Formel 1 in Österreich:Ferrari extrem

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Angesäuert: Sebastian Vettel startet beim Grand Prix in Österreich von Platz neun.

(Foto: AFP)
  • In der Qualifikation zum Großen Preis von Österreich zeigt sich, dass Ferrari Mercedes in dieser Saison schlagen kann.
  • Ein technischer Defekt verhindert allerdings, dass sich Sebastian Vettel einen guten Startplatz sichert. Er geht von Platz neun aus ins Rennen.
  • Lewis Hamilton wird strafversetzt. Er muss wegen eines unfairen Manövers von Platz vier starten.

Von Philipp Schneider, Spielberg

Sebastian Vettel legte die Hände ab auf seinem Ferrari und stemmte sich in die Höhe. Durch sein Visier und durch die geöffnete Tür seiner Garage konnte er die anderen Rennwagen vorbeisausen sehen. Neun Rennwagen, in denen neun Rennfahrer saßen, die sich nun darum streiten durften, wer von ihnen am Sonntag von der Pole Position in das Rennen in Spielberg würde starten dürfen. Die Chancen der neun Rennfahrer auf einen Parkplatz ganz vorne waren soeben gestiegen. Denn der zehnte und möglicherweise schnellste von ihnen war nun raus. Sebastian Vettel kletterte aus seinem Cockpit. Dann umrundete er mit ruhigem Schritt seinen Wagen und klopfte jedem einzelnen seiner Mechaniker auf die Schulter. Schönen Dank, dass ihr probiert habt, den Ferrari noch flott zu bekommen, sollte die Geste wohl bedeuten. In jenem Moment des Rennwochenendes, in dem es darauf ankommt, maximal flott zu sein. Und in dem Vettel nun das Gegenteil von flott gewesen war. Keinen Meter war er mitgefahren im dritten und entscheidenden Durchgang der Qualifikation, er hatte die Garage gar nicht verlassen. Es gab Probleme mit der Pneumatik.

Als Vettels Teamkollege Charles Leclerc kurz darauf mit der Bestzeit über die Ziellinie flog, hatte Vettel schon den Helm abgesetzt und den Rennoverall halb ausgezogen. Den wilden Jubel Leclercs hörte Vettel nicht. Und auch nicht den überaus höflichen Hinweis des Monegassen über Funk, dass es ihm leid tue für Vettel.

Der Monegasse Leclerc hält Mercedes auf Distanz

Sehr schade alles, sagte Vettel. Sein Auto habe sich nämlich gut und schnell angefühlt, im Verlauf der Qualifikation immer besser. "Ich war bereit für die Runde. Wie bereit, das werde ich nie erfahren." Nach dem Aussteigen habe er gehofft, "dass Charles es schafft und die Mercedes wegwischt".

Und wie er wischte: 26 Hundertstel schneller als Hamilton war Leclerc. Kaum zu glauben, aber diese bislang an Pointen eher arme Formel-1-Saison war doch noch imstande, eine nette Wendung in ihren Handlungsstrang einzuweben: Ein Ferrari steht am Sonntag tatsächlich ganz vorne. Wie zuletzt schon in Bahrain war Leclerc schneller als Lewis Hamilton im Mercedes. Und die drittbeste Zeit hatte nicht Valtteri Bottas im zweiten Silberpfeil vorgelegt, sondern Max Verstappen im Red Bull. Es sei ja wohl "cool", fand deshalb Hamilton, "dass drei verschiedene Teams auf den ersten drei Plätzen stehen". Sehr cool, allerdings.

Weniger cool, wenngleich kaum überraschend, dürfte Hamilton die später folgende Entscheidung der Rennkommissare gefunden haben, dass er um drei Startplätze auf Position fünf strafversetzt werden würde wegen eines Manövers zu Beginn der Qualifikation, bei dem er Kimi Räikkönen im Weg gestanden hatte. Die kuriose Geschichte: weil auch Kevin Magnussen vom Team Haas um fünf Positionen zurückversetzt wurde, startet Hamilton nun - trotz Versetzung um drei Plätze - am Ende von Platz Vier. In Kurve drei war Hamilton einfach geradeaus gefahren, woraufhin Räikkönen etwas in sein Mikrofon fluchte, das auch bei mehrmaligem Abhören akustisch unverständlich blieb, und wild mit den Händen fuchtelte, bevor er einen astreinen Stinkefinger formte. "Nicht ideal" sei sein Manöver gewesen, gab Hamilton zu. An der erfrischenden Team-Mischung ganz vorne im Feld änderte sich dadurch nichts. Leclerc parkt nun halt vor Verstappen und Bottas. Auf einem sensationellen fünften Platz steht Lando Norris im McLaren.

Vettel startet am Sonntag immerhin noch von Platz neun. "Schon bitter" sei das Resultat, sagte er. Er und Leclerc seien "im Formationsflug unterwegs" gewesen. "Wir hätten uns am Ende wahrscheinlich um die Pole gestritten."

Wie lange werden die weichen Reifen im heißen Spielberg halten?

Der Samstag war kein guter Tag für Vettel. Aber für die Formel 1 war er ein besserer Tag als der Freitag. Da nämlich hatten Ferrari und Red Bull versucht, eine Reifen-Rebellion in der Formel 1 zu veranstalten. Eine Abstimmung der zehn Teamchefs über die Frage, ob die Rennserie wieder auf die Gummimischungen des Vorjahres zurück wechseln sollte, war fünf zu fünf ausgegangen. Und gescheitert war so der Plan, die dominanten Silberpfeile auszubremsen, indem ihnen die Reifen genommen würden, mit denen in diesem Jahr nur sie allzeit und auf allen Kursen zurechtgekommen waren. Die speziellen Bedingungen in Spielberg mit Asphalttemperaturen jenseits der 50 Grad Celsius hatten es nun ermöglicht, dass Mercedes auf sportliche Weise besiegt werden konnte - zumindest in der Qualifikation.

Leclerc und Vettel starten am Sonntag auf der weichsten Reifenmischung, die Mercedes-Piloten und Verstappen auf den härteren Medium-Pneus. Das Reglement schreibt vor, dass im Rennen jene Reifen gefahren werden müssen, die auch im zweiten Durchgang der Qualifikation am Wagen waren. "Beim Start" seien die weichen Reifen "sicher kein Nachteil", sagte Leclerc. Die Frage wird allerdings sein, wie lange sie bei den abermals heißen Bedingungen halten werden.

Die Strecke in Spielberg verspricht jedes Jahr spannende Rennverläufe. Nach dem Start geht es steil bergauf, dann pro Runde um lediglich zehn Kurven. Nirgendwo kreisen die Rennwagen schneller als in Österreich. Die Wahrscheinlichkeit, dass es am Sonntag so langweilig werden könnte wie zuletzt in Le Castellet, tendiert gegen null.

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