Formel 1:Aufbruch in eine neue Ära?

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Schnellster in den engen Straßen von Monte Carlo: Max Verstappen im Red Bull. (Foto: HochZwei/Imago)

In Monaco führt Max Verstappen das zweitjüngste Siegerpodest der Geschichte an. Mercedes begeht dagegen ungewohnte Fehler - nimmt die Rolle des Jägers aber an.

Von Anna Dreher, Monte Carlo

Moment mal, da fehlte doch jemand. Wo war Lewis Hamilton, seit Jahren Dauergast bei diesen sonntäglichen Gesprächsrunden? Aber es war kein Stuhl mehr frei, die Besetzung war komplett. Carlos Sainz hatte es sich rechts außen bequem gemacht, in der Mitte saß Max Verstappen, links von ihm Lando Norris. Alle drei bestens gelaunt. Gerade hatten sie ihre Trophäen überreicht bekommen und vor Fürst Albert II. mit Champagner gefeiert. Und so kam nach dem Großen Preis von Monaco die Frage auf, ob es nun in eine neue Ära gehe mit dem zweitplatzierten Sainz, mit Sieger Verstappen sowie dem Dritten Norris als prägenden Akteuren der Formel 1. Immerhin bildeten sie das zweitjüngste Siegerpodest in der Geschichte der Königsklasse des Motorsports.

"Carlos, du hast es ruiniert, Mann, du bist zu alt", sagte Verstappen, 23, glucksend zu Sainz, 26, als klar war, dass in Monte Carlo kein neuer Jugendrekord aufgestellt worden war. Der Senior der Drei (Norris ist erst 21) beantwortete auf der Pressekonferenz die Frage nach einer neuen Ära schließlich so: "Diese zwei Jungs links von mir sind ein bisschen jung und manchmal unerfahren, aber sie sind definitiv sehr, sehr schnell. Ich glaube, die Formel 1 ist in guten Händen für die Zukunft." Was der Ferrari-Pilot, der schon mit Verstappen bei Toro Rosso und mit Norris bei McLaren gefahren ist, auch hätte sagen können: Uns seht ihr noch öfter hier. Dass es am Sonntag soweit war, war jedoch nicht allein auf das Geschick und Glück des Trios auf dem Podium zurückzuführen, sondern auch auf das Ungeschick und Pech anderer - wie Hamilton.

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"Das ist ein großartiger Schub für das ganze Team", sagt Verstappen

Der siebenmalige Weltmeister hatte die Ziellinie als Siebter überquert, was entscheidend zur blendenden Laune seines schärfsten Konkurrenten im Titelrennen beitrug: Verstappen führt mit 105 Punkten in der Gesamtwertung nun erstmals vor dem Briten (101), in der Konstrukteurswertung liegt Red Bull (149) einen Zähler vor Mercedes. "Das ist ein großartiger Schub für das ganze Team", sagte Verstappen. Das bisweilen auch verbal hart geführte Duell der beiden zurzeit besten Piloten und Rennställe ordnete er so ein: "Taten sagen immer mehr als Worte. Ich glaube, das ist eine gute Lektion nach diesem Wochenende. Wir haben als Team bisher die kleinsten Fehler gemacht, deswegen liegen wir vorne. Ich hoffe, wir können so den Rest der Saison weitermachen."

Hoch zufrieden: Sieger Max Verstappen. (Foto: HochZwei/Imago)

Bisher war ja durchaus der Eindruck entstanden, dass diese auch von Verstappen selbst begangenen Fehler Red Bull die womöglich größte Titelchance seit langem kosten könnten. Was bei 18 ausstehenden Terminen nach wie vor sein kann. Aber nun misslang ausnahmsweise Mercedes mal etwas. "Wir haben durch eine wirklich schlechte Leistung des Teams viele Punkte verloren", sagte der frustrierte Hamilton. "Ich bin definitiv ein bisschen überrascht davon, aber diese Dinge fordern uns heraus."

Hamilton hatte auf dem kurvenreichen, engen Stadtkurs Schwierigkeiten, seine Reifen auf Temperatur zu bringen. Zwei Wochen, nachdem der 36-Jährige in Barcelona die 100. Pole Position seiner Formel-1-Karriere geholt hatte, kam er über Startplatz sieben nicht hinaus. Weil seine Vorderreifen bereits stark abgenutzt waren, wollten ihn die Mercedes-Strategen über einen früher als ursprünglich geplanten Stopp an Pierre Gasly (AlphaTauri) vorbeilotsen. Doch der Plan scheiterte, zudem schoben sich auch Sebastian Vettel - der als starker Fünfter erstmals für Aston Martin punktete - und der spätere Vierte Sergio Perez (Red Bull) dank ihrer späteren Stopps vor Hamilton. Mick Schumacher wurde wegen technischer Probleme Letzter.

Noch härter traf es Charles Leclerc - und das ausgerechnet bei seinem Heimrennen. Der Monegasse, in der Qualifikation noch überraschend Schnellster, fiel kurz vor dem Start aus, weil die linke Antriebswelle seines Ferrari gebrochen war. Noch nie hat er auf dem Circuit de Monaco das Ziel erreicht. Nun setzte sich seine Pechsträhne ausgerechnet in dem Moment fort, als die Aussicht auf einen Sieg so groß war wie noch nie.

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Durch Leclercs Ausfall erhöhten sich zunächst die Chancen von Hamiltons Teamkollege Valtteri Bottas aufs Podium. Er war als Zweiter gestartet und hatte kaum Schwierigkeiten - bis auch er die Reifen wechseln ließ. Bottas hielt etwas zu früh, der Winkel des Maschinenschraubers passte nicht mehr. Die Radmutter an seinem rechten Vorderreifen wurde derart beschädigt, dass der Pneu nicht mehr abzumontieren war. Endstation.

"Es gibt immer viele Faktoren, die zu so einem Scheitern beitragen", sagte Mercedes-Motorsportchef Toto Wolff. "Wir müssen uns fragen, wie wir solche Fehler vermeiden können. Nur wenn man dafür eine Umgebung schafft, wo Leute Dinge frei ansprechen und wir wirklich analysieren können, können Lösungen gefunden werden, um die selben Fehler zu vermeiden." Für ihn markierte Monaco einen Ausreißer, eine der wenigen für ihr Auto ungeeignete Strecken. Bei all der Frustration aber war der Blick auf die Gesamtlage nicht getrübt. Den engen WM-Kampf nimmt Wolff sportlich: "Das macht unheimlich Spaß. Jetzt ist das Spiel umgedreht, und wir jagen wieder."

Verstappens WM-Führung könnte von kurzer Dauer sein. Die Charakteristik der Strecke an der Côte d'Azur ist so einzigartig, dass sie mit keiner anderen im Kalender verglichen werden kann. Hamilton stellte jedoch in Frage, ob es beim nächsten Grand Prix in Baku in zwei Wochen für sein Team tatsächlich besser laufen wird. "Das ist wieder eine sehr kalte Strecke, eine weitere, auf der wir Schwierigkeiten haben könnten", sagte er. Es gehe jetzt darum, an den Problemen zu arbeiten: "Es wäre nicht das erste Mal, dass wir aus einer Niederlage gestärkt zurückkommen." Im September 2020 in Monza hatte Lewis Hamilton zuletzt ein Rennen als Siebter beendet. Danach gewann er neun von zwölf - und war auch bei allen anderen Gast der sonntäglichen Gesprächsrunden auf dem Podium.

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