Süddeutsche Zeitung

Formel 1 in Japan:Taifun wäscht das Putzmittel weg

Der Formel 1 steht beim Großen Preis von Suzuka ein windiges Regenrennen bevor. Nico Rosberg glaubt, vom heranrollenden Taifun zu profitieren - um WM-Rivale Lewis Hamilton sowie Sebastian Vettel gibt es derweil Wechselgerüchte.

Von Elmar Brümmer, Suzuka

Über das Wetter zu reden, klingt immer nach Ablenkung. Beim Großen Preis von Japan ist es aber tatsächlich ein großes Thema, denn der Taifun Phanfone könnte den Start am Sonntag um 15 Uhr Ortszeit gefährden. Phanfone stammt aus dem Laotischen und bedeutet "das Tier". Die Prognosen kündigen schwere Regenschauer an, aber noch zögert der Veranstalter, das Rennen vorzuverlegen. Denn die Wettervorhersage ist wenig zuverlässig.

Zuverlässigkeit wäre auch der Schlüssel für Mercedes, damit könnte das Werksensemble schon beim 15. von 19 Läufen die Konstrukteurs-WM holen. Es müsste allerdings zum achten Doppelerfolg von Rosberg/Hamilton kommen, die Red-Bull-Piloten Sebastian Vettel und Daniel Ricciardo dürften zugleich nicht mehr als zwei Punkte holen. Es wäre der erste Markentitel für Mercedes, denn in den Nachkriegsjahren gab es die Wertung noch nicht.

"Der Taifun ist willkommen", sagte Nico Rosberg etwas leichtsinnig, sieht er doch seinen Silberpfeil unter nassen Bedingungen im Vorteil. Nach seinem Ausfall in Singapur hatte ihn Teamrivale Lewis Hamilton in der Wertung überholt - letztlich hatte ein Putzmittel einen Kurzschluss am Lenkrad verursacht. Rosberg sagt, das sei "komplett vergessen".

Auch die Verschwörungstheorien, die angesichts der Rivalität um den Titel aufkamen, sind kein Thema mehr. "Ich trage das tiefe Vertrauen in mir, dass das Team seinen Job macht." Die Qualitätskontrolle in der Rennfabrik in Brackley wurde zusätzlich verstärkt, denn Mercedes-Sportchef Toto Wolff weiß: "Unser Auto ist eine Rakete, aber wir haben noch Zuverlässigkeitsprobleme."

Auch Lewis Hamilton war bereits wegen Pech in diesem Jahr ausgefallen. Nun gibt sich der Brite vorsichtig optimistisch: "Ich konzentriere mich nicht auf die Vergangenheit, aber man kann sie auch nicht vergessen." Er setzt darauf, dass die Boxencrew das Durchhaltevermögen der Boliden gewährleistet: "Ich weiß, dass das Team dies zur Priorität erklärt hat."

Nach dem Hin und Her zwischen "Blond und Schwarz" (Hamilton) erwartet er "den intensivsten Titelkampf", den man sich vorstellen könne. Der Vergleich mit dem epischen Duell zwischen Ayrton Senna und Alain Prost auf dem Suzuka International Circuit, das sich an diesem Wochenende zum 25. Mal jährt, schmeichelt Rosberg: "Wir wären stolz, wenn wir eine solch tolle Show bieten."

Das sportliche Hin und Her dürfte nach Ansicht beider Titelaspiranten weitergehen; Red-Bull-Pilot Daniel Ricciardo liegt ja schon 60 Punkte hinter der Spitze zurück. "Ich glaube, die WM wird sich erst im letzten Rennen in Abu Dhabi entscheiden. Mit den doppelten Punkten im Finale kann da so viel passieren", rechnet Rosberg hoch. Hamilton erwartet seinen Rivalen "stärker denn je", aber für ihn ändere sich nichts. Der 29-Jährige sieht sich im achten Formel-1-Jahr gereift: "Ich bin erwachsener geworden, arbeite härter, verstehe mehr - es ist meine beständigste Saison."

Dennoch könnte auch Hamilton eine Rolle spielen bei der großen Unbeständigkeit, die die Formel 1 bewegt: Kein Rennwochenende vergeht, an dem Fernando Alonso und Sebastian Vettel nicht nachgesagt wird, dass sie am Saisonende ihre Arbeitgeber verlassen: Vettel von Red Bull zu Ferrari, Alonso von Ferrari zu McLaren. Beide sind unzufrieden, wie es gerade läuft - aber mit einem überhasteten Wechsel würden sie nur bedingt Sicherheit gewinnen. "Die Gerüchte gibt es jedes Jahr", sagt Vettel, "in meinem Kopf gibt es sie nicht." Die Zerrüttung bei Ferrari ist größer, auch Alonsos Verzweiflung, vielleicht nie mehr den ersehnten dritten Titel zu holen.

Und McLarens Motorenpartner Honda lockt wohl mit viel Geld. Er möge deshalb bitte bestätigen, dass er 2015/16 nicht für McLaren und nicht für Red Bull fahren werde, wurde Alonso in Suzuka aufgefordert. "Diese Frage ist sehr schwer zu beantworten", antwortete er, "ich tue das Beste für Ferrari." Auch Hamilton legt sich natürlich nicht fest. Er hat die Gespräche über eine Verlängerung bei Mercedes auf das Saisonende vertagt. Vielleicht hat er als Weltmeister dann die beste Verhandlungsposition - denn er gilt auch als (Ersatz-)Kandidat bei Red Bull wie Ferrari.

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Quelle:
SZ vom 04.10.2014
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