Formel-1-Pilot Nico Hülkenberg:Der drittbeste Deutsche

Lesezeit: 3 min

Nico Hülkenberg fährt in dieser Formel-1-Saison so gut, dass er bereits drei Rennen vor Saisonende weiß, für welches Team er im kommenden Jahr startet. Von Force India wechselt er zu Sauber. Dies wirkt für den 25-Jährigen jedoch nur auf den ersten Blick wie ein großer Schritt nach vorne.

René Hofmann

Fährt im kommenden Jahr für Sauber: Nico Hülkenberg. (Foto: dpa)

Nico Hülkenberg war noch nicht in Hinwil, obwohl sein weiteres Berufsleben maßgeblich davon abhängt, was in dem Ort bei Zürich geschieht. In Hinwil steht die Rennwagenfabrik des Sauber-Formel-1-Teams. Dort gibt es einen gigantischen Windkanal, dessen jährliche Stromrechnung sechsstellig ausfallen kann, einen Supercomputer, der in einer Sekunde 12,3 Billionen Berechnungen schafft, und sonst noch ein paar schicke Maschinen, die helfen, einsitzige Rennwagen zu bauen.

Nico Hülkenberg hat sich all das noch nicht angesehen. Ob er sich trotzdem sicher ist, mit dem Wechsel von Force India zu Sauber die richtige Entscheidung getroffen zu haben? "Ja", sagt Hülkenberg. Und mehr sagt er dann erst einmal nicht. In öffentlichen Runden ist er alles andere als eine Plaudertasche. Der 25-Jährige lässt lieber Resultate sprechen.

49 Punkte hat er mit seinem Force India 2012 bisher gesammelt. In der Fahrerwertung wird er damit auf Rang zwölf geführt. Hinter Sebastian Vettel und Nico Rosberg ist er der drittbeste Deutsche. Nun glückt ihm ein Aufstieg, so sieht es auf den ersten Blick aus, was aber vor allem daran liegt, dass Sauber ein außergewöhnlich gutes Jahr erlebt. Sergio Perez stand dreimal auf dem Siegerpodest, Kamui Kobayashi einmal.

In der Konstrukteurswertung jagt die überschaubare Mannschaft das potente Mercedes-Werksteam, Platz fünf ist noch drin. Allerdings könnte auch weniger herauskommen: Der Vorsprung auf den Siebten, Hülkenbergs aktuelles Team Force India, ist nicht komfortabel. Und in den jüngsten vier Rennen sammelte die Kraft Indiens mehr Punkte. Der Wechsel zu Sauber ist eher ein Schritt zur Seite als einer nach vorne, auch wenn Hülkenberg sich Mühe gibt, das anders zu verkaufen: Sauber mache "derzeit eine sehr positive Entwicklung durch, und ich bin überzeugt, dass wir gemeinsam viel erreichen können".

Als Anhaltspunkte, was in Zukunft möglich ist, taugen die aktuelle Ergebnisse allerdings nur bedingt. Im dichtgepackten Mittelfeld können schon sanfte Wellen für ein mächtiges Auf und Ab sorgen. Die diesjährigen Sauber-Rennwagen hat noch James Key entworfen, eines der am heißesten gehandelten Talente unter den Technischen Direktoren. Inzwischen ist der 40-Jährige zu Toro Rosso weitergezogen. Die Fahrer sind nicht die einzigen Schlüsselfiguren in dem komplexen Sport.

Wer 2013 neben Hülkenberg für Sauber fahren darf, ist noch nicht verkündet. Perez, 22, startet dann für McLaren. Weil auf den Sauber-Autos einige Firmen aus Mexico werben, die dort auch künftig werben sollen, liegt die Vermutung nahe, dass sein Landsmann Esteban Gutierrez nachrücken könnte. Der 21-Jährige war bisher Testfahrer. Auch der Japaner Kamui Kobayashi ist noch im Rennen. Der 26-Jährige hat in den vergangenen drei Jahren mit mutigen Manövern auf sich aufmerksam gemacht; allerdings auch mit sehr verwegenen. Sein Problem: Andere Fahrer bringen mehr Sponsoren. Wer welchen Platz bekommt - das ist keineswegs nur eine Frage des Talents.

Auch Nico Hülkenberg hat das schon erfahren. Nach seinem Meistertitel in der Nachwuchsklasse GP2 erhielt er 2009 als Testfahrer bei Williams seinen ersten Formel-1-Job. Für diesen zog er nach England, in die Nähe der Rennwagenfabrik. Zwischen seinen Einsätzen absolvierte er dort Praktika. Flügel laminieren, Boxenstopps üben; er brachte sich wirklich ein. Nach einem Jahr stieg er zum Rennfahrer auf.

Trotz beachtlicher Resultate - unter anderem stellte er beim Saisonfinale in Brasilien sein keineswegs überlegenes Auto auf den besten Startplatz - musste er den Sitz nach zwölf Monaten räumen. Für Pastor Maldonado aus Venezuela. Die staatliche Ölgesellschaft Petroleos de Venezuela SA, kurz PDVSA, unterstützt ihn so heftig, dass die Oppositionsparteien dies mehr als einmal als Verschwendung geißelten. Die Rede ist von 66 Millionen Dollar jährlich.

Eine Summe, die zeigt, wie viel Fahrkönnen einer mitbringen sollte, der nur damit kommt. Andererseits bringt es den Rennställen aber auch wenig, ausschließlich auf sogenannte Bezahl-Fahrer zu setzen. Auch die Punkte der Piloten bringen schließlich Geld. Nach dem Konstrukteursklassement verteilt Bernie Ecclestone am Ende des Jahres die Beteiligung an den Vermarktungseinnahmen. Konstante Größen sind deshalb gesucht, gerade Mannschaften, die im Mittelfeld nach Punkten wühlen, können sich keine Hasardeure leisten.

Hülkenberg ist in dem Punkt unverdächtig. Er erledigt den Adrenalin-Job so solide, wie es seine Herkunft vermuten lässt. Sein Vater hat eine Spedition in Emmerich am Rhein, in der Nico Hülkenberg, bevor er den Formel-1-Helm überstreifte, eine Ausbildung zum Speditionskaufmann absolvierte. 17 Rennen hat es in der Saison 2012 bisher gegeben. Zwölfmal erreichte Hülkenberg im Ziel einen bessern Platz, als er am Start hatte einnehmen dürfen.

Zehn Zylinder in der Formel 1
:Amüsiert von Bullshit und Pferden

Sebastian Vettel fährt in Indien nicht nur zum vierten Sieg in Serie - er liefert auch verbale Schmankerl. Ein Techniker jagt Fernando Alonso Angst ein, Mark Webber macht sich unbeliebter denn je und für Michael Schumacher bestätigt sich eine alte Erkenntnis. Die Höhepunkte des Formel-1-Wochenendes in der Kolumne Zehn Zylinder.

Saskia Aleythe und Jonas Beckenkamp

Die Quote ist eine gute Referenz. Auch Force India hätte ihn wohl gerne behalten, aber der Vertrag gewährte Hülkenberg offenbar die Freiheit zum Wechsel. Verabredet war dieser dem Vernehmen nach schon länger. Vor dem Heimrennen des indischen Unternehmens am vergangenen Sonntag wäre es aber unpassend gewesen, diesen zu verkünden. Dies wurde erst am Mittwochmorgen nachgeholt.

© SZ vom 02.11.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: