Großer Preis von Österreich:Triumph und Flammen für Ferrari

Großer Preis von Österreich: Auf den Tribünen viele Fans in Orange, auf der Strecke ein Sieg für Rot: Charles Leclerc im Ferrari.

Auf den Tribünen viele Fans in Orange, auf der Strecke ein Sieg für Rot: Charles Leclerc im Ferrari.

(Foto: Christian Walgram/Imago)

Charles Leclerc gewinnt in Spielberg trotz technischer Probleme vor Max Verstappen. Der zweite Ferrari beginnt kurz vor Schluss zu brennen - Mick Schumacher wird sensationell Sechster und zum Fahrer des Tages gewählt.

Von Philipp Schneider, Spielberg

Wovon auch immer die niederländischen Fans geträumt haben, als sie Mitte der Woche zu zig Tausenden aufgebrochen waren in ihrer Heimat, um sich mit ihren Zelten und in ihren Wohnwagen runter nach Österreich zu begeben auf die grünen Wiesen rund um Spielberg: Das, was sie dann erleben mussten, gehörte sicher nicht dazu. Fassungslos mussten sie am Sonntag ansehen, wie ihr Heros Max Verstappen gleich dreimal überholt wurde von Charles Leclerc im Ferrari. Nach dem Start. Und dann nach beiden Boxenstopps, bei denen Verstappen jeweils kurzfristig wieder die Führung übernommen hatte.

Und als der WM-Führende Verstappen dann nach 71 sehr ernüchternden Runden als Zweiter über die Ziellinie rollte, da hatte er sogar noch Glück, dass er nicht noch vom zweiten Renner aus Maranello überholt worden war. Denn die schwarzen Pferdchen überkam auch in Spielberg mal wieder ein technisches Unheil - wie schon so oft in dieser Saison.

13 Runden vor Schluss hatte der Drittplatzierte Carlos Sainz gerade die schnellste Runde gedreht, als sich der Motor in seinem Dienstwagen auf dramatische Weise verabschiedete. Zunächst schlugen kleine Flämmchen aus seinem Heck, doch diese wurden rasch größer. Der Ferrari rollte aus und versuchte vergeblich, an einem leichten Gefälle zur Ruhe zu kommen. Sainz hätte sich gerne sofort vor dem immer stärker lodernden Feuer in Sicherheit gebracht, doch er musste ja noch einen Fuß auf der Bremse halten. Erst als ein Streckenposten einen Keil hinter einen Reifen setzte, sprang Sainz aus dem Auto. Fassungslos, vermutlich mehr wegen der verschenkten Punkte als wegen des Feuers, schüttelte er den Kopf.

Großer Preis von Österreich: Das Auto von Carlos Sainz nach dem Defekt.

Das Auto von Carlos Sainz nach dem Defekt.

(Foto: Andy Hone/Motorsport Images/Imago)

An der Spitze wurde es daraufhin zwar noch mal eng, weil Leclerc über Probleme mit seinem Gaspedal klagte, das nicht mehr in die Grundstellung zurück schnappte. Der Wagen habe permanent "20 bis 30 Prozent Gas" gegeben, was ihm vor allem in den langsameren Kurven Schwierigkeiten bereitet habe, erklärte er später. Aber er schleppte sich gerade so vor Verstappen und Lewis Hamilton über die Ziellinie. Der Niederländer behält zwar mit 38 Punkten Vorsprung die Führung in der Gesamtwertung, Leclerc schob sich durch seinen dritten Saisonsieg allerdings auf Rang zwei nach vorne und verdrängte den zweiten Red-Bull-Fahrer Sergio Perez.

Und Mick Schumacher? Zeigte ein blitzsauberes Rennen, überholte Hamilton und seinen Teamkollegen, raste erstmals auf Rang sechs, sammelte so im zweiten Grand Prix nacheinander WM-Punkte. Und wurde auch noch zum Fahrer des Tages gewählt. "Fantastisches Rennen, ich freue mich für dich und das Team", funkte Teamchef Günther Steiner, der ihn ja sehr oft sehr hart kritisiert hatte. "Wir haben einen Lauf", betonte Schumacher: "Wir sind rundum zufrieden mit dem heutigen Tag." Noch lieber würde er allerdings ganz vorn mitkämpfen. "Aber darauf müssen wir noch ein bisschen warten." So glücklich Schumacher war, so unglücklich war Sebastian Vettel. Nach schwachem Qualifying und schwachem Sprint am Samstag wurde er im Rennen nur 17.

In Spielberg ist das Spiel mit den Heckflügeln entscheidend, der Tanz in den sogenannten DRS-Zonen. Wer dort dicht genug am Heck eines Vordermannes rollt, der darf seinen Heckflügel flachstellen und einen Geschwindigkeitsvorteil gewinnen. Schumacher hatte sich nach dem Sprint am Samstag, mit dem die Startreihe des Rennens ausgefahren wurde, über mangelnde Unterstützung seines Teamkollegen Kevin Magnussen beschwert. Weil dieser ihm kurz vor Schluss keine DRS-Unterstützung mehr gegeben hatte, musste Schumacher Lewis Hamilton passieren lassen, der nun vor ihm ins Rennen rollen durfte.

Verstappen parkte vor den zwei Ferraris, gefolgt von George Russell im Silberpfeil und Sergio Perez im zweiten Red Bull. Die Ampeln gingen aus in Spielberg. Und die zwei roten Renner verzichteten diesmal auf jenes teaminterne Duell, das sie zur Belustigung des Teams Red Bull noch am Samstag aufgeführt hatten, als sie sich lieber gegenseitig gepiesackt hatten, als gemeinschaftlich Verstappen zu bekämpfen. Diesmal brachten die Ferraris ihre Rennwagen heil um die ersten Kurven. Aber Perez griff in Kurve vier Russell an, es kam zum Kontakt, er drehte sich im Kiesbett und musste an die Box. Russell erhielt später dafür eine Fünf-Sekunden-Strafe, die er beim Boxenstopp absaß.

Von der Pole Position gestartet hatte Verstappen am Samstag im Sprint die Strategie verfolgt, sich möglichst schnell abzusetzen, damit der folgende Leclerc nicht den Vorteil des DRS genießen würde. Aber das gelang ihm am Sonntag nicht. Diesmal hielt sich Leclerc sofort formatfüllend in seinem Rückspiegel. "Das kam jetzt für uns schon ein bisschen überraschend, nachdem wir vorher so überlegen waren", rätselte Helmut Marko, der Motorsportberater von Red Bull. In der zehnten Runde griff Leclerc erstmals an, Verstappen machte sich breit. Zwei Umdrehungen später versuchte er es erneut, in Kurve vier, in der es den Kontakt zwischen Russell und Perez gegeben hatte. Und schon war er vorbei, übernahm die Führung.

Großer Preis von Österreich: In hervorragender Verfassung: Mick Schumacher, hier vor Max Verstappen.

In hervorragender Verfassung: Mick Schumacher, hier vor Max Verstappen.

(Foto: Zak Mauger/Motorsport Images/Imago)

Schumacher, der nach dem Ausrutscher von Perez von Startplatz neun auf acht vorrückte, wagte gleich in der ersten Biege einen Angriff auf Hamilton, musste dabei in die Auslaufzone rollen. Aber er hielt sich danach weiter im Heck des siebenmaligen Weltmeisters. Und nach fünf Runden schaffte er es tatsächlich vorbei an ihm. "Ihre Geschwindigkeit auf den Geraden ist verrückt", funkte Hamilton an sein Team. Er meinte jene der beiden Haas, die ihn schon am Vortag beim Sprint in die Verzweiflung getrieben hatten.

Verstappen fuhr als erster Fahrer aus der Spitzengruppe an die Box. Zum Entsetzen der Tausenden holländischen Zuschauer auf den Tribünen überließ er damit den beiden Ferraris kampflos die Führung. Weiter hinten musste sich Schumacher dem Druck Hamiltons beugen, der in Runde 15 wieder vorbeizog am Deutschen. Die Haas fuhren an die Box, sortierten sich weiter hinten ein. Und Schumacher zeigte in seinem 32. Rennen in der Formel 1 die nächsten exzellenten Überholmanöver. Er schnappte sich Daniel Ricciardo - und dann bildete sich im Mittelfeld ein wildes Quartett um Magnussen, Fernando Alonso, Lando Norris und Schumacher. Beide Haas schafften es vorbei und sortierten sich auf den Positionen sechs und sieben ein. Und Schumacher ließ auch seinen Teamkollegen hinter sich.

Nach 27 Runden steuerte der erste Ferrari seine Versorgungsgasse an. Leclerc wurde schnell abgefertigt, fiel danach auf Platz drei hinter Verstappen zurück. Danach kam auch Sainz an die Box und wenig später Hamilton. Und die neue Reihenfolge an der Spitze, nachdem alle Piloten einmal gehalten hatten, war wieder wie nach dem Start: Verstappen führte das Rennen an, gefolgt von Leclerc und Sainz.

Aber der Kraft der Ferraris, zumindest in jenem Auto, in dem sie nicht zu brennen begann, war an diesem Sonntag nichts entgegenzusetzen. Nach 33 Runden überholte Leclerc Verstappen schon zum zweiten Mal an diesem Tag. Es sei verrückt, klagte der Niederländer im Funk. "In einer Runde habe ich Grip an den Vorderrädern, in der nächsten nicht." Bevor ihn kurz darauf auch Sainz überholte, rollte Verstappen lieber schnell zum zweiten Reifenwechsel an diesem Tag. Und dann wiederholte sich das Spiel abermals: Beide Ferraris hielten für frische Pneus, fielen dabei wieder hinter Verstappen zurück, waren aber schneller.

18 Runden vor Schluss sauste Leclerc schon zum dritten Mal an diesem Tag vorbei. Und kurz darauf explodierte der Motor im Auto von Carlos Sainz.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: