Formel 1:Die gemütlichen Zeiten bei Mercedes sind vorbei

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Bald schon Teamgefährten: der ambitionierte George Russell und Multiweltmeister Lewis Hamilton. (Foto: Clive Mason/Getty)

Der Rennstall engagiert den höchst talentierten George Russell als Nachfolger von Valtteri Bottas. Der Brite wird Kollege seines Landsmanns Lewis Hamilton - und mehr als nur ein Adjutant sein.

Von Elmar Brümmer

Morgens elf Uhr in Deutschland schien dem in Mittelengland ansässigen Rennstall von Mercedes-Benz eine gute Zeit zu sein, um britischen Humor zu demonstrieren. Die Whatsapp-Nachricht umfasste nur ein Wort: Überraschung! Den Rest konnte sich der Empfänger selbst denken: In den kommenden Jahren wird der Brite George Russell das Cockpit neben Lewis Hamilton übernehmen. Der Finne Valtteri Bottas durfte bereits am Vortag selbst verkünden, dass sich sein sehnlichster Wunsch nach einem Mehrjahres-Vertrag von 2022 an bei Alfa Romeo erfüllen wird.

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Die Art, wie Bottas den Weg frei macht, ist eine elegante Lösung für alle Beteiligten. "Leicht war das nicht", sagt Teamchef Toto Wolff über seine Vermittlerrolle, "jetzt fällt eine Last von uns ab." Wobei noch nicht so ganz klar ist, wie Rekordweltmeister Lewis Hamilton die neue Konkurrenz findet. Für ihn wäre es auch ganz in Ordnung gegangen, wenn Bottas wie schon in den vergangenen fünf Jahren weiter den zuverlässigen Adjutanten gespielt hätte. Schon schnell, aber nicht wirklich gefährlich für die Nummer eins.

Erwächst da besonders harte Konkurrenz für Hamilton im eigenen Team?

Das ändert sich künftig. "Ich müsste lügen, wenn ich behaupten würde, dass ich nicht absolut begeistert wäre, diese Chance mit beiden Händen zu greifen", sagt Russell. Als Aushilfsfahrer nach Hamiltons Covid-Erkrankung hatte sich der Mann aus dem Mercedes-Kader bereits bewährt, in dieser Saison ist er mit seinem unterlegenen Auto eine der besonders positiven Überraschungen. Russell gilt nicht nur als netter Kerl, sondern auch als eines der Jahrtausend-Talente, viel zu schade, ihn beim Hinterbänkler-Team Williams weiter warten zu lassen. Toto Wolff weiß natürlich, welche Konkurrenz er Hamilton da ins Team holt, vielleicht ahnt er auch, welche Konflikte in einem von den britischen Medien vermutlich stark angefachten internen Duell aufbrechen könnten. Der jahrelange Zwist zwischen Hamilton und Nico Rosberg ist dafür ein Gradmesser.

Dem Werksrennstall bleibt aber mit Blick auf die Zukunft gar nichts anderes übrig. Zwar zeigt Lewis Hamilton angesichts des engen Titelkampfs mit Max Verstappen keine Ermüdungserscheinungen, auch hat der anstehende Reglementwechsel zu seiner Vertragsverlängerung bis Ende 2023 beigetragen. Doch wer vermag zu sagen, ob der 36-Jährige nicht zwischendrin seine Meinung ändert? Entscheidender aber sind die Besetzungen, die die wichtigsten Konkurrenten beim fahrenden Personal bereits vorgenommen haben. Ferrari setzt ebenso langfristig auf den 23 Jahre alten Monegassen Charles Leclerc wie Red Bull Racing auf den gleichalten Max Verstappen. McLaren formt gerade den 21-Jährigen Lando Norris. Russell mit seinen 23 passt prima zu diesem generellen Generationswechsel in der Königsklasse.

Der scheidende Valtteri Bottas, der in den verbleibenden Rennen noch zum achten Einzel- und Mannschaftstitel für Hamilton und Mercedes beitragen soll, gilt bei Alfa im Zürcher Oberland ebenfalls als Verjüngung, er ersetzt dort Kimi Räikkönen, 41. Gut möglich, dass Mercedes-Teamchef Wolff noch einen weiteren Sternfahrer an die Schweizer vermittelt: den niederländischen Formel-E-Champion Nyck de Vries. Er ist allerdings auch als Russell-Ersatz bei Williams im Gespräch. Dorthin würde auch gern der Anglo-Thai Alexander Albon wechseln, der momentan im Deutschen Tourenwagen-Masters geparkt ist. Der 25-Jährige gehört allerdings zum Red-Bull-Kader, während Williams Mercedes-Kunde ist.

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