Formel 1:Rosberg mauert, Hamilton plaudert

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Hamilton und Rosberg: Wie lange können der britische Weltmeister und der deutsche Herausforderer und WM-Spitzenreiter noch mit- und nebeneinander fahren? (Foto: dpa)
  • Vor dem Großen Preis von Monaco knirscht es wieder zwischen den Mercedes-Rivalen Nico Rosberg und Lewis Hamilton.
  • Rosbergs deutliche Führung im Titelkampf hat das Duell noch verschärft, der Deutsche wird nicht mehr zurückstecken.
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Von Elmar Brümmer, Monte Carlo

Dieter Zetsche, der Konzernlenker von Mercedes, war sich vor dem Start des vergangenen Formel-1-Rennens ganz sicher, die beiden besten Fahrer unter Vertrag zu haben, und tönte, dass das auch "selbstverständlich" im kommenden Jahr so bleiben werde. Der fünfte WM-Lauf war jedoch noch keine Minute alt, da standen Lewis Hamilton und Nico Rosberg im Kiesbett, sie hatten sich an den Positionen eins und zwei gegenseitig aus dem Rennen gekegelt. Zum ersten Mal seit Einführung der Hybrid-Ära und damit der Überlegenheit von Mercedes war keiner von beiden ins Ziel gekommen. Zetsche reiste enttäuscht ab. An diesem Wochenende kommt es zum neuerlichen Aufeinandertreffen der beiden - ausgerechnet in Monaco, wo die Leitplanken besonders eng an der Strecke stehen.

"Jeder größere Zwischenfall hinterlässt Narben, bei den Fahrern wie beim Team", philosophiert Mercedes-Teamchef Toto Wolff, "sie tun natürlich weh, aber sie haben auch etwas Gutes. Man weiß, dass man sie in Zukunft vermeiden will. Das jedenfalls ziehe ich als Lehre daraus, und alle Beteiligten dürften das auch begriffen haben." Der Österreicher hält es für einen Vorteil, dass seine beiden Chauffeure schon so lange gegeneinander fahren. Auf eine Bewertung des Verhältnisses angesprochen, findet er das Wort "schwankend" am treffendsten.

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Der eine mauert, der andere plaudert

Hamilton und Rosberg, das hat Zetsche noch in Barcelona angekündigt, dürften weiter frei gegeneinander fahren, aber in keinem Fall mehr kollidieren. Das ist leicht gesagt, aber schwer umzusetzen - vor allem auf dem improvisierten Kurs in Monte Carlo, wo der Verdrängungswettbewerb vor der ersten Kurve so groß ist wie nirgendwo sonst, weil danach praktisch nicht mehr überholt werden kann.

Natürlich hängt nach dem Crash der Haussegen schief. Eine seit elf Monaten schwelende Frage, ist wieder brandaktuell. Nach dem Crash im Spätsommer 2014 in Spa hatte sie sich erstmals gestellt. Sie lautet: Wie lange können der britische Weltmeister und der deutsche Herausforderer und WM-Spitzenreiter noch mit- und nebeneinander fahren?

Eines ist offensichtlich: Wie unterschiedlich die Protagonisten mit dem neuerlichen Aneinandergeraten umgehen. Der eine mauert, der andere plaudert. Rosberg, der den vierten Sieg in Serie in seiner Wahlheimat Monte Carlo anstrebt, wollte öffentlich nicht einmal bestätigen, dass es zu einer Aussprache gekommen ist. "Alles ist geregelt, alles ist gut. Das liegt jetzt in der Vergangenheit. Unser Verhältnis hat sich nicht verändert." Hamilton, der in der Gesamtwertung 43 Punkte zurückliegt, macht auf Sorglosigkeit, erzählt freimütig vom Ablauf mehrerer Treffen: "Wir haben schon in Barcelona darüber gesprochen, was passiert ist. Dann noch einmal in der Fabrik, aber das war eigentlich schon gar nicht mehr nötig. Hier in Monaco haben wieder ganz normal miteinander geredet. Allerdings nicht über den Unfall. Wir wissen beide, was da passiert ist. Alles ist cool." Tatsächlich?

Hamilton zeigt sich jedenfalls (noch) entspannt: "Wir sind reifer und erwachsener geworden. In der Vergangenheit gab es ein paar Spannungen, jetzt ist es einfach nur wichtig zu wissen, dass der gegenseitige Respekt da ist. Wir werden weiter Höhen und Tiefen durchschreiten. Aber wir werden darüber hinwegkommen." Doch gerade beim Ritt durch Monte Carlo kann sich keiner Zurückhaltung leisten.

Rosbergs deutliche Führung im Titelkampf hat das Duell zwar noch verschärft, für Hamilton war eine Karambolage aber ohnehin unvermeidlich: "Wir sind schon so viele Rennen gefahren und haben es bisher immer gut geschafft, eine Kollision zu vermeiden. Aber wir kämpfen beide hart, da ist es logisch, dass man sich ab und zu mal näherkommt."

Genau zwischen "näher" und "zu nahe" liegt das Problem. Bei der Krisensitzung haben Toto Wolff und Team-Ober-Aufsichtsrat Niki Lauda klargemacht, dass zwei Autos im Kiesbett nach ein paar hundert Metern nicht akzeptabel sind. Jetzt schon gar nicht mehr, da sich Red Bull als wieder ernst zu nehmender Rivale neben Ferrari profiliert.

Rosberg wird, mit dem Selbstbewusstsein des WM-Führenden ausgestattet, nicht mehr zurückstecken. Er gestand zwar seinen Fehler bei der Motoreneinstellung ein, der die Lücke für Hamiltons Angriff erst eröffnete, aber keineswegs eine Schuld am Crash. Hamilton wiederum hat sich beim Team entschuldigt, aber nicht bei Rosberg. Was offiziell als "Rennunfall" gilt, dürfte für neue Unsicherheiten sorgen. Wolff hatte schon im Winter angekündigt, dass er sich bei Regelverstößen personelle Konsequenzen vorstellen könne. Rosberg verhandelt aktuell über eine Vertragsverlängerung, Mittelsmann ist der Ex-Rennfahrer Gerhard Berger - und schon ist ein angebliches Ferrari-Interesse aufgetaucht. Es gibt offenbar gerade eine Menge Dinge, die nicht so ganz geklärt sind.

© SZ vom 28.05.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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