Daniel Ricciardo
Würde es tatsächlich so etwas wie eine Wertung für den Weltmeister der Herzen geben, dann wäre der Vorsprung des Australiers eindeutiger als es der von Nico Rosberg auf Lewis Hamilton ist. Fahrerisch seit Monaten auf einem Hoch, toppt der 27-Jährige das auf dem Podium noch. Selbst dann, wenn ihm ein Ausfall des Teamkollegen samt virtueller Neutralisierung den zweiten Platz vermasselt. Der Red-Bull-Pilot hat ein unterhaltsames, für alle Delinquenten aber qualvolles Ritual eingeführt: den so genannten "Shoey". Die anderen müssen Champagner aus seinen Rennfahrerschuhen trinken. Diesmal traf es den Schauspieler Gerard Butler, der die launigen Siegerinterviews führte. Dass er keinen Alkohol trinkt, nützte ihm nichts - ihm wurde ein Energiedrink eingeschenkt. Ricciardo, auch Dritter in der WM, ist echt ein gewinnender Typ.
Nico Rosberg
Lewis Hamilton im Team und gegen sich zu haben, ist schon schwer genug. Aber dass auch noch Bernie Ecclestone über den Formel-1-Tabellenführer herfallen muss, ist hart: "Wenn Nico den Titel gewinnen würde, wäre das gut für ihn und gut für Mercedes, aber es würde dem Sport nicht unbedingt helfen, weil es nichts über ihn zu schreiben gibt." Würdig, aber zu langweilig, findet Ecclestone. In der Tat ist aus Rosberg schwer schlau zu werden, meint selbst Mercedes-Teamchef Toto Wolff: "Den echten Nico sehe auch ich nur selten. Und ich bezweifele, dass es da draußen irgendjemanden gibt, der das kann." Das sei keine Kritik, sondern eher eine Frage der Konzentration: "Seine Selbstdisziplin ist in diesem Jahr auf neuem Niveau. Er würde nicht einmal einen negativen Zeitungsartikel lesen, weil es ihn ärgern könnte." Dann weiß der Zweite von Austin und immer noch klar Erste in der WM vielleicht gar nichts von Ecclestones Zweifeln?
Max Verstappen
Es gehört schon etwas dazu, erst anderthalb Jahre in der Formel 1 zu sein und dann gleich vor ein Fahrertribunal zu müssen. Drei Minuten lang soll der sonst als Schweiger bekannte Kimi Räikkönen über das zu aggressive Verhalten des 19-Jährigen gewettert haben, am Ende des Fahrer-Briefings wurde von Renndirektor Charlie Whiting eine "Anti-Verstappen-Regel" verfügt: In der Bremszone darf die Spur nicht mehr gewechselt werden. Das ist zwar längst ungeschriebenes Gesetz, aber weil sich der Red-Bull-Pilot als einziger nicht daran hält, musste es festgeschrieben werden. Die Probe aufs Exempel konnte in Austin nicht gemacht werden, kurz nach Halbzeit rollte der Niederländer aus, nachdem er zuvor zum Boxenstopp gekommen war, ohne dass sein Team bereitstand: Er hatte sich den Funkspruch zum Reifenwechsel bloß eingebildet...
Lewis Hamilton
So klingt normalerweise Verzweiflung: "Ich kann nur versuchen, das Beste zu geben." Beim Noch-Weltmeister allerdings klingt es nach Hoffnung, auch wenn er immer noch mehr als einen Sieg hinter Nico Rosberg liegt. Die grandiose Pole Position und der souveräne Sieg in Austin, sein erster seit einem knappen Vierteljahr, kommen zur rechten Zeit für den Briten. Langsam wird er die Geräusche und damit das Trauma des Motorenplatzers von Malaysia los, das ihn vielleicht den Titel gekostet hat. Dafür hat er eine weitere Bestmarke in den Formel-1-Geschichtsbüchern erreicht: Der Triumph auf dem Circuit of the Americas, sein dritter in Folge auf dieser Piste, war der 50. Grand-Prix-Sieg seiner Karriere, er liegt damit nur noch einen Rang hinter dem vierfachen Weltmeister Alain Prost auf Rang drei der ewigen Bestenliste. Und die Angst vor einem DNF, einem Ausfall, liegt jetzt mehr bei Nico Rosberg. Ein Instinktfahrer wie Hamilton wittert das.
Fernando Alonso
An Lewis Hamilton hatten die Fernsehkameras von NBC schnell ihre Lust verloren, sie fanden mehr Gefallen an dem Duell zwischen Fernando Alonso und Carlos Sainz. Ein Kampf, vergleichbar mit einer Fußballpartie zwischen Real Madrid und dem FC Barcelona. Dabei ging es um Platz fünf. Auch der Brasilianer Felipe Massa durfte zwischenzeitlich mitmischen. Alonso fuhr, obwohl er in einem untermotorisierten McLaren-Honda sitzt, wie zu besten Champion-Zeiten. Sainz, im Außenseiterauto Toro Rosso, hielt mehr als tapfer dagegen. Dass die beiden Spanier Freunde sind, merkte man nicht. 45 Runden lang musste Alonso in das Getriebe des vor ihm fahrenden Rennwagens starren, aber der Mann ist ja Stoiker. Dann endlich konnte er dank der besseren Reifen vorbeistürmen. Das Jubelgeheul über Boxenfunk klang nicht sehr asturisch, eher texanisch: "Yeeehaaa!" Kleine Freuden macht man sich in einer Frustsaison am besten selbst.
Daniil Kwjat
Tatsächlich, es gibt in der Formel 1 noch so etwas wie eine zweite Chance. Im Mai von Red Bull Racing im Tausch mit Max Verstappen wieder zurück zum Ausbildungsrennstall Toro Rosso abgeschoben, hatte der Russe einen mentalen Knacks davongetragen. Die dritte Grand-Prix-Saison des 22-Jährigen würde wohl seine letzte sein, der Getränkekonzern siebt unerbittlich aus. Doch plötzlich, seit die Konkurrenz Interesse an den Junioren zeigt, vor allem auch an Carlos Sainz jr., zieht eine neue Menschlichkeit ein. Teamchef Franz Tost begründet die Vertragsverlängerung damit, dass man angesichts des Reglementwechsels 2017 erfahrene Leute brauche. Kwjat (links, Archivbild) verspricht "200 Prozent Leistung". Und dann gibt es da noch Pierre Gasly, der auch auf eine zweite Chance hoffen muss. Der 20 Jahre alte Franzose hatte schon verkündet, dass er so gut wie sicher der neue Mann bei Toro Rosso sei. Zu früh.
Ferrari
Rückwärts in die Box wird man normalerweise geschoben. Aber es geht auch noch ein bisschen peinlicher. Weil die Ferrari-Mechaniker Kimi Räikkönen mit einem nicht korrekt montierten Rad wieder auf die Piste schickten, musste der Finne das Auto am Steilstück an die Seite fahren - und ließ sich dann zurückrollen bis zur Garage. Aus der Truppe ließ sich, wohlweislich, keiner blicken. Seinen vierten Platz übernahm Sebastian Vettel. Aber glücklich ist auch der Heppenheimer nicht mit dem, was die Scuderia da gerade so abliefert. Auf Mercedes verliert man kräftig nach Sekunden, auf Red Bull Racing nach Punkten. Der dritte WM-Platz bleibt zementiert, was einer Blamage gleichkommt. "Vor uns liegt ein steiler und holpriger Weg", sagt der auch nicht mehr unumstrittene Sebastian Vettel. Das soll motivierend klingen, nicht resignierend. Es darf eben nur nicht weiter bergab gehen.