Formel 1:"See you later" über Boxenfunk

Nico Hülkenberg bremst seinen schärfsten Konkurrenten aus, Lewis Hamilton ärgert sich über die britische Presse, 80 Mercedes-Mitarbeiter baden in Champagner. Sieben Zylinderköpfe der Formel 1.

Von Elmar Brümmer, Suzuka

1 / 7

Nico Rosberg

Nico Rosberg, Max Verstappen, Lewis Hamilton

Quelle: AP

Die Triple-Feier in der Boxengarage von Mercedes war gerade beendet, da schritt der Sieger des Tages im schwindenden Licht zur Generalprobe - schnappte sich den großen Pokal, kletterte über die Boxenmauer und lief über die Strecke zu den Tribünen. Beste Champions-League-Manier.

Vier Rennen trennen Nico Rosberg noch vom Weltmeistertitel. Er hat 33 Punkte Vorsprung, auch wenn er in jedem der noch verbleibenden Rennen Zweiter würde, es würde dennoch für den Titel reichen. Aber darauf will er sich nicht verlassen. Er bleibt bei der Akribie und meidet jede Ablenkung. Der perfekte Start an einem perfekten Wochenende ist nach dem neunten Saisonerfolg die Belohnung für die permanente Weiterbildung: Er hatte die Videoaufnahmen des Vorjahres studiert - und danach die Schaltwippe mit seinem rechten Mittelfinger exakt im richtigen Moment betätigt.

2 / 7

Lewis Hamilton

-

Quelle: AFP

Innerhalb einer Woche (mit zwei Rennen) ist aus einem geschlagenen Rennfahrer ein angeschlagener geworden. Hamilton hat sich nicht nur mit der Kupplung des Silberpfeils angelegt, woraufhin er ein "Sorry" an die Box funkte, sondern auch mit den britischen Medien. Die hatten seine Fotos und Kurzvideos auf dem Internetdienst Snapchat während einer Talkrunde heftig kritisiert, worauf der Titelverteidiger sein samstägliches Pressemeeting absagte (im Bild zeigt er seinen Kollegen etwas auf dem Smartphone).

Hamiltons dritten Platz analysierten die britischen Medien als: Selbstzerstörung! Das dementierte sogar Rivale Rosberg. Die Social-Media-Exzesse wollten auch nach dem Rennen kein Ende nehmen. Den Protest von Mercedes gegen das umstrittene Manöver von Max Verstappen gegen Hamilton in der vorletzten Runde beendete der Noch-Champion per Tweet: "Wir sind Champions, so was tun wir nicht. Wir machen weiter!"

3 / 7

Maurizio Arrivabene

F1 Grand Prix of Malaysia - Previews

Quelle: Getty Images

Vor zwei Jahren war in Suzuka durchgesickert, dass Ferrari sich die Dienste von Sebastian Vettel gesichert hat - als Heilsbringer, in bester Schumi-Tradition. Jetzt, im Jahr des verpatzten Angriffs auf Mercedes, kritisierte Scuderia-Teamchef Maurizio Arrivabene den Heppenheimer erstmals öffentlich. Sebastian Vettel solle sich nicht um alles kümmern, sondern sich mehr auf sein Auto konzentrieren. Alles positiv gemeint, hieß es nach der Aufregung um das Interview. Wirklich?

Eine vorzeitige Vertragsverlängerung ist noch kein Thema: "Sebastian hat einen Vertrag. Wie es weitergeht, werden wir im Laufe der nächsten Saison sehen. Jeder von uns hat Ziele: ich, das Team, er - wir alle", sagt Arrivabene. Deshalb halte er es nur für richtig, dass sich jeder Einzelne, ganz egal wer, seinen Platz und sein Gehalt verdienen muss.

4 / 7

Sebastian Vettel

Sebastian Vettel

Quelle: AP

Papier ist geduldig, ein vierfacher Formel-1-Weltmeister ist es selten. Witterte die Gazzetta dello Sport vor dem Großen Preis von Japan noch einen "zu großen Ehrgeiz" bei Vettel, und jammerte La Repubblica, dass "der Deutsche nicht mehr wiederzuerkennen" sei, dementierte Sebastian Vettel die kruden Annahmen gleich am Start in Suzuka. Von sechs auf drei, das unterstreicht seinen Vorwärtsdrang. Dass er den dritten Platz dann gegen Lewis Hamilton verlor, mag der Boxenstopp-Strategie der Scuderia geschuldet gewesen sein, die wieder etwas unglücklich war. Aber Vettel stellte sich vor das Team: "Zum Schluss ist es nicht aufgegangen, aber wir haben es immerhin probiert."

Richtig sauer war er nur beim Überrunden - weil es unter den Rennfahrerkollegen offenbar eine ausgeprägte Sehschwäche für blaue Flaggen gibt, die zum Vorbeilassen auffordern.

5 / 7

Nico Hülkenberg

F1 Grand Prix of Japan - Practice

Quelle: Getty Images

Viele Überholmanöver außerhalb des Startbereichs hat es nicht auf der Fahrerstrecke Suzuka gegeben, zumindest nicht im Vorderfeld. Etwa zur Rennmitte machte dann aber - einmal mehr - Nico Hülkenberg auf sich aufmerksam. Den schert es wenig, um welchen Platz es geht, er hat ein angeborenes Überholtalent.

Das weiß jetzt auch Valtteri Bottas. Hülkenberg bremste sich gegen den Finnen in der Kurve bei Minimalplatz und Maximalrisiko auf Rang neun. Der Triumph war süß. Erstens geht es zwischen seinem Force-India-Team und der Williams-Truppe von Bottas um Rang vier und etliche Millionen in der Konstrukteurs-WM. Zudem liefern sich die beiden Fahrer ein Duell um ein künftiges Cockpit im Werksteam von Renault. Und so schickte Hülkenberg nach dieser famosen Überholaktion dem Kontrahenten noch ein fröhliches "See you later" über Boxenfunk hinterher.

6 / 7

Max Verstappen

F1 Grand Prix of Japan

Quelle: Getty Images

Er ist der Liebling der Formel-1-Fans, offenbar auch außerhalb der Niederlande. Max Verstappen hat wohl auch durch sein rüdes Verteidigungsmanöver kurz vor Schluss gegen Lewis Hamilton die Fahrerwahl des Tages gewonnen.

Beim Bremsen in die Kurve noch mal einen Schlenker zu machen, als ob er hinter sich einen Wohnwagen hängen habe, scheint sein Markenzeichen zu werden. Auch wenn alle Fahrerkollegen heftig darüber schimpfen, die Rennkommissare ihn aber stets davonkommen lassen. Schließlich wird "hartes Racing" propagiert, Gegner Hamilton musste in der Kurve einen "Notausgang" nehmen. Verstappen erklärt sein Tun ganz unschuldig: "Ich habe die Türe zugemacht, aber er war noch weit genug entfernt, um das zu sehen."

7 / 7

Mercedes

F1 Grand Prix of Japan

Quelle: Getty Images

Das T-Shirt, das man in Malaysia fast zu früh ausgepackt hätte, ist in schlichtem Schwarz gehalten, mit einer klaren Botschaft in Weiß: "The Triple". Mercedes feiert in Japan vorzeitig den dritten Konstrukteurs-Titel in Serie, Red Bull Racing hat rein rechnerisch keine Chance mehr. 80 Männer und Frauen badeten in der Boxengarage in Champagner, Teamaufsichtsrat Niki Lauda schüttelte jedem Einzelnen die Hand.

Dieses Prozedere wird am Dienstag in Brackley und Brixworth, wo Rennwagen und Rennmotoren von Mercedes gebaut werden, etwas länger dauern - es sind fast 1500 Spezialisten, die an den Silberpfeilen tüfteln. 51 der insgesamt 60 Formel-1-Siege in drei Jahren, "fast fehlerfrei" zollt Teamchef Toto Wolff Respekt: "Wenn ich Nikis Kappe hätte, dann würde ich sie vor allen ziehen." Den Rekord in Sachen Teamleistung hält Ferrari - in der Schumacher-Ära wurde das Team sechsmal in Serie Champion.

© SZ/hum/sks
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: