Der 25 Jahre alte Mercedes-Reservefahrer war an diesem Wochenende zwar nicht in Monza, sondern in Austin, wo er für Alpine in der Langstreckenserie WEC startet. Über Mick Schumacher gesprochen wurde im Fahrerlager trotzdem – denn Entscheidungen und Aussagen, die getroffen worden sind, betrafen ihn. Da war zum einen Alpine, das sein ab 2025 freies Cockpit nicht an den F1-erfahrenen Schumacher, sondern an Jack Doohan vergab. Erfahren hatte Schumacher davon vergangene Woche bei Instagram. Damit war seine größte Chance auf eine Rückkehr in die Königsklasse zunichte, wo er 2021 und 2022 für Haas gefahren ist. Die Aussicht, bei Mercedes auf Lewis Hamilton zu folgen, war ohnehin gering gewesen.
Aber dann kam auch noch die Sache mit Williams, das sich nach zahlreichen Patzern von Logan Sargeant trennte. Das bis zum Einstieg von Carlos Sainz kommende Saison frei gewordene Cockpit wäre etwas für Schumacher gewesen, der beim Punktesammeln hätte helfen können. Williams entschied sich vor ein paar Tagen jedoch für den argentinischen Formel-2-Fahrer Franco Colapinto. Und dann sagte Teamchef James Vowles in Monza auf Schumacher angesprochen noch diesen Satz: „Er ist gut, aber nicht besonders.“ Einen Tag später entschuldigte Vowles sich: Er habe Schumacher nicht verletzen wollen. Zur Kategorie „besonders“ würde für ihn beispielsweise jemand wie Rekordchampion Hamilton gehören. Ein Cockpit hatte Vowles für den Deutschen aber nicht mehr. Dessen letzte Hoffnung auf eine zeitnahe Rückkehr als Stammfahrer in der F1 bleibt das Team Sauber – das ab 2026 zu Audi wird.
Charles Leclerc
Wie es sich anfühlt, für Ferrari in Monza zu gewinnen, das wusste Charles Leclerc bereits. 2019 hatte er diese Erfahrung erstmals gemacht, als er den GP von Italien gewann, als bislang letzter Fahrer der Scuderia. Und nun war er also wieder vor Zehntausenden Tifosi als Schnellster über den Kurs im Königlichen Park gebraust – dank mutiger Ein-Stopp-Strategie. Für Leclerc markiert Monza damit den zweiten Sieg in dieser Saison, der ihm vor allem wegen der Bedeutung guttut. Und so fühlte sich 2024 an wie 2019. „Mein Gott, die Emotionen in den letzten Runden – genau wie 2019. Unglaublich“, sagte Leclerc.
Schon vergangene Woche hatten der 26-Jährige und sein Teamkollege Carlos Sainz dank eines schnellen Starts, einer cleveren Taktik und eines sorgsamen Umgangs mit den Reifen das Rennen in Zandvoort besser beendet als begonnen: Leclerc kam aufs Podium, Sainz auf den fünften Platz. Nun präsentierte sich Ferrari unter dem französischen Teamchef Frédéric Vasseur erneut aufgeräumt, während McLaren (internes Duell) und Red Bull (schwieriges Auto) zu kämpfen hatten. Sainz wurde in Monza erst gegen Schluss um einen Podestplatz gebracht. Das Lob aus der Heimat ist groß. „Ferrari und Leclerc: Doppel-10. Das Team und der Monegasse waren die Protagonisten eines Meisterwerks der Strategie“, schreibt La Repubblica.
Oscar Piastri
Als Oscar Piastri in die F1 aufstieg, eilte ihm bereits der Ruf voraus, ein Profi zu sein, mit jenen Eigenschaften, die es für Erfolge braucht. Der Australier will gewinnen, dafür nimmt er auch bereitwillig Überholmanöver gegen den eigenen Teamkollegen in Kauf – wie in Monza, als Piastri in der vierten Kurve der ersten Runde an Lando Norris vorbeizog. Die McLaren-Bosse haben solche Duelle erlaubt, die einzige Prämisse lautet, der Erfolg des Teams darf nicht in Gefahr geraten. Möge der Bessere gewinnen.
Grundsätzlich ist das eine gute Haltung. In der lukrativen Konstrukteurswertung hilft McLaren jeder Punkt, egal, welcher Fahrer ihn holt. In dieser Saison ist angesichts der schwächelnden Red Bull sogar der Fahrer-Titel drin, allerdings für Norris. Womöglich wird Piastri seinen enormen Ehrgeiz bis zum Saisonende etwas zügeln müssen.
Lando Norris
Als Erster starten und als Dritter ins Ziel kommen – damit kann ein Fahrer, der Weltmeister werden will, nicht zufrieden sein. „Ziemlich enttäuschend“, lautete das Fazit von Lando Norris also. Er war unglücklich über das frühe Überholmanöver von Oscar Piastri. Hätte er später gebremst, wären die beiden McLaren gecrasht, sagte Norris. Unzufriedener war der Brite jedoch über seine eigene Leistung. Er musste anerkennen, dass sein Teamkollege besser gefahren war. Angesichts des Titelkampfes mit Red Bull hätte eine entsprechende Ansage geholfen, aber, stellte Norris klar: „Ich bin nicht hier, um jemanden anzubetteln, mich vorbeizulassen. Ich bin hier, um Rennen zu fahren.“
Immerhin, das war dann doch ein Trost, sammelte er mehr Punkte als Max Verstappen. Acht Grand Prix stehen noch aus, der Rückstand auf den Führenden beträgt 62 Zähler, in der Konstrukteurswertung sogar nur noch acht. Aber es könnte inzwischen eben noch knapper sein. „Ich würde nicht sagen, dass uns die Zeit davonläuft“, sagte Norris: „Ich glaube immer noch, dass wir es schaffen können.“
Max Verstappen
Es läuft gerade nicht für die Weltmeister, das Rätselraten geht weiter für Red Bull und Max Verstappen. Sein Auto war auch in Monza nicht in Balance, der Niederländer hatte ordentlich damit zu kämpfen. Als Siebter gestartet, kam er als Sechster ins Ziel. „Vergangenes Jahr hatten wir ein großartiges Auto“, sagte Verstappen laut De Telegraaf: „Und wir haben es im Grunde in ein Monster verwandelt.“ So gut wie nichts habe funktioniert, weder die Geschwindigkeit noch die Stopps, noch die Strategie.
Viel schlimmer war jedoch die Schlussfolgerung aus den vergangenen sechs Rennen ohne Sieg: Denn bei so einer Leistung, sagte der 26-Jährige, „sind beide Weltmeisterschaften nicht realistisch“. Nach einem dominanten Saisonstart ist Red Bull ordentlich ins Wanken geraten – und versteht nicht, warum. Das ist das große Problem. In der Fahrerwertung liegt Verstappen noch 62 Punkte vor Norris, in der Konstrukteurskategorie trennen Red Bull und McLaren gar nur acht Zähler – das sind keine Polster, auf denen er sich ausruhen kann. Und Ferrari macht auch mehr Druck. „Max kann seine Fähigkeit, am Limit zu pushen nicht bringen, weil das Auto das nicht hergibt, weil es einfach zu unvorhergesehen reagiert“, erklärte Red-Bull-Motorsportberater Helmut Marko bei Sky.
Mercedes
Sein Debüt in einem F1-Auto bei einem Rennen ging zwar daneben – auf dem frisch asphaltierten Hochgeschwindigkeitskurs landete Andrea Kimi Antonelli beim ersten freien Training am Freitag mit dem Mercedes von George Russell im Reifenstapel. Dieses Wochenende war trotzdem ein Erfolg für den 18 Jahre alten Italiener: Denn seit Samstag ist offiziell, dass er eines der begehrtesten Cockpits im Motorsport ergattert hat. Antonelli wird bei Mercedes auf den siebenmaligen Weltmeister Hamilton folgen, der zu Ferrari wechselt.
Fünf Minuten, nachdem ihm Hamilton im Februar von seinen Plänen erzählt hatte, habe er sich für Antonelli entschieden, verriet Teamchef Toto Wolff in Monza: „Instinktiv war das jetzt das Line-up, das ich immer wollte.“ Damit starten von 2025 an zwei Talente für die Silberpfeile, die das Juniorenprogramm von Mercedes absolviert haben. Darauf war Wolff sichtlich stolz. Der Motorsportchef und Miteigentümer des Teams hält viel von Antonelli, ist Förderer und Mentor für ihn. Interessant wird in der neuen Konstellation auch zu sehen sein, wie die Führungsrolle Russell verändert. Beim ersten Rennen seit der Bekanntgabe verbremste er sich nach den ersten Metern, verlor dadurch Platz drei und wurde letztlich Siebter. Hamilton fuhr als Fünfter ins Ziel.
Audi
Vor fast genau zwei Jahren hatte Audi beim GP von Belgien angekündigt: „Wir werden 2026 in der F1 fahren.“ Erst war von einem Einstieg als Motorenlieferant beim Schweizer Sauber-Rennstall die Rede, der zu 75 Prozent übernommen werden sollte. Im März dieses Jahres folgte die Bekanntgabe, das Ingolstädter Unternehmen werde 100 Prozent der Anteile übernehmen. Bevor dann im Juli überraschend der frühere McLaren-Teamchef Andreas Seidl als Projektleiter getauscht wurde. Er und Verwaltungsratschef Oliver Hoffmann mussten gehen – und wurden durch den früheren Ferrari-Verantwortlichen Mattia Binotto ersetzt.
Der Italiener saß nun mit Audi-Chef Gernot Döllner in einem Besprechungsraum des Autodromo Nazionale und gab ein Update. Ursprünglich hatte der Konzern sich zum Ziel gesetzt, innerhalb der ersten drei Jahre siegfähig zu sein. Dieser Zeitplan sei nun angepasst worden. „Wir sind uns bewusst, dass es ein langfristiges Programm ist“, sagte Döllner. Die Diskussionen zu den Ambitionen seien noch im Gange. Abgeschrieben sei der F1-Einstieg keinesfalls: „Wir glauben, dass das zu unserer Strategie passt.“
Auch Audi und Binotto würden perfekt passen – und so fehlt zum großen Glück eigentlich nur noch die Fahrerpaarung. Für den einzigen deutschen Stammpiloten Nico Hülkenberg hat sich das Team schon festgelegt, die Entscheidung für den zweiten Fahrer soll „so schnell wie möglich fallen“. Spekuliert wird über diverse Namen. Soll es ein Erfahrener sein, wie der 37-jährige Hülkenberg? Oder ein junges Talent? Das wiederum, gab Binotto zu, sei noch offen. Audi soll ein Sieger-Team werden. Aber aktuell belegt Sauber den letzten Platz in der Konstrukteurswertung, weder Valtteri Bottas noch Zhou Guanyu konnten punkten. Binotto weiß genau: „Es gibt viel zu tun.“