hatte sich diesen Extrapunkt durch seine Solo-Fahrt unter schwierigen Bedingungen nicht nur verdient, er wollte ihn auch unbedingt: "Ich weiß, wie es ist, wenn man eine Weltmeisterschaft wegen eines Pünktchens verliert..." Das war 2007 passiert, das soll nie wieder vorkommen: "In diesem Rennjahr ist es entscheidend, das Maximale aus jedem Moment herauszuholen." Daher die Aggression auch ganz am Anfang, als er nach drei Runden acht Sekunden vor dem Feld lag. Am Ende hatte er fast das Gefühl, sich rechtfertigen zu müssen für seinen großen Tag: "Ob ihr es glaubt oder nicht - ich musste ständig Druck machen." Kann er überhaupt anders?

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Valtteri Bottas

F1 Grand Prix of Hungary

Quelle: 2020 Pool

Eine der besonderen Fähigkeiten von Valtteri Bottas betrifft den Moment direkt vor dem Start. Das Reaktionsvermögen des Finnen auf die ausgehenden Ampeln ist so gut, dass er oft schon nur um einen winzigen Moment am Fehlstart vorbeigeschrammt ist. In Ungarn tauchten ausgerechnet in der Phase, in dem der Kopf extrem fokussiert und der Körper maximal angespannt ist, vier Lichter auf dem Lenkraddisplay des Finnen auf. Bottas ließ die Kupplung kommen, er dachte zunächst, dass es sich um das Startsignal handelt. Vor Schreck kuppelte er sofort wieder aus, sein Auto hat nur kurz geruckelt.

Damit wurde aus dem Frühstart ein Fehlstart. Als Sechster musste er sich mühsam nach vorn kämpfen. Zweimal kam er ganz nah an Max Verstappen heran - aber eben nicht vorbei. Solche Irrlichter verbietet sich der Drittplatzierte, der nun auch wieder Zweiter in der WM ist, künftig: "In so einem Moment darf es nicht sein, dass der Bildschirm die Farbe wechselt. Das hat mir den Nachmittag schwerer gemacht, als es sein sollte."

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Max Verstappen

F1 Grand Prix of Hungary

Quelle: Getty Images

Zweiter werden mit einem Rennwagen, der das ganze Wochenende schon aus der Balance gekommen war, das darf man gern dem Fahrer zuschreiben. Zweiter werden mit diesem Rennwagen, obwohl dieser auf dem Weg in die Startaufstellung in die Barrikaden gerutscht ist, das ist ein Mannschaftssieg von Red Bull Racing. Während überall auf der Startgeraden nur über das Wetter gerätselt wird, nehmen die Mechaniker die linke Radaufhängung an Verstappens Auto auseinander, wechseln die verbogene Spurstange. Etwa anderthalb Stunden dauert so etwas im Normalfall, sie schaffen es in 20 Minuten.

"Max schuldet seinen Leuten diesen Erfolg", weiß Teamchef Christian Horner, nachdem der Niederländer auf dem Podium gestrahlt hatte: "Dieses Ergebnis fühlt sich wie ein Sieg für mich an." Die 18 Punkte gehören somit auch Leeroy und Ollie. Sie haben den Fehler vor dem Start wettgemacht, auf der Piste allerdings gebührt auch dem Piloten ein Extralob. Ein paar Mal in der Einführungsrunde hin- und herlenken, und sich dann sicher genug für den Kampf gegen die Silberpfeile fühlen, sofort am Start in den Angriff zu wechseln und vier Plätze gutzumachen - das spricht dafür, dass Verstappens Gemüt robuster ist als manches Fahrzeugteil. "Es war auch ein Dank an meine Truppe", sagte er später bescheiden.

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Sebastian Vettel

Hungarian Grand Prix

Quelle: REUTERS

Die Inquisition bei Ferrari findet am Ende der Rennwochenenden, die bislang prinzipiell allesamt ernüchtert waren, per Videokonferenz statt. Die Kameraführung dort ist bisweilen vergleichbar mit den Leistungen auf der Strecke. Ausgerechnet in einer Zeit, in der Teamchef Mattia Binotto angesichts mangelnder Motorenleistung und fehlender Ergebnisse von Einigkeit spricht, ist Sebastian Vettel plötzlich ganz abgeschnitten. Das ist unschön, denn der Heppenheimer hat kaum gemault über das einmal mehr schwer zu fahrende Auto. Er hat nur sanft kritisiert, vielleicht etwas zu spät zum Reifenstopp geholt worden zu sein, obwohl er dort nach einem Taktikfehler unendliche 9,2 Sekunden vor der Garage stehen musste, um alle anderen vorbeizulassen.

Irgendwie hat er den sechsten Platz dann noch verteidigt, Kollege Charles Leclerc (voll im Bild zu sehen!) fiel hingegen aus den Punkterängen. Beide wurden überrundet. "Wir sind nicht da, wo wir sein wollen, aber wenigstens haben wir alles getan, was wir tun konnten", bilanziert Vettel - und kann sich in der freien Woche wieder seinen Zukunftsplänen widmen. Für den zunehmend umstrittenen Binotto ist das Resultat "nur schwer zu schlucken". Der Italiener spricht davon, dass jetzt jeder einzelne seinen Job analysieren und notfalls den Kurs wechseln müsse. Das klingt schwer nach internem Ärger.

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Lance Stroll

775530683

Quelle: AFP

Zweiter nach dem Start, Vierter im Endresultat, das freut den Sohn und macht den Papa stolz (vielleicht ist es auch genau umgekehrt). Lance Stroll, das weiß ja jeder, fährt unter dem Protektorat von Lawrence Stroll in der Formel 1, dafür hatte der Kanadier das Force-India-Team gekauft und in Racing Point umbenannt, künftig wird der Rennstall Aston Martin heißen. Dass Lance Stroll auf Augenhöhe mit dem deutlich talentierteren Max Verstappen kämpfen kann, ist vor allem dem Rennwagen geschuldet.

In der Qualifikation von Ungarn war er der einzige, der Mercedes wirklich folgen konnte. Was für viele keine Wunder ist, denn er hat ja auch den Motor von Mercedes. Und auch sonst ziemlich viel Ähnlichkeit mit dem Weltmeisterauto von Lewis Hamilton im vergangenen Jahr. Zu viel, wie die Konkurrenz von Renault behauptet. Deshalb haben die Franzosen schon beim letzten Rennen Protest gegen die ihrer Meinung nach illegale Kopie eingelegt - und jetzt wieder. Allerdings verzichteten die Rennkommissare diesmal darauf, die fraglichen Bremsbelüftungen erneut zu beschlagnahmen. Racing Point hat drei Wochen Zeit, sich schlüssig zu verteidigen.

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Michael Schumacher

Schumacher-Freund Todt

Quelle: dpa

Noch fünf weitere Erfolge, und Lewis Hamilton hat Michael Schumachers Rekordmarke von 91 Siegen eingeholt. Es gibt nach Ende des Renn-Hattricks zum Saisonstart wenig Zweifel, das ihm das gelingen kann, und dass er auch nach Titeln gleichzieht. Was Erfolge auf einer Rennstrecke angeht, hat der Brite am Sonntag seinen achten auf dem Hungaroring eingefahren - Schumi war das gleiche Kunststück einst in Magny-Cours gelungen. Für Jean Todt, damals Ferrari-Teamchef und heute Boss des Automobilweltverbandes FIA, sind diese Vergleiche unbedeutend: "Spielt es eine Rolle, ob Lewis mehr gewonnen hat nach einem Unfall wie dem von Michael", fragt er in einem Interview mit der Daily Mail zurück. Wer der beste Fahrer überhaupt sei könne man doch unmöglich feststellen.

Todt (links, hier ein Archivfoto) besucht den bei einem Skiunfall Ende 2013 schwer verunglückten Rekordweltmeister regelmäßig. Die britische Zeitung zitiert ihn so: "Er kämpft. Ich hoffe, die Welt wird in der Lage sein, ihn wiederzusehen. Darauf arbeiten er und seine Familie hin." Auf dem Hungaroring war Sohn Mick erstmals in diesem Jahr auf dem Podium zu sehen. In beiden Rennen der Formel 2 belegte der Ferrari-Junior den dritten Rang.

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Kevin Magnussen

F1 Grand Prix of Hungary

Quelle: 2020 Pool

Gemischte Wetterverhältnisse, gemischte Gefühle - deshalb sind solche Rennen besonders spannend, insbesondere auf dem sonst für seine langweiligen Rennverläufe gefürchteten Hungaroring. Prompt liegen in der fünften Runde die Herren Kevin Magnussen und Romain Grosjean auf den Plätzen drei und vier. Wer sie nicht gleich einordnen kann: das sind die Chauffeure des bislang punktlosen Haas-Teams. Der Däne bringt später, als sich alles wieder einigermaßen geordnet hat, zwei Punkte ins Ziel, die ersten der Saison. Wichtig auch deshalb, weil der amerikanische Besitzer Gene Haas offenbar mit einem Ausstieg liebäugelt, weil es nicht richtig voran geht - woran auch der Ferrari-Kundenmotor seinen Anteil hat.

Am Ende wird der tapferen Truppe, die ihre inneren Konflikte meistens öffentlich austrägt, ein Zähler durch eine Zehn-Sekunden-Zeitstrafe wieder weggenommen. Der Coup, nach der Formationsrunde von Regenreifen sofort auf Slicks zu wechseln, was der Rest des Feldes sich erst viel später traute, war nicht ganz regelkonform. Die Aufforderung dazu hätte von den Fahrern an die Box kommen müssen, nicht umgekehrt. Damit wurde der richtige Tipp des Strategen als illegale Fahrerhilfe bewertet.

© SZ.de/ebc
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