Formel 1:Renault kehrt zurück

AUTO-F1-HOCKENHEIM

Alain Prost in einem Renault-Boliden im Jahr 1983 auf dem Hockenheimring. Ab 2016 will der Autohersteller ein eigenes Werksteam stellen.

(Foto: AFP)

Von René Hofmann

Beim Großen Preis von Japan am Wochenende in Suzuka standen die Gesandten des Lotus-Teams vor verschlossenen Türen. Der Rennstall hatte die Miete für das Zelt nicht bezahlt, in dem während des Grand-Prix-Wochenendes die Angestellten und Gäste bewirtet werden. Die Rede ist von gut 35 000 Euro, die fehlten. Für ein Formel-1-Team ist das eigentlich eine überschaubare Summe. Weil der Rennstall vor dem High Court in London aber eine Schlacht gegen die Insolvenz führte, galt die Devise: Bloß keine vermeidbaren Ausgaben!

Hungern mussten die Ingenieure und Mechaniker letztlich auch nicht. An sie erging eine Einladung von Bernie Ecclestone. Der Formel-1-Vermarkter ließ sie im noblen Paddock Club dinieren. Die Eingeladenen bedankten sich später, indem sie ein Foto verbreiteten, auf dem sie eine Boxentafel hielten mit der Aufschrift: "Danke Bernie."

Lotus-Angestellte dürfen sich auf das kommende Jahr freuen

Armenspeisung im VIP-Bereich: Bei den fünf noch ausstehenden Rennen dürfte sich das nicht wiederholen. In Russland, in den USA, in Mexiko, Brasilien und Abu Dhabi sollten die Lotus-Angestellten wieder ihr eigenes Heim im Fahrerlager haben. Und im kommenden Jahr - das ist seit Montag klar - dürfen sie wohl sogar als stolze Angestellte eines großen französischen Automobilherstellers auftreten: Renault gab bekannt, mit den aktuellen Lotus-Besitzern einen "letter of intent" unterzeichnet zu haben, in dem die Bereitschaft hinterlegt ist, die Mehrheit an dem Rennstall zu übernehmen.

Nach Informationen des Fachmagazins autosport geht es um einen 65-Prozent-Anteil, der gut 85 Millionen Euro wert sein soll. Der viermalige Weltmeister Alain Prost, 60, soll in der neuen Equipe mindestens eine Botschafter-Rolle spielen.

Die Ankündigung hatte eine direkte Konsequenz: Der High Court verschob eine Entscheidung im Insolvenzverfahren wegen nicht bezahlter Steuern und Versicherungsbeiträge in Höhe von rund 3,5 Millionen Euro, die eigentlich am Montag hätte fallen sollen, auf den 7. Dezember.

Lotus überlebt, Renault beweist Mut

Lotus lebt also weiter - und 2016 kehrt Renault als Werksteam zurück: Für die Formel 1 sind das an einem Tag gleich zwei gute Nachrichten von Protagonisten, die zuletzt viele schlechte Nachrichten produziert hatten. Lotus war in Suzuka nicht nur mit der nicht bezahlten Hospitality-Rechnung aufgefallen. Auch das Material der Mannschaft war erst eingetroffen, als alle anderen schon ausgepackt hatten, weil sich die Begleichung der Transportrechnungen offenbar gezogen hatte.

Renault wiederum hatte öffentlich einen viel beachteten Händel mit Red Bull ausgetragen. Die Franzosen fühlten sich von dem Partner, mit dem sie 2010 bis 2013 mit Sebastian Vettel am Steuer vier Titel in Serie gewonnen hatten, unfair behandelt: "Als wir Meisterschaften gewannen, wurde leider der Name Renault nie erwähnt", hatte Konzernchef Carlos Ghosn auf der Automobilausstellung in Frankfurt geklagt, "aber wenn es ein Problem im Team gibt, wird als erstes auf dich gezeigt."

Die eigentlich noch bis Ende 2016 verabredetet Partnerschaft mit Red Bull wurde deshalb vor Wochen schon vorzeitig gekündigt - und Ghosn kündigte an, für Renault gebe es jetzt nur noch zwei Optionen: den Formel-1-Ausstieg oder die Übernahme eines Teams. Renault wählte die mutigere Variante. Die Lotus-Fabrik in Enstone/England hat aktuell etwas 400 Angestellte.

Bernie Ecclestone macht es wohl möglich

Eine entscheidende Rolle bei der Übernahme hat dem Vernehmen nach die Bereitschaft von Bernie Ecclestone gespielt, dem Renault-Rennstall den Rang eines privilegierten Teams zu gewähren und ihm bei der Verteilung der Werbeerlöse und TV-Einnahmen einen ordentlichen Anteil zukommen zu lassen. Für den Verteilungsschlüssel gibt es keine allgemeine Formel. Jedes Team handelt mit Ecclestone individuell einen Satz aus.

Was für Renault spricht: Die Firma trat bereits zweimal als Konstrukteur in der Formel 1 an, von 1977 bis 1985 und von 2001 bis 2009. Fernando Alonso gewann 2005 und 2006 mit ihrer Hilfe den Fahrertitel. Für 2016 wird Renault mindestens einen Fahrer von Lotus übernehmen: Pastor Maldonado aus Venezuela. Der 30-Jährige bringt Unterstützung vom Erdölunternehmen PDVSA mit, angeblich 50 Millionen Dollar.

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