Sieben Kurven der Formel 1:"Ich hab's echt vermasselt"

Sieben Kurven der Formel 1: Tiefbetrübt beim Heimspiel in Imola: Ferrari-Pilot Charles Leclerc.

Tiefbetrübt beim Heimspiel in Imola: Ferrari-Pilot Charles Leclerc.

(Foto: Dan Mullan/Getty Images)

Charles Leclerc ruiniert die eigene Party, Sebastian Vettel überrascht - und Mercedes entschuldigt sich bei Lewis Hamilton. Die Höhepunkte des Formel-1-Wochenendes.

Von Elmar Brümmer, Imola

Max Verstappen

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(Foto: David Davies/dpa)

Helmut Marko, die Konzernaufsicht bei Red Bull Racing, hatte so seine Sorgen nach dem Fehlstart des Weltmeisters, der zweimal in den ersten drei Rennen nicht ins Ziel gekommen war: "Wenn wir nicht bald wieder Siege einfahren, könnte Max tatsächlich zur Zeitbombe werden!" Tatsächlich war der Niederländer schon wieder in Richtung unkontrollierte Aggressivität unterwegs, aber dann fand Adrian Newey, der Herr der Lüfte, ein paar neue aerodynamische Lösungen für Imola, mit denen der Champion nahezu ungetestet ins Wochenende ging. Und das Bestmögliche herausholte: Pole-Position, Sieg im Sprintrennen, Triumph im Grand Prix, schnellste Rennrunde. Macht mal schnell 34 WM-Punkte an einem Wochenende.

Trotz der schwierigen Bedingungen war es eine mehr oder wenige einsame Sonntagsspazierfahrt. Max und das Maximum, endlich stimmte das Wortspiel angesichts der Dominanz im Autodromo wieder. "Das habe ich nicht erwarten können", gestand der Tagessieger, "das ist ein großartiger Booster." In den wenigen schwierigen Momenten standen sich Team und Paradefahrer in nichts nach, blieben fokussiert und trafen die richtigen Entscheidungen. "Das muss eins unserer besten Resultate überhaupt gewesen sein", sagt Teamchef Christian Horner.

Charles Leclerc

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(Foto: Mark Thompson/Getty Images)

Michael Schumacher bleibt der letzte Fahrer, der in Imola für Ferrari auf dem Podium ganz oben stehen konnte, 2006 war das, in seiner letzten Saison für die Scuderia. Charles Leclerc hatte alle Chancen, die Historie aufzufrischen. Aber er ist nicht nur an seinem Fahrfehler zehn Runden vor Schluss gescheitert, sondern vielleicht auch ein bisschen an dem Druck einer sechsstelligen Zahl Ferraristi an der Piste. Die Woche, die mit einem Diebstahl seiner Luxusuhr begann, endete mit dem Desaster - den Punkt für die schnellste Runde durch den Dreher verloren, dazu den sicheren dritten Platz.

Aber er hatte auch Glück, dass er überhaupt weiterfahren konnte. Als Sechster hat er an einem Wochenende damit 19 Punkte auf Gegenspieler Verstappen verloren. Natürlich ist eine WM-Führung mit 27 Zählern immer noch komfortabel, aber sie verhindert nicht, dass Leclerc gewaltig mit sich hadert, nachdem er ungewollt die eigene Party ruiniert hatte: "Da gibt es keine Entschuldigung, es ist eine Schande. Ich habe einen Fehler gemacht, den ich nicht hätte machen dürfen und bin über das Limit hinausgeschossen. Ich hab's echt vermasselt."

Sergio Pérez

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(Foto: Clive Mason/Getty Images)

Doppel-Erfolg für Red Bull Racing auf Ferrari-Terrain, das ist vor allem der Verdienst des Mexikaners. Sergio Pérez ist nicht nur deshalb eine starke Nummer zwei, weil er Zweiter geworden ist im Großen Preis der Emilia-Romagna. Sondern deshalb, da er - wie schon im finalen WM-Drama des vergangenen Jahres gegen Lewis Hamilton - eher uneigennützig der Nummer eins im Team den Rücken freihält. Charles Leclerc ist an ihm verzweifelt, sein Ausrutscher war vielleicht zum Teil ein forced error wie im Tennis, Pérez ist ein grandioser Verteidiger.

Als "ziemlich intensiv" bezeichnet der 32-Jährige das Duell mit dem Ferrari-Piloten, und ähnlich wie Verstappen gesteht er dem Rivalen mit mildem Mitleid zu: "Mit diesen Reifen ist es so leicht, einen Fehler zu machen." Er selbst hat keinen einzigen gemacht, weder beim Start, noch beim Re-Start, noch beim Finish. Pérez ist ähnlich erleichtert wie Verstappen: "Nach dem holprigen Beginn der Saison war es für uns umso wichtiger, dass wir es diesmal nach Hause gebracht haben." Klarer Auswärtssieg, der erste Doppel-Erfolg für das Team seit 2016.

Mercedes

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(Foto: Dan Mullan/Getty Images)

Wenn sich der Teamchef in der Formel 1 nach der Zieldurchfahrt meldet, dann meist zur Gratulation. Toto Wolff, der Österreicher an der Spitze des Mercedes-Teams handelt oft antizyklisch und deshalb auch oft erfolgreich. Im Misserfolg gilt das für ihn auch. "Sorry, Lewis", funkte er an Rekord-Weltmeister Lewis Hamilton, "das Auto, das wir dir gegeben haben, ist unfahrbar." Schon vor seinem 13. Platz beim Europa-Auftakt der Formel 1 hatte der Rekordweltmeister über die Situation im Silberpfeil-Lager schonungslose geurteilt: "Im Moment ist jedes Rennwochenende eine Rettungsaktion."

Die Demütigung, nach zwei Dritteln von Max Verstappen überrundet worden zu sein, passt da ins Bild. George Russell, der Zugang bei den Abo-Champions, rettete mit einem vierten Rang die Firmenehre. Er kommt meist besser klar als sein großer britischer Landsmann. Krach im Team droht deshalb momentan noch nicht. Wolff bleibt pragmatisch: Wenn man sich auf Physik und Wissenschaft gerade nicht verlassen könne, dann müsse mit Leidenschaft und Entschlossenheit dagegengehalten werden.

Sebastian Vettel

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(Foto: Jennifer Lorenzini/Reuters)

Die beiden letzten der im Fahrerfeld der Formel 1 vertretenen Nationen haben jetzt Punkte sammeln können, würde es so etwas wie einen Länder-Medaillenspiegel im Motorsport geben. Sebastian Vettel und Lance Stroll, Leidensgenossen beim Aston-Martin-Rennstall profitierten auf den Rängen acht und zehn von ihrem Glück in der Qualifikation und im Sprint und den zahlreichen Unberechenbarkeiten im vierten WM-Lauf selbst. Aber es ist trotzdem Balsam auf die wunde Seele des Heppenheimers, der zuletzt nur durch enormes Pech in seinem Job auffiel.

"Wir haben unter diesen Bedingungen mehr rausgeholt als die anderen und das Auto dahingestellt, wo es eigentlich nicht hingehört", gibt der 34-Jährige zu. Er weiß auch, warum: "Im Regen gibt es mehr Spielraum, da kann man Gewinner sein." Die Rücktrittsgerüchte zum Saisonende, die in England angesichts des zum Saisonende auslaufenden Vertrags bereits kolportiert werden, scheinen verfrüht. Auch sein Teamchef Mike Krack sieht das in weiter Ferne: "Es wäre dumm, nicht zu versuchen, ihn zu halten, wenn wir ihm ein Auto hinstellen können, das ihn motiviert."

Mick Schumacher

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(Foto: Clive Mason/Getty Images)

Das 25. Rennen seiner Formel-1-Karriere wäre ein prima Anlass gewesen, endlich den ersten WM-Punkt einzufahren. Startplatz zehn mit einem Haas-Ferrari, der momentan immer für die Top Ten taugt, wie es Teamkollege Kevin Magnussen regelmäßig vormacht. Dass Schumacher junior aus seiner bisher besten Ausgangsposition nichts machen kann, wird früh klar. Er gerät nach dem Start ins Getümmel, kollidiert mit Fernando Alonso und fällt auf den 17. Platz zurück. Da bleibt er auch, nachdem er in der späten Phase des Rennens sich einmal spektakulär im Nassen dreht, über eine Wiese rodelt und dafür noch verwarnt wird.

Schumacher ist damit der einzige Fahrer im Feld, der noch nie einen Punkt geholt hat. Dementsprechend ist auch seine Stimmung: "Ein schwieriges Rennen für mich, am Anfang habe ich alles verloren. Es war echt unglücklich, danach ging nix mehr. Wirklich sehr ärgerlich." Passt irgendwie auch zur anderen Entscheidung des Wochenendes: Nachdem Ferrari bis Ende 2024 mit Carlos Sainz jr. verlängert hat, ist dieser Karriereschritt vorerst verbaut.

Carlos Sainz junior

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(Foto: Dan Mullan/Getty Images)

Die Bilanz der Scuderia Ferrari bei einem Rennen, das offiziell noch den stolzen Zusatz "Made in Italy" trägt, kommt mit nur einem Wort aus: "Frustrierend." Firmenchef John Elkann und Teamchef Mattia Binotto hatten nicht umsonst von der (zu hohen) Erwartungshaltung gewarnt. Für Carlos Sainz junior, frisch mit einem Vertrag bis Ende 2024 ausgestattet, hätte es die Wiedergutmachung nach einem harzigen Saisonstart werden soll. Doch vom vierten Startrang aus endete das Vorhaben schon kurz nach dem Start durch eine Kollision mit Daniel Ricciardo im Desaster: Kies, Motor aus, Schluss. "Ziemlich unglücklich und schwer hinzunehmen", bilanziert der 27-Jährige, nachdem zum dritten Mal in dieser Saison etwas schiefgelaufen ist für ihn. Im internen Duell mit Leclerc hat er weiter an Boden verloren. Der einzige Trost ist ein Satz aus dem Zitatenschatz gefrusteter Rennfahrer: "Die Saison ist noch lang."

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Beim Großen Preis der Emilia Romagna gewinnt der Niederländer vor seinem Teamkollegen Sergio Perez. Charles Leclerc geht "übers Limit" und landet im Reifenstapel.

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