Sieben Kurven der Formel 1:Plötzlich 160 PS weniger

Charles Leclerc erlebt die volle Härte des Motorsports - Sebastian Vettel muss Häme ertragen. Daniel Ricciardo flüchtet nach einem panischen Funkspruch. Die Höhepunkte des Formel-1-Wochenendes.

Von Elmar Brümmer, Sakhir

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Charles Leclerc

F1 Grand Prix of Bahrain

Quelle: Getty Images

Achterbahnfahren mit einem Ferrari, das klingt dann aus dem Mund eines Rennfahrers so: "Yeeeesssss" brüllte Charles Leclerc am Samstagabend, als er in der zweiten Qualifikation mit Ferrari die erste Pole-Position eingefahren hatte. Und so: "Ooooohhhhh" schallte es in die Sonntagnacht, nachdem ihm ein zickender Motor in seinem Auto kurz vor Schluss des Großen Preises von Bahrain den Triumph als jüngster Ferrari-Sieger der Geschichte gestohlen hatte. Plötzlich 160 PS weniger, damit war er leichte Beute für die Silberpfeile. Dritter Platz, schnellste Rennrunde, moralischer Erfolg - alles nur Trostpreise für einen 21-Jährigen, in dem viele schon den Champion der Zukunft sehen. Die volle Härte des Motorsports.

"Es ist schwierig, das zu verdauen, aber wir werden noch stärker wiederkommen", verspricht der Monegasse, der auch in der Niederlage große Reife beweist. Das Safety-Car hatte ihm immerhin den Podiumsplatz gerettet. Aber eine Erkenntnis aus der Steinwüste ist viel entscheidender für den Aufsteiger: er hat es tatsächlich im zweiten Versuch schon geschafft, die Nummer-Eins-Regel für Sebastian Vettel auszuhebeln. Leclerc war in Bahrain der deutlich schnellere Mann, künftig wird auf Augenhöhe gekämpft.

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Lewis Hamilton

F1 Grand Prix of Bahrain

Quelle: Getty Images

In der Weltmeisterschaftswertung liegt der Titelverteidiger noch mit einem Pünktchen hinter seinem Teamkollegen Valtteri Bottas, dafür hat er sich in der Wertung der Nacht-Sieger der Formel 1 etwas Abstand auf Sebastian Vettel verschafft: elf zu neun steht es in der Flutlichtwertung jetzt für den Briten, der seinen Heppenheimer Gegenspieler erneut in einen schweren Fehler getrieben hat und dann den Sieg von Charles Leclerc erben konnte. Hamilton war der erste Tröster des Ferrari-Piloten, er fühlt sich sehr an seinen eigenen steilen Aufstieg 2007 bei McLaren-Mercedes erinnert: "Du bist großartig gefahren, Du hast eine große Zukunft vor Dir."

Schon in seiner Siegesbotschaft ans Team hatte er über den Gegner gesprochen: "Leute, wie unglücklich war das für Charles, nachdem er ein so großartiges Rennen gefahren ist. Wir werden eine Menge damit zu tun bekommen, die künftig hinter uns zu halten." Hamiltons Instinkte und die Zuverlässigkeit der Silberpfeile haben am Ende den Ausschlag gegeben in einem Rennen, dass der Champion als "lehrreich" abheftet. Die Lehre war für alle leicht zu erkennen: Ferrari ist auf den Geraden schneller.

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Sebastian Vettel

F1 Grand Prix of Bahrain

Quelle: Getty Images

Die ehrwürdige BBC spielt, wenn es um den Titelaspiranten aus Heppenheim geht, gern die Rolle des Buchhalters. Sehr korrekt, aber auch ein bisschen hämisch, werden von den Briten die Versäumnisse des Hamilton-Gegenspielers aufgelistet. Der Dreher in Bahrain mit anschließendem Verlust des Frontflügels ist in der Statistik der Vettel-Fehler nach Monza, Suzuka und Austin bereits der vierte persönliche Fauxpas in dieser Liste, und da ist der verschenkte Sieg im Regen von Hockenheim noch gar nicht mitgezählt. Vettel dreht sich, weil Motor oder Reifen durchdrehen - das Wort Wende wollte er 2019 allerdings in ganz anderem Zusammenhang auf sich gemünzt sehen.

Bisher ist die junge Saison zum Deja-vu des verpatzten letzten Rennjahres geworden: Taktische Fehler bei Ferrari in der Qualifikation, technischer Rückstand bei der Abstimmung seines Autos, persönliche Missgeschicke auf der Strecke, Chaos beim Boxenstopp. Vettel nimmt die Panne auf seine Kappe, und bescheidet lapidar: "Es war nicht das Rennen, das ich wollte."

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Fernando Alonso

F1 Grand Prix of Bahrain

Quelle: Getty Images

Lange hat die Formel-1-Abstinenz des Spaniers, der bei den 500 Meilen von Indianapolis und den 24 Stunden von Le Mans nach dem seltenen Triple des Motorsports jagt, ja nicht gedauert. Ende November in Abu Dhabi groß verabschiedet steigt der zweifache Weltmeister Anfang April in Bahrain schon wieder in den McLaren. Offiziell ist er nur Botschafter des McLaren-Rennstalls, aber die Rolle wandelt sich bei den Testfahrten ab Dienstag zu der des Chauffeurs. Der 37-Jährige soll eine fundierte Meinung über den MCL 34 abgeben, mit dem erst 19 Jahre alten Talent Lando Norris am Sonntag der erste Punktgewinn gelungen ist. Und auch für die Probefahrten nach dem Europaauftakt in Barcelona ist der Senior ein Kandidat. Das britische Team hat 2019 als Lehrjahr auf dem Weg zurück nach vorn eingeplant - und wenn man den besten Lehrmeister ohnehin auf der Gehaltsliste stehen hat...

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Daniel Ricciardo

F1 Grand Prix of Bahrain

Quelle: Getty Images

Das charakteristische Grinsen vergeht dem Australier so langsam nach seinem Wechsel zum französischen Werksrennstall von Renault. Zweiter Auftritt, zweiter Ausfall. Kurz vor Schluss verabschiedeten sich die schwarz-gelben Renner von Ricciardo und Nico Hülkenberg synchron mit demselben Problem: Ausfall des Energierückgewinnungssystems. Als wäre der 29-Jährige nicht schon genug gestraft gewesen, wurde er anschliessend auch noch vor die Rennkommissare zitiert.

Wenn ein Formel-1-Pilot den Wagen abstellt, muss er das beim Ausstieg abgezogene Lenkrad wieder im Cockpit befestigten. Das aber traute sich Ricciardo nicht, nachdem ihm das Team über Funk angewiesen hatte: "Schalte alles ab und dann spring raus, und fass bloß nichts mehr an!" Denn die Ingenieure waren sich nicht sicher, ob Teile des Autos unter Strom stehen würden und der Fahrersitz so zum elektrischen Stuhl geworden war. Das Renngericht hatte Verständnis dafür, und wertete den Regelverstoß als Selbstschutz.

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Mick Schumacher

F1 Grand Prix of Bahrain

Quelle: Getty Images

Einmal Achter, einmal Sechster. Das ist ein ordentliches Debüt für einen Formel-2-Debütanten. Aber das ist nicht der Anspruch, den Schumacher junior an sich hat: "Ich würde lügen, wenn ich sagen würde, dass ich komplett damit zufrieden bin." Nach den beiden Rennen von Bahrain analysiert der 20-Jährige für sich selbst, dass er eine Menge gelernt habe: "Ich bin zuversichtlich, dass wir das auf die Strecke bringen können." Mick Schumacher scheint schnell zu adaptieren, das muss an den Genen liegt. In der Formel 3 hatte er lediglich 240 PS zu beherrschen, in der Formel 2 sind es schon stattliche 610 PS, und jetzt folgt der nächste Energieschub - an die 1000 Pferdestärken stecken in den Motoren der Formel-1-Rennwagen von Ferrari und Alfa Romeo, die er heute und morgen beim Nachwuchsfahrertest beherrschen muss. Was er davon hält, gleich zum Saisonstart den vielleicht größten Traum aller Rennfahrer erfüllt zu bekommen? Nur so viel: "Ferrari ist ein Teil von mir, jetzt kann ich auch ein Teil von Ferrari sein."

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Nico Rosberg

Bahrain Grand Prix

Quelle: REUTERS

Es gibt keine Woche, in der es nichts vom Formel-1-Rentner aus Monte Carlo zu sehen oder hören gibt. Bei RTL bemüht er sich ernsthaft, sein Anpasser-Image loszuwerden und in die Fußstapfen von Grantler Niki Lauda zu treten. In den sozialen Medien posiert er mit Straßensportwagen jedweder Coleur, in Berlin positioniert er sich als nachhaltiger Unternehmer. Viel Spaß scheint dem Einfach-Weltmeister auch das provozieren der ehemaligen Spielkameraden zu machen. Dafür bietet sich ein eigener Podcast ("Beyond Victory") auch geradezu an.

Sein ehemaliger Mercedes-Vorgesetzten Toto Wolff sinnierte über egomanisches Verhalten von Rennfahrern, und Rosberg wusste sofort ein Beispiel: "Max Verstappen ist doch ein Narzisst wie aus dem Bilderbuch! Wie kannst du dich nicht selbst in Frage stellen, wenn du sechsmal den gleichen Fehler machst?" Es müsse wohl am Talent liegen, dass es dann beim siebten Mal doch aufgehe. Die Überlegung führt zu einer überraschenden Erkenntnis beim 33-Jährigen: "Ich bin ganz anders. Ich habe dieses ultimative Selbstbewusstsein nicht. Ich hatte es nie und werde es nie haben."

© SZ.de/ebc
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