Formel 1:Nico Rosberg übt Stagediving

Nur drei Fahrer sind je so gut in eine Saison gestartet wie der Deutsche. Lewis Hamilton fühlt sich "hilflos". Bernie Ecclestone will wieder Diktator sein. Die Zylinderköpfe der Formel 1.

Von Elmar Brümmer, Sotschi

Nico Rosberg

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(Foto: dpa)

Nach der einsamen Sonntagsfahrt zum Grand-Prix-Sieg, so etwas wie seinem Standardprogramm seit sieben Rennwochenenden, übte der WM-Führende mit seinen Mechanikern in der Boxengasse das Stagediving (Bild). Anschließend parlierte er brav mit Wladimir Putin, dem Paten der Formel 1 in Sotschi. Vierter Sieg in Serie, so ein Saisonstart war zuvor nur den Herren Senna, Mansell und Schumacher gelungen. Mit Erfolg Nummer 18 seiner Karriere ist Nico Rosberg jetzt der erfolgreichste Pilot, der noch nicht Weltmeister war. Ein Erfolg, der übrigens trotz der 25 Sekunden Vorsprung knapper war, als die meisten wussten: Die Hybrideinheit des Silberpfeils drohte zu überhitzen. Ohne Ingenieurshilfe war Rosberg auf sein Gefühl angewiesen, und das ist momentan offenbar unvergleichlich.

Lewis Hamilton

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(Foto: Getty Images)

Eine Zündspule, die durchbrennt und einen Kurzschluss auslöst - das kann schon mal passieren. Aber dass der Defekt zwei Mal vorkommt, dazu noch bei Mercedes, das ist merkwürdig, ärgerlich, fast unvorstellbar. Hamilton passierte es in der Qualifikation, der Titelverteidiger konnte nur als Zehnter starten. "Hilflos" fühlt er sich angesichts der Defektserie, die sein Fluch in der jungen Saison ist. Das, was er entgegenzusetzen hat, sind sein Kampfgeist und Instinkt. Beides ist immer noch weltmeisterlich. Schnell war er Zweiter, reduzierte den Rückstand auf Rosberg auf unter acht Sekunden - um dann die Hiobsbotschaft zu hören, dass etwas mit dem Wasserdruck nicht stimme an seinem Auto. 43 Punkte Rückstand auf Rosberg, das ist eine Menge. Der Brite wirkte dann auch seltsam geknickt. Jetzt will Teamaufsichtsrat Niki Lauda in der Rennfabrik Antworten einfordern - ein zweifelnder Hamilton ist nicht gut für die Moral.

Toto Wolff

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(Foto: dpa)

Nach dem 25. Doppelerfolg des Duos Rosberg/Hamilton kann ein Vorgesetzter kaum maulen, vor allem nicht nach den schwelenden Unzuverlässigkeiten. Aber genau das ist das Problem des österreichischen Motorsportchefs: Mercedes kann sich nur selbst schlagen. Und doch sprach Wolff (Bild links, neben Lewis Hamilton) über die Probleme, ganz oben zu bleiben und nicht nachzulassen. "Wir müssen zwar den Druck im System halten, aber vielleicht auch einen Schritt zurück machen. Je länger die Regeln stabil sind, umso schwieriger ist es, noch ein paar PS zu finden, wir gehen immer mehr ans Limit." Noch mehr nerven ihn allerdings die Verschwörungstheorien, dass man in diesem Jahr bewusst Rosberg bevorzuge: "So etwas verletzt unser Team. Wir würden nie einen unserer Fahrer im Stich lassen!"

Sebastian Vettel

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(Foto: dpa)

Startplatz sieben statt Startplatz zwei, aber der Getriebewechsel am neuen Ferrari-Antriebsstrang war nicht das Problem des Heppenheimers. Das war viel mehr Daniil Kwjat, sein Unfallgegner vom letzten Rennen. Diesmal krachte der Russe gleich zweimal in den ersten beiden Kurven ins Heck von Vettels Auto, der damit statt auf dem Podium gleich in der ersten Runde in den Barrieren landete. Es folgte eine Tirade über den Boxenfunk, die vom Formel-1-Regisseur mit fünf Beeps innerhalb von einer halben Minute übertönt werden musste, so oft schrie Vettel das vierbuchstabige englische Schimpfwort. "Was zum Teufel machen wir hier?" war noch der harmloseste Satz. Anschließend beschwerte er sich bei Red Bull-Teamchef Christian Horner (Bild) über den Pistenrowdie, der für die Aktion eine Zehn-Sekunden-Strafe aufgebrummt bekam.

Nico Hülkenberg

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(Foto: AP)

"Alles ziemlich unglücklich verlaufen." Zum Glück ist Nico Hülkenberg einer der emotional gefestigten Formel-1-Piloten. Aber das Wochenende seines 100. Grand-Prix-Rennens ("Gibt ja nicht so viele Leute auf dem Planeten, die das von sich behaupten können") hatte er sich wahrlich anders vorgestellt, als am Ende der Startgeraden vom Mexikaner Esteban Gutierrez (im Bild links) von der Strecke geräumt zu werden. "Das ist das Schlimmste, was einem passieren kann, in der ersten Kurve auszuscheiden", sagt der 28-Jährige, "ich bin nicht vom Glück gesegnet. Am besten vergessen wir das schnell, denn ändern können wir ja nix mehr." Der Europastart in zwei Wochen in Barcelona soll ein Neuanfang für ihn und Force India sein - dann schon mit einem neuen Aerodynamik-Paket.

Bernie Ecclestone

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(Foto: AP)

Kurz vor Rennende eilte der Formel-1-Vermarkter zum Nebeneingang des Fahrerlagers, ging mit seinen knapp 1,60 Meter Körpergröße unter im Meer der Bodyguards von Wladimir Putin. Aber Ecclestone fühlt sich auf Augenhöhe mit Putin. "Im Moment kann man keinen anderen Politiker weltweit mit Putin vergleichen", sagte der 85-Jährige - ohne Anflug seines sonst üblichen Sarkasmus. Und übertrug das System gleich auf seinen Renn-Staat: "Wir müssen zu den guten alten Zeiten zurückkehren, als wir begannen, die Formel 1 so aufzubauen, wie wir sie heute alle so gut kennen. Als ich ein Diktator war! Heute, dank der Demokratie, instrumentalisieren die Menschen oft die Weltmeisterschaft, um eigene Interessen zu verfolgen." Das Interview wurde begeistert gedruckt - vom Sportblatt Sovetsky Sport.

Fernando Alonso

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(Foto: Getty Images)

Der Rennwagen von McLaren ist einer der besten im ganzen Feld, der Motor von Honda momentan noch einer der schwächsten. Weshalb der sechste Platz des ehemaligen Weltmeisters ein guter Grund zu feiern ist. Der Spanier hat, bevor er das beste Saisonergebnis für das Traditionsteam herausfuhr (Kollege Jenson Button wurde Zehnter), eine Runde lang sogar den Motor voll hochgedreht: "Nur, um aufzuwachen." Nach starkem Start hatte Alonso über 50 Runden hinweg ein einsames Rennen gefahren: "Ich fühlte mich einfach nicht gut, und hatte genug Benzin gespart, also wollte ich mal sehen, wie es um unser Potenzial steht - und jawohl, es ist vorhanden. Es ist ein kleiner Schritt vorwärts, aber ich hoffe, wir können so wettbewerbsfähig bleiben."

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