Formel 1:Nachdenklich in den Urlaub

Formel 1: Ferrari-Pilot Sebastian Vettel.

Ferrari-Pilot Sebastian Vettel.

(Foto: AFP)
  • Formel-1-Pilot Lewis Hamilton feiert beim Großen Preis von Ungarn einen erstaunlich ungefährdeten Start- und Zielsieg.
  • Sebastian Vettel wird Zweiter, auch weil ein Boxenstopp zu lange dauert.

Von Philipp Schneider

Auf den letzten Rennmetern vor den verdienten Sommerferien dürften Sebastian Vettel noch einmal die Momente in den Sinn gestiegen sein, die dazu geführt hatten, dass er nun sehr nachdenklich in den Urlaub reisen darf. Und warum er überhaupt 24 Punkte hinter Lewis Hamilton liegt. Vettel könnte etwa an seinen Fehler in Hockenheim gedacht haben, als er, in Führung liegend, den Wagen in eine Streckenbegrenzung gebohrt hatte. Oder an das Rennen in Österreich, als er trotz der Ausfälle beider Silberpfeile nur Dritter geworden war.

Über das soeben beendete Rennen auf dem Hungaroring wird Vettel jedenfalls nicht allzu viel grübeln müssen. Diesmal hatte er keinen Fehler gemacht. Er hatte sogar vieles richtig gemacht und fünf Runden vor der Zielflagge auch noch ein knallhartes Überholmanöver gezeigt, als er mit flachgestelltem Heckflügel an Valtteri Bottas vorbei gerollt war. Vorwürfe musste sich allenfalls sein für den linken Vorderreifen zuständiger Mechaniker machen, der bei Vettels Boxenstopp zwei Sekunden zu lang die Hände am Schrauber gehabt hatte. Hamilton jedenfalls rollte am Sonntag als Erster über die Ziellinie in Budapest, gefolgt von Vettel und Kimi Räikkönen im zweiten Ferrari. Das war ein bemerkenswert gutes Ergebnis für Mercedes angesichts dessen, dass Ferrari auf der Strecke als hoher Favorit gestartet war. In einem Rennen, das seine Spannung lange Zeit aus der Frage zog, wie viel Runden Vettels härtere Reifen länger halten würden als die von Hamilton. Nun, die Gummis des Briten hielten gut genug, um einen ungefährdeten Start- und Zielsieg zu feiern, den er sich schon am Samstag verdient hatte. "Was für ein wundervoller Tag", sagte Hamilton. "Wir wussten, dass Ferrari das schnellere Auto hat."

Eigentlich schien die erste Startreihe in Ungarn für Ferrari reserviert gewesen zu sein

Am Samstag hatte es geregnet im Qualifying von Budapest. Und der Regen hatte Hamilton gerettet. Schon wieder. Der Regen ist neuerdings so etwas wie Hamiltons bester Freund in der Formel 1. Vor einer Woche am Hockenheimring hatte ein Unwetter den in Führung liegenden Rivalen Vettel in der Sachskurve von der Strecke gespült. Auch in Ungarn war Vettel bei trockenen Bedingungen bis zum Renntag der Schnellste in den Trainingsläufen. Bis zum Qualifying hatte es so ausgesehen, als würde Ferrari mit der Konkurrenz nur spielen. Am Samstag dann herrschten wechselhafte Bedingungen. Und als es regnete, war Hamilton wieder der Schnellste.

In Hockenheim hatte Hamilton den Regen als "biblischen Sturm" bezeichnet. Nun sagte er: "Der Regen war ein Segen."

Eigentlich schien die erste Startreihe in Ungarn für Ferrari reserviert gewesen zu sein, nun aber parkten zwei Silberpfeile vorne. Vettel hatte sogar nur die viertbeste Zeit gefahren, auch Räikkönen stand vor ihm. Das war insofern ärgerlich, als der Hungaroring nicht berühmt ist als Strecke der mannigfaltigen Überholgelegenheiten. "Es kommt auf den Start und die erste Runde an", ahnte Vettel. Beides brachte keine riesigen Vorteile.

Räikkönen probierte die Vorbeifahrt an Bottas, es blieb bei einem Versuch. Vettel wehrte sich zunächst gegen Carlos Sainz, dann blieb er in einer Kurve hartnäckig auf der Außenlinie, schob sich vorbei an Räikkönen. Vettel lag nun auf Position drei und rollte im Gegensatz zu Hamilton, Bottas und Räikkönen, die sich Ultrasoft-Reifen hatten aufziehen lassen, auf den zwar etwas langsameren, dafür aber haltbareren Soft-Gummis.

Nach sechs Runden ist das Rennen für Max Verstappen vorbei

Wenn es schlecht läuft auf dem Hungaroring für den Schnellsten, dann liegt er hinter jemandem, der nicht Vollgas gibt. Hamilton machte aber mächtig Tempo. Nach vier Runden hatte er schon mehr als drei Sekunden Vorsprung auf Bottas. Wenn also jemand nicht Vollgas fuhr, dann war es Hamiltons finnischer Adjutant, der den Briten abschirmen sollte gegen Vettel. Mercedes-Teamchef Toto Wolff hatte vorher die Taktik vorgegeben: "Einen guten Start haben und sich dann mit beiden Autos so breitmachen wie ein Londoner Bus." Nach sechs Runden war das Rennen vorbei für Max Verstappen. Er ließ seinen Red Bull ausrollen, "keine Power, keine Power", rief er, um dem Offensichtlichen einen Namen zu geben. Sein Teamchef Christian Horner sandte Spitzen gegen den Motorenhersteller Renault: "Wir zahlen mehrere Millionen Pfund für ein erstklassiges State-of-the-art-Produkt. Jetzt sieht man, wie viel es wert ist."

Ärger mit einem etwas günstigeren Fabrikat hatte Räikkönen. "Was ist mit meiner Trinkflasche", fragte er, "ist sie dabei oder nicht?" Nun ja, antwortete ihm einer aus der Box, dabei sei sie schon. Allerdings fehle wohl die Steckverbindung zum Schlauch, der das Wasser in den Rennfahrermund spülen soll. Gerade bei Rennen mit 33 Grad Außentemperatur ist Trinken nicht unbeliebt in der Formel 1. Nach 15 Runden kam der durstige Finne an die Box, seine Techniker verpassten ihm Softreifen. Eine Runde später reagierte Mercedes, rief Bottas in die Garage.

Nach 22 Runden bauten Hamiltons weichere Reifen immer stärker ab. In nur zwei Umdrehungen schmolz sein Vorsprung von 8,45 auf 6,5 Sekunden. Nach 26 Runden fuhr er an seine Versorgungsstation - und Vettel übernahm die Führung. Vorübergehend. Auf der härteren Mischung, das war die Strategie von Ferrari, sollte er noch ein bisschen länger draußen bleiben. So lange, dass er mit nur einem Halt und einer Schlussphase auf den schnellsten Reifen irgendwie die Führung auch ins Ziel retten würde.

Ein Plan, der hätte aufgehen können, hätte Vettel nicht so viel Zeit verloren bei gleich einer Reihe von Überrundungen, die anstanden. Und bei seinem einzigen Boxenstopp, den einer seiner Techniker unnötig in die Länge zog. Als Vettel wieder auf die Strecke bog, sortierte er sich nicht nur hinter Hamilton ein, sondern auch hinter Bottas. Auf den Geraden holte er auf, in den Kurven rettete sich Bottas. Eine ganze Weile ging das gut aus Sicht des Finnen. Dann rollte Vettel doch an ihm vorbei, Bottas zog nach innen und krachte Vettels Ferrari ins Heck. Fahrzeugteile flogen durch die Luft, mit einem Knall ging die Formel 1 in die Sommerpause.

Und Vettel hatte sogar noch Glück, dass ihm Bottas nicht den Hinterreifen aufschlitzte.

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