Sieben Kurven in der Formel 1:Ein neues F-Wort für den Haas-Chef

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(Foto: Memmler/Imago/Eibner)

Günther Steiner legt sich mit den Rennkommissaren an, Nico Hülkenberg erleidet das Mick-Schumacher-Schicksal und Mercedes glaubt wieder an sich. Die Höhepunkte des Formel-1-Wochenendes.

Von Elmar Brümmer, Barcelona

Max Verstappen

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(Foto: Lluis Gene/AFP)

Dritter Sieg in Serie, dazu der Grand Slam aus Pole-Position, schnellster Runde und Rennsieg, Max Verstappen war einmal mehr der Unantastbare in der Formel 1. 24 Sekunden Vorsprung auf Lewis Hamilton, 53 Zähler vor Sergio Perez in der WM-Wertung - was soll da noch groß passieren? Den Weckruf gegen die Langeweile übernahmen die Rennkommissare, drei Mal war der Dauer-Führende mit allen vier Rädern neben der Piste gewesen, gedroht hätte ihm bei einem weiteren Verstoß eine Fünf-Sekunden-Strafe. Die Warnung seines Teams, es nicht mehr zu übertreiben, ignorierte er gekonnt. Unterm Limit macht es der Niederländer nicht.

Schon fragt sich die Konkurrenz, ob Red Bull die perfekte Saison schafft. 1988 war McLaren mit 15 Erfolgen in 16 Rennen knapp daran gescheitert. Aber erstmal wird Verstappen die Bestmarke von Ayrton Sennas 41 Siegen kassieren, einer fehlt ihm dazu. Alle und alles unter Kontrolle zu haben, das entspricht seinem Anspruch: "Es ist ein Riesenvergnügen, so ein Auto fahren zu dürfen. So will ich weiter machen ..." Ein Kommentator der BBC fragte sich, ob sich Verstappen bereits vor der Sommerpause seinen Titel verteidigen wird. Bloß ein Scherz?

Die Silberpfeile

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(Foto: Javier Soriano/AFP)

Für einen Moment stand der großgewachsene Mann im Mercedes-Teamhemd beinahe verloren in der Boxengasse, dann blickte er zur riesigen Tribüne hinüber - und es brandet lange nach dem Rennen Applaus auf. Die Formel-1-Fans spürten, dass sie vielleicht einen besonderen Moment erlebt hatten, eventuell so etwas wie eine Wende: die Silberpfeile, in Wahrheit schwarz-grüne Rennwagen, sind zurück. Zweiter Platz für Lewis Hamilton, dritter für George Russell. Ein Doppelpodium mit einem runderneuerten Auto.

Und das, nachdem samstags fast alles schiefgelaufen war, als die beiden Piloten nach einem Missverständnis beinahe kollidierten. Russell schaffte den Sprung aufs Podest vom zwölften Startrang aus, und auf der Lieblings-Teststrecke der Formel 1 machte er einen Selbsttest im Überholen: "Man vergleicht sich mit den anderen, und dabei habe ich gemerkt, wie ich schneller und schneller wurde." Teamchef Wolff bleibt vorsichtig in der Einschätzung des neuen Autos: "Es ist ein bisschen wie bei Jugend forscht ..."

Lewis Hamilton

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(Foto: Josep Lago/AFP)

In der Mannschaftswertung ist Mercedes schon die Nummer zwei, auch das trägt dazu bei, dass Lewis Hamilton wieder seinen Instinkt scharf gestellt hat: "Die Bullen sind noch vorn", sagte der Rekordchampion, "aber wir jagen sie jetzt. Das geht jetzt Schritt für Schritt, bis Ende des Jahres werden wir dran sein. Runter vom Gaspedal gehen wir nicht mehr." Wo bisher keine Eile herrschte in Sachen Vertragsgesprächen, hat der 38-Jährige in Barcelona verkündet, dass er sich schon am Montag bei einem Kaffee mit Teamchef Toto Wolff über einen neuen Kontrakt einigen könnte.

Seit 2013, als er Nachfolger von Michael Schumacher wurde, fährt der Brite in Silber. Die Gerüchte kürzlich um einen Wechsel zu Ferrari haben das sicher nicht forciert, wohl aber die Ausrichtung des Teams in der Zukunft und die Entwicklungsrichtung des Rennwagens. "Ich habe noch nichts unterschrieben, aber vielleicht erledigen wir etwas am Montag." Eine halbe Stunde, glaubt Wolff, reiche wohl für ein entscheidendes Gespräch. Sie glauben wieder an sich bei Mercedes.

Fernando Alonso

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(Foto: Jose Breton/NurPhoto/Imago)

Ein beschädigter Unterboden in der Qualifikation, und schon war Fernando Alonsos Traum, auch zu Hause aufs Podest zu klettern, Geschichte. Als Achter gestartet, als Siebter im Ziel - zum Schluss hielt er nur dem Aston-Martin-Kollegen Lance Stroll den Rücken frei. 125 000 Zuschauer, die Mehrzahl seinetwegen angereist, staunten nicht schlecht: Defensiv fahren kann er also auch.

Tempo nicht da, keine passenden Reifen, dafür der Kampfgeist unverändert: Es reichte noch, um Esteban Ocon, seinem ungeliebten Kollegen aus dem Vorjahr im Renault-Team, das Leben schwer zu machen. "Heute war es das Maximum", sagte Alonso nach seiner schlechtesten Platzierung des Rennjahres - und bedankte sich brav bei den Fans für all die Energie, die er bekommen hätte.

Carlos Sainz Jr.

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(Foto: Xavi Bonilla/PanoramiC/Imago)

Heimpleite, die zweite. Dazu noch aus der ersten Startreihe. Es war die Chance für den Sohn des Rallye-Champion, endlich Ferrari-intern etwas für seine Stellung gegenüber Lieblingskind Charles Leclerc zu tun, der nach einer verkorksten Qualifikation aus der Boxengasse starten musste. Doch der 28-jährige Sainz, der davon träumt, dass der spanische Grand Prix von Barcelona in seine Heimatstadt Madrid verlegt wird, konnte seine einzige Chance nicht nutzen.

Am Start kam er nicht an Verstappen vorbei, dann schnupften ihn der Reihe nach die Silberpfeile auf, schließlich auch noch Perez. Fünfter, und das mit einem Ferrari, in dem reichlich Upgrades und Updates steckten - da empfiehlt es sich, vielleicht ein Weilchen nicht in die italienischen Sportzeitungen zu gucken. Der neue Teamchef Fred Vasseur hat den vom Vorgänger Mattia Binotto übernommenen alten Sorgen noch ein paar neue hinzugefügt. "Wir sind einfach zu unbeständig", sagte der Franzose in seiner 100-Tage-Bilanz.

Günther Steiner

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(Foto: Memmler/Imago/Eibner)

Das F-Wort ist die Erfolgsformel für den Teamchef von Haas, das ist nachzuhören in der Netflix-Serie "Drive to survive" und in seiner Autobiografie "Surviving to drive". Der Südtiroler hatte sich zwar halbwegs gefiltert ausgedrückt, als er die Zeitstrafe der Rennkommissare gegen Nico Hülkenberg kritisierte, aber es fiel auch der Satz, dass in einem höchst professionellen Sport Laien über das Schicksal derjenigen bestimmen würden, die Millionen investieren.

Als die Rennleitung das hörte, wurde ein Verfahren gegen das Haas-Team eingeleitet. Der Laien-Vorwurf konnte in einer Art Wortklauberei entkräftet werden, Steiner hatte sich wohl, um größeren Schaden abzuwenden, kleinlaut entschuldigt. So kam er mit einer Verwarnung davon. Der Südtiroler berief sich auf das Recht zur freien Meinungsäußerung und fühlte seine Kommentare falsch interpretiert: "Wenn ich die Stewards hätte beleidigen wollen, hätte ich andere Worte gewählt." Neues F-Wort demnach: Friedenspfeife.

Nico Hülkenberg

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(Foto: David Ramos/Getty Images)

Das Minutenglück war dem einzigen deutschen Stammfahrer in der Formel 1 häufig hold in Barcelona. Mal führte er das Qualifikationstraining an, mal wurde für ihn die schnellste Rennrunde notiert. Nur hielt das alles nicht lange. Ein paar Runden lang harmonierten die Reifen jeglicher Couleur mit seinem Haas-Ferrari, dann brach die Leistung wieder ein. Der 35 Jahre alte Rückkehrer in den Grand-Prix-Sport wirkte vor dem Sky-Mikrofon dann genervt, dass alle Mühen nur zu Rang 15 führten: "Auf eine Runde sind wir konkurrenzfähig, auf 60 Runden nicht. Das ist unsere Schwachstelle." Es ist das Mick-Schumacher-Schicksal der Vergangenheit, nur dass der Veteran drastischere Worte wählt für sein an diesem Wochenende aussichtsloses Unterfangen: "Wie Fallobst" sei er sich vorgekommen, als er im Rennverlauf "aufgefressen" wurde.

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