Sieben Kurven zur Formel 1 in Mexiko:Verstappen ist der Böse, Norris der Gute

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Ganz friedlich neben der Strecke: Max Verstappen (l.) und Lando Norris. (Foto: Fernando Llano/AP)

Beim Großen Preis von Mexiko bestimmen harte Manöver der WM-Konkurrenten die Debatten – und Fernando Alonso sorgt mit 43 Jahren weiter für Verwunderung. Die Höhepunkte des Formel-1-Wochenendes.

Von Elmar Brümmer, Mexiko City

Lando Norris

Wenn Max Verstappen den bösen Buben der Formel 1 spielen muss, dann will sein Verfolger Lando Norris der gute Junge sein. Über zwei Rad-an-Rad-Duelle der beiden wurde debattiert. Platz zwei waren ein verdienter Lohn für den McLaren-Piloten, aber das bringt ihn nur zehn Punkte näher an den WM-Spitzenreiter heran, der immer noch 47 Zähler in Front liegt. Also ist der Brite lieber stolz darauf, stets sauber zu fahren, obwohl er weiß: „Manchmal habe ich wahrscheinlich Punkte verloren, weil ich nicht aggressiv genug gewesen bin oder zu fair. In dieser Hinsicht muss ich eine bessere Balance finden.“ Immerhin hat er nach den Attacken Verstappens in Mexiko seinem Frust mit einem Aufschrei über Boxenfunk Luft gemacht: „Der Typ ist gefährlich!“

Max Verstappen

(Foto: Chris Graythen/Getty Images)

Jetzt ist er wieder der Feind Nummer eins, passend zu seiner Startnummer. Was Verstappen herzlich egal sein dürfte. Die 20 Strafsekunden für zwei überharte Verdrängungsmanöver gegen Norris kommentierte er im Rennen höhnisch mit einem „beeindruckend“. Aber die Sorge beim Niederländer galt nicht dem Exempel, das die Rennkommissare an ihm statuiert hatten, um ein für alle Male klarzumachen, wie Überholmanöver in der Formel 1 auszusehen hätten (als ob sich das wirklich jemals einwandfrei reglementieren ließe). Er sorgt sich hauptsächlich um die Formschwankungen seines Autos. Die WM erfährt nach seinem sechsten Platz eine weitere Zuspitzung, die Zuschauer toben, McLaren-Boss Zak Brown auch. Und der Missetäter? „Ich werde nicht weinen, ich werde mich nicht erklären. Es geht nicht darum, ob man mit der Strafe einverstanden ist oder nicht. Ich gebe nicht so einfach auf. Sondern ich werde so fahren, wie ich fahren muss.“ Keine Reue, eher Revanche.

Carlos Sainz Junior

(Foto: Alfredo Estrella/AFP)

Einmal noch gewinnen, bevor er Ferrari verlassen und bei Williams ziemlich weit unten wieder neu anfangen muss: „Ich wollte es so sehr, und wollte es endlich erledigen.“ Die erste Pole-Position des Rennjahres für Carlos Sainz junior eröffnete die Chance, auch wenn Max Verstappen sie ihm am Start kurzfristig zu nehmen schien. Aber ein Rennen wird in Mexiko nicht in der ersten Kurve gewonnen oder verloren. Sainz überrumpelte Verstappen nach Ende einer frühen Safety-Car-Phase. Der Ferrari kommt zum Jahresende hin immer besser in Form, zwischenzeitlich sah es nach dem zweiten Doppelerfolg innerhalb einer Woche für die Roten aus. Doch Sainz enteilte dem Kollegen Leclerc, noch eine zusätzliche Genugtuung. Und jetzt will er alles tun, damit die Scuderia McLaren noch die Führung in der Konstrukteurs-WM abjagen kann, 29 Punkte fehlen noch. „Meisterklasse“ bescheinigte der Kommandostand dem Spanier nach der Zieldurchfahrt. „Ich habe meinen Job erledigt. Meine letzten vier Rennen in Rot will ich genießen. Aber wenn wieder eine Chance zum Sieg da ist, hole ich ihn mir.“

Sergio Perez

(Foto: Mark Thompson/Getty Images)

Schon samstags war beinahe klar, wie das Heimspiel, das die Wende für den zweiten Mann bei Red Bull Racing bringen sollte, wirklich laufen wird. Eliminiert in der ersten Qualifikationsrunde. Und die Hoffnungen auf eine Wiedergutmachung für den Mexikaner pulverisierten sich mit einem Fehlstart, bei der neuerlichen Aufholjagd kollidierte er mit Liam Lawson aus dem Schwesterteam Racing Bulls. Blieb mit einem demolierten Auto nur Rang 17, Letzter im Ziel. Die Szene vor dem Rennen, als er vor dem Siegerpokal posierte, wirkte nun noch peinlicher. Doch möglicherweise sind die Leiden des 34-Jährigen bald vorbei, obwohl er tapfer auf seinen Zwei-Jahres-Vertrag verweist. Teamchef Christian Horner implizierte einen baldigen Rauswurf: „Wir sind darauf angewiesen, dass beide Autos regelmäßig punkten und haben alles getan, was möglich ist. Aber irgendwann kommt der Zeitpunkt, an dem einfach nichts mehr geht. Dann müssen schwierige Entscheidungen getroffen werden.“

Fernando Alonso

(Foto: Moises Castillo/AP)

Selbst Flavio Briatore, der ihn 2001 in die Formel 1 gebracht hatte, ist leicht verwundert, dass sein Schützling immer noch dabei ist. 400 Rennen in der Königsklasse, das wird so schnell keiner erreichen. Lewis Hamilton ist der hartnäckigste Verfolger in der Ausdauer-Wertung, er kommt auf 352 Grand Prix. Startplatz 13 im Jubiläumsrennen verhieß schon nicht viel Gutes, Alonso quält sich nach einem unerklärlichen Leistungsabfall bei Aston Martin durchs Rennjahr und hofft auf eine technische Wunderheilung durch den Star-Designer Adrian Newey. In Runde 16 beim Großen Preis von Mexiko hätte aber auch Newey dem Auto des 43-Jährigen nicht helfen können – aufgesammelte Trümmerteile hatten die Kühlung ruiniert, er wurde samt Auto rückwärts in die Garage geschoben. Aber trotzdem: „Ich habe als kleiner Junge von der Formel 1 geträumt, und mehr als zwei Jahrzehnte später bin ich immer noch hier. Das ist ein Privileg.“

Nico Hülkenberg

(Foto: Jared C. Tilton/Getty Images)

Platz zehn ist das Niemandsland der Fahrer-Weltmeisterschaft, aber für Nico Hülkenberg ist es ein schöner Landstrich. Seit Mitte September steht der Emmericher in den Top Ten. Der Lohn für gute Qualifikationsergebnisse, und für ordentliche Rennen. Denn die lässt der Haas-Ferrari inzwischen regelmäßig zu. Das kleinste Team in der Formel 1 ist eine der größten Überraschungen des Jahres. Diesmal wurde „Hulk“ Neunter, er hatte sich sogar mehr ausgerechnet: „Aber der Bock wollte nicht so wie ich.“

Mexiko

(Foto: Moises Castillo/dpa)

Mehr als 400 000 Zuschauer an drei Tagen: Unabhängig von der mangelhaften Leistung des Lokalmatadoren herrscht im Autodromo Hermanos Rodriguez eine Stimmung wie sonst nirgendwo. Wenn Sergio Perez nicht bejubelt werden kann, dann feiert man eben sich selbst. Oder adoptiert Carlos Sainz junior. Ein Jahr noch läuft der Vertrag der Veranstalter mit der Formel 1, und die Macher sind zuversichtlich, dass ihr Schicksal nicht mit dem von Perez verknüpft ist. Die Stadt selbst ist Hauptgeldgeber und sieht ihr Engagement durch den Werbewert und die hohe Zahl an Renn-Touristen refinanziert. Die Piste, rutschig wie eh und je, sorgt mit ihrer ultralangen Geraden meistens für spannende Rennen und Höchstgeschwindigkeiten im Windschatten jenseits der 350 km/h. Nur für die Motoren ist es die reine Tortur. Auf fast 2 300 Meter Höhe liegt der Sauerstoffgehalt nur noch bei 78 Prozent, da droht den Aggregaten schneller die Luft auszugehen.

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