Formel 1 in Kanada:Hamilton schwärmt, Vettel beißt

527886085

Lewis Hamilton und Nico Rosberg in gewohnter Position: Auf dem Podium.

(Foto: AFP)
  • Starkes Auto, starke Fahrt: Lewis Hamilton gewinnt auch in Kanada souverän vor seinem Mercedes-Kollegen Nico Rosberg.
  • Sebastian Vettel kämpft sich von Startplatz 18 weit nach vorne vor.

Von René Hofmann

Lewis Hamilton hat vor dem Großen Preis von Kanada eine sehr spezielle Vorbereitung absolviert. Der WM-Führende nahm an einer Spaß-Rallye mit Luxus-Sportwagen teil, zumindest an der letzten Etappe, die von Los Angeles nach Las Vegas führte. Der Ausflug war dem 30 Jahre alten Briten nach der Strategiepanne, mit der ihm sein Mercedes-Team um den sicheren Sieg beim Monaco-Grand-Prix gebracht hatte, zur Stimmungsaufhellung gewährt worden. Die Spritztour verlief aber nicht wie geplant. Dem Formel-1-Weltmeister ging im Death Valley der Sprit aus. Er blieb liegen.

Am Sonntagabend war Hamiltons Laune dann aber doch wieder prächtig. Von der Pole-Position aus gewann er zum vierten Mal das Rennen auf dem Circuit Gilles Villeneuve auf der Île Notre-Dame in Montréal. Zweiter wurde sein Mercedes-Kollege Nico Rosberg. Nach dem siebten von geplant 19 Saisonrennen weist die WM-Wertung für Hamilton nun 151 Punkte aus, Rosberg kommt auf 134. Das nächste Rennen findet am 21. Juni in Spielberg/Österreich statt. Dritter in Kanada: Valtteri Bottas im Williams-Mercedes, der von einem Dreher des letztlich viertplatzierten Ferrari-Fahrers Kimi Räikkönen profitierte. Sebastian Vettel? Wurde Fünfter.

"Ich liebe Montréal. Ich liebe diese Strecke, ich liebe diese Stadt, ein fantastisches Wochenende", sagte Hamilton nach seinem vierten Sieg in diesem Jahr. Rosberg, der sich bereits am Samstag über einen verkorksten finalen Versuch in der Qualifikation geärgert hatte, der ihn lediglich den zweiten Startplatz eingebracht hatte, war Hamilton im Rennen einige Male bedrohliche nahe gekommen. Er musste letztlich aber seine Unterlegenheit anerkennen.

"Es war ein gutes Rennen. Ich habe versucht, ihm einzuheizen, aber er hat einfach keinen Fehler gemacht", meinte der 29 Jahre alte Rosberg, der zuvor nicht nur in seiner Heimat Monte Carlo die Champagnerdusche hatte eröffnen dürfen, sondern auch beim Rennen davor in Barcelona.

Ein Transistor im Wert von zehn Euro geht kaputt und wirft Ferrari entscheidend zurück

Kimi Räikkönen erreichte erst zum zweiten Mal vor seinem Teamkollegen Sebastian Vettel das Ziel. Die beiden Ferrari-Fahrer waren mit großen Zielen in das Wochenende gestartet. Im vergangenen Jahr hatte Mercedes die Chance auf einen Doppelsieg auf der anspruchsvollen Rennstrecke hergeschenkt, weil die Team- führung ihre beiden Fahrer hemmungslos gegeneinander hatten agieren lassen.

Vettel fehlt der "Bums"

Dabei hatten Hamilton und Rosberg ihre Gefährte in den roten Bereich getrieben, was Daniel Ricciardo im Red Bull für einen Zufallstriumph hatte nutzen können. Dieses Mal spekulierten die Roten auf einen Abstaubererfolg. Ferrari hatte zu dem Rennen extra eine neue Ausbaustufe des Sechszylinder-Turbo-Hybrid-Antriebs gebracht, der über 13 PS mehr verfügt. Die Chance, es ganz nach vorne zu schaffen, zerschlug sich aber bereits am Samstag in der Qualifikation.

In der blieb Sebastian Vettel erstmals in seiner Ferrari-Zeit bereits im ersten Durchgang hängen. "Wir hatten im Endeffekt keinen Bums", umschrieb die Nummer eins der Scuderia den technischen Grund für seinen Rückstand. Sein Teamchef Maurizio Arrivabene gab sich weniger zugeknöpft: "Ein Transistor im Wert von zehn Euro ist kaputt gegangen und hat viel Arbeit zunichte gemacht."

Was erschwerend noch hinzukam: Wegen eines unerlaubtes Überholmanövers unter roten Flaggen im Training wurde Vettel von den Rennkommissaren noch zusätzlich bestraft und vom 16. auf den 18. Startplatz zurückgestuft. Von so weit hinten sieht die Startampel keiner gern. Auch das Dinner mit Fiat-&-Ferrari-Chef Sergio Marchionne am Samstag konnte daran wenig ändern. "Es ist sehr schade, das Auto hat sich sehr gut angefühlt", beschrieb Vettel seine Stimmung.

Wie gut sich das Auto anfühlte, so lange der Motor tadellos schnurrte, war im Rennen zu sehen. Während Hamilton und Rosberg vom Start weg in die Erfolgsspur einbogen und lediglich darauf achten mussten, dass sie sich ihre Bremsscheiben und ihre Benzinvorräte über 70 Runden gut einteilten, musste Vettel sich durchs Feld kämpfen. Und wie er kämpfte.

Vettel gegen Alonso: Das Duell fand weit hinten statt, bot aber Zündstoff

Bereits am Start verbesserte Vettel sich gleich einmal um vier Positionen. Aber das meiste der Anstrengung war kurz darauf schon wieder dahin. Mit einem schlechten ersten Boxenstopp in Umlauf acht fiel Vettel wieder auf Platz 17 zurück. Er war so weit hinten im Feld unterwegs, dass er sich sogar mit seinem Vorgänger im Ferrari anlegen musste: mit Fernando Alonso, der jetzt für McLaren antritt und so schlechtes Material zur Verfügung hat, dass er meist nur geduldig Überrundungen erwarten kann. Gegen Vettel bot Alonso aber noch einmal trotzig alles auf. Es dauerte einige Runden, bis der viermalige Weltmeister an Alonso vorbei war. Sogar einen - gefährlichen - Ausflug auf das Gras neben der Strecke unternahm Vettel in dieser Phase.

Für Sebastian Vettel war es wahrlich ein aufregender Nachmittag. "Viel mehr war nicht drin", konstatierte Vettel, "ich wäre gerne weiter vorne losgefahren. Dann hätten wir heute ein bisschen mitmischen können." Im Duell um Platz sieben kam er später noch Nico Hülkenberg sehr nahe. Der Force-India-Fahrer fiel bei der Aktion auf Rang neun zurück; am Ende wurde er Achter.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: