Formel 1:Rosberg verhindert einen Crash

Der WM-Führende hat Glück, sein Verfolger Lewis Hamilton setzt auf psychologische Kriegsführung. Felipe Massa heult im Regen. Die Zylinderköpfe der Formel 1.

Von Elmar Brümmer, São Paulo

1 / 7

Lewis Hamilton

Formula One Grand Prix of Brazil

Quelle: dpa

So empfindet ein Spitzenreiter also zwei Stunden Renn- und Regenchaos: "Ich konnte da vorne chillen." Denn der Titelverteidiger konnte tatsächlich als einziger mit einigermaßen freier Sicht vorneweg fahren - hin zu seinem dritten Sieg in Serie, der die Weltmeisterschaft jetzt tatsächlich bis zum Finale offen hält. Es war überhaupt der erste Erfolg Hamiltons in der Heimatstadt seines Idols Ayrton Senna, und der 52. seiner Karriere - damit ist er jetzt die Nummer zwei der ewigen Bestenliste hinter Michael Schumacher. Zurück ist auch die alte Souveränität, als Angreifer fühlt sich der Brite immer am wohlsten, und das bekommt jetzt auch wieder Nico Rosberg zu spüren. Hamilton ist auch ein Meister der psychologischen Kriegsführung: "Nico macht, was er machen muss", stichelte er kunstvoll: "Er ist in der Form seines Lebens. Ich bin glücklich darüber, dass ich ihn im selben Auto so souverän besiegt habe."

2 / 7

Nico Rosberg

F1 Grand Prix of Brazil

Quelle: Getty Images

Hat der WM-Spitzenreiter nun etwas gewonnen oder verloren im Titelrennen? Mit zwölf Punkten Vorsprung ins Finale zu gehen, bedeutet: Dem Wiesbadener reicht ein dritter Platz in Abu Dhabi zum ersten Triumph. Seine Fahrweise in der Wüste kann nur die gleiche sein wie im brasilianischen Regen: vorsichtig und verteidigend. Aber die Risiken sind Rosberg bewusst - einmal hat er Max Verstappen ziehen lassen müssen, einmal seinen Silberpfeil bravourös gerade noch vor einem Crash abfangen können. "Ich kann mit dem zweiten Platz hier leben", gesteht Rosberg. Er setzt darauf, dass sein Punktevorsprung bis zum Ende reicht. Jetzt beginnt der Reifeprozess hin zum Champion tatsächlich erst - es kommt auf die Nerven an: "Das wird eine große Schlacht", weiß er, und fügt dann tapfer an: "Aber ich werde auf Sieg fahren."

3 / 7

Max Verstappen

F1 Grand Prix of Brazil

Quelle: Getty Images

Mercedes-Manager Toto Wolff hatte schon den richtigen Riecher, als er vor dem Rennen in Brasilien Jos Verstappen anrief, den Vater der Saisonentdeckung Max Verstappen, und um Vernunft im Duell mit den Silberpfeil-Piloten bat. Der 19-Jährige kann mit seinem - im Regen besonders starken - Red-Bull-Rennwagen das Zünglein an der Waage zwischen Rosberg und Hamilton sein. In Interlagos überholte er wie kein anderer, meistens ganz außen: "Ich sah nichts in der Gischt, also musste ich mir eine eigene Linie suchen." Das Naturtalent schaffte es zwischenzeitlich auf Rang zwei und an Nico Rosberg vorbei, fiel dann aber durch einen Zusatzreifenwechsel wieder aus den Top Ten, um sich erneut nach oben zu kämpfen, mit elf Überholmanövern in 16 Runden. Kompromisslos wie gehabt, besonders im Duell mit Sebastian Vettel, aber diesmal ohne Tadel, bis auf Platz drei. Verstappen sagte nur: "Am Ende war das eher Bootfahren als Rennfahren."

4 / 7

Sergio Perez

F1 Grand Prix of Brazil

Quelle: Getty Images

Wenn Bernie Ecclestone befindet, dass ein paar Begrenzungsmauern die Formel 1 spannender machen könne, dann müssen das die Fahrer - ob Sinn oder Unsinn - hinnehmen. Wenn Donald Trump von seiner Mauer zu Mexiko fabuliert, und sich ein Sponsor über die Mexikaner lustig macht, dann ist es etwas anderes. Ein Sonnenbrillenhersteller, gerade Partner von Force-India-Pilot Perez geworden, postete das Bild einer Sonnenbrille samt Kommentar, die Mexikaner sollten sich damit die geröteten Augen verdecken, wenn die Mauer gebaut werde. Perez fand das alles andere als lustig und kündigte über Twitter den Vertrag: "Ich werde es niemals zulassen, dass sich jemand über mein Land lustig macht." Auch kein Spaß für den Hersteller: Die Produktion von 20.000 Perez-Sonnenbrillen war gerade angelaufen.

5 / 7

Pascal Wehrlein

F1 Grand Prix of Brazil - Practice

Quelle: Getty Images

Das Stühlerücken im Mittelfeld der Formel 1 ist weitgehend beendet, nur Debütant Pascal Wehrlein weiß noch nicht, wohin seine Reise geht. Eine große Auswahl hat er nicht mehr. Sein Manor-Teamkollege Esteban Ocon wird zum Mittelfeldteam Force India befördert, Kevin Magnussen geht zum US-Team Haas, Jolyon Palmer bleibt bei Renault. Bedeutet, dass der vierte deutsche Formel-1-Pilot beim Hinterbänkler Manor festsitzt, obwohl dort die Finanzierung der nächsten Saison noch nicht ganz gesichert ist. Einzige Alternative für den 22-Jährigen wäre ein Wechsel zum Schweizer Sauber-Rennstall. "Ich muss damit zurechtkommen. Es bleibt mir nur, weiter auf der Strecke alles zu geben", sagt Wehrlein geknickt - denn die Bevorzugung Ocons wurde von Mercedes-Motorsportchef Toto Wolff goutiert, der beide Piloten in seinem Nachwuchsprogramm beaufsichtigt. Fast wäre Wehrlein in Brasilien in den Punkten gelandet, aber am Ende blieb Rang zwölf. Nicht seine Woche.

6 / 7

Felipe Massa

F1 Grand Prix of Brazil

Quelle: Getty Images

Acht Rennjahre ohne Sieg, das muss man in der Formel 1 erstmal durchstehen, wenn einem jeder das Talent zum Weltmeister bescheinigt. Es geht wahrscheinlich überhaupt nur mit jenem Gemüt, dass den Brasilianer zum Sonnenschein des Fahrerlagers macht. Aber irgendwann ist auch diese Selbstmotivation mal erschöpft. Felipe Massa erlebte seinen letzten Großen Preis von Brasilien, bevor er in zwei Wochen mit 35 endgültig zurücktritt. Drama gab es schon diesmal genug, in Runde 47 verlor er die Kontrolle über seinen Williams-Rennwagen und flog im Wortsinn aus dem Rennen. Die paar hundert Meter im strömenden Regen zu Fuß zurück zur Box, eingehüllt in eine brasilianische Fahne, werden zum Triumphzug. Ein heulender Rennfahrer, heulende Fans auf den Tribünen, eine applaudierende Mechaniker-Truppe von Mercedes, schließlich umarmte ihn Ehefrau Anna Raffaela Bassi. Da sage noch einer, das Renngeschäft sei nur brutal.

7 / 7

Felipe Nasr

Formula One Grand Prix of Brazil

Quelle: dpa

Ob er überhaupt einen Job für die kommende Saison findet, ist fraglich. Aber der letzte Brasilianer, der in der Saison 2017 der Formel 1 erhalten bleiben kann, hat zumindest seinem Noch-Rennstall auf einen Schlag eine gewaltige Verbesserung der Geschäftsgrundlage beschert. 22 Rennen in Serie war das Sauber-Team ohne Punkt, zum ersten Mal in der Geschichte drohten die Schweizer aus den Top Ten zu fallen, denn Hinterbänkler Manor hatte einen winzigen Punkt auf dem Konto. Bis Felipe Nasr im Chaos von Interlagos vom vorletzten Startplatz nach vorn gespült wurde. Zeitweise war er bei seiner bravourösen Fahrt Sechster, am Ende blieb Rang neun. Das sind zwei Punkte und damit Rang zehn in der Konstrukteurs-WM, was einen Unterschied von bis zu 40 Millionen in der Preisgeldausschüttung am Saisonende machen kann. Nasr ungewohnt bescheiden: "Für den Moment kann ich mir nicht mehr wünschen."

© Süddeutsche.de/ebc
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: