Sieben Kurven der Formel 1:Vettel bittet Hamilton: "Lass bloß nicht nach"

Nach dem WM-Triumph des Briten zeigt Vettel eine große Geste. Max Verstappen blafft lieber einen Reporter an. Die Höhepunkte des Formel-1-Wochenendes.

Von Elmar Brümmer, Mexiko-Stadt

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Sebastian Vettel

Formel 1 - Großer Preis von Mexiko

Quelle: dpa

Nach dem vierten vergeblichen Anlauf mit Ferrari beugte sich der Heppenheimer tief hinunter ans Mikrofon und brachte die ganze Enttäuschung in einem einzigen Satz unter: "Es war vielleicht das schwierigste Jahr für mich in der Formel 1." Aber der vierfache Weltmeister zeigte mit seinem unermüdlichen Kampf um die theoretische Chance sportliche Größe und wurde Zweiter, übertrumpft noch von seinen Gesten nach dem drittletzten WM-Rennen, nachdem er jetzt unaufholbare 64 Punkte Rückstand auf Lewis Hamilton hat.

Erst brach Vettel ein Interview ab, um den Champion in den Arm zu nehmen, dann bat er ihn im Zwiegespräch: "Lass bloß nicht nach, damit ich im nächsten Jahr richtig gegen dich kämpfen kann." Anschließend tauchte er in der Mercedes-Box auf, gratulierte den überraschten Ingenieuren dort per Handschlag. Vettel wie für seine Scuderia beginnt der Testlauf für 2019. Eine erste Bilanz, aus persönlicher Sicht: "Dieser Moment ist der absoluter Horror, nachdem ich so viel reingesteckt habe. Auch wenn ich das nicht will, aber es gibt leider Tage, an denen man nicht der Beste ist. Es war der Tag von Max und das Jahr von Lewis." Respekt.

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Lewis Hamilton

F1 Grand Prix of Mexico

Quelle: AFP

Fünf zu vier gegen Sebastian Vettel, in elf Jahren vom Formel-1-Anfänger in die Liga der Größten aufgestiegen. Kein Wunder, wird er nach der Ernennung zum "Sir" gefragt, wo doch Jackie Stewart schon als dreifacher Champion den Ritterschlag bekommen hatte. Hamilton denkt mehr an das Wiedersehen mit seinen beiden Bulldoggen, an die Party nach dem Rennen in Los Angeles, an seinen Herrenausstatter-Kumpel Tommy Hilfiger, und an Michael Schumacher: "Ich werde immer ein Fan von ihm sein, aber ich werde versuchen, ihm nahe zu kommen. Ich bleibe ja noch ein paar Jährchen. Ein Schritt nach dem anderen. Aber ich bin schon stolz mit ihm und Fangio in einem Atemzug genannt zu werden, auch wenn es sich noch ziemlich surreal anfühlt."

Ach ja, die Sache mit dem Adelsstand: "Mir reicht schon, dass ich die Queen ein paarmal getroffen habe." Er denkt in Mexiko, wo er zum zweiten Mal in Serie vorzeitig gekürt wurde, eher an seinen Großvater Davidson Augustine Hamilton, der am Donnerstag gestorben war. Niemand erfuhr davon - bis nach dem Triumph.

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Toto Wolff

Mercedes Executive Director Toto Wolff speaks ahead of the United States Grand Prix in New York City

Quelle: REUTERS

Es gibt keinen abergläubischeren Menschen im Fahrerlager als den Österreicher. "Die Hand am Titel" ist eine Formulierung, die den Österreicher den Zorn ins Gesicht treibt. Der Mercedes-Teamchef war in Mexico City erst bleich vor Stress und später vor Wut. Die Silberpfeile mussten in der dünnen Luft den Motor zurückdrehen, ein großes Kühlungsloch ins Chassis bohren - und kamen erst in der Qualifikation in Schwung, um dann im Rennen bei der Reifennutzung einzubrechen. "Die Dinger sind tot", funkte ein aufgebrachter Hamilton in die Box.

Es ging dann ja noch alles gut, aber Wolff war angesichts von nur noch 55 Punkten Vorsprung in der Konstrukteurs-WM auf Ferrari (bei noch 86 zu vergebenden Zählern) der Nachmittag verdorben: "Noch ist unsere Arbeit nicht erledigt." Er gratulierte bei der Zieldurchfahrt noch nicht mal über Boxenfunk: "Dazu war ich zu aufgebracht." Anschließend ging es gleich zurück in die Rennfabrik nach England. Hamilton nahm er von aller Kritik aus: "Seine Leistung im Rennen war absolut fantastisch. Das hat schon immer zu seinen Stärken gezählt, aber in diesem Jahr war es definitiv einer der Schlüsselfaktoren für seinen Erfolg."

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Max Verstappen

F1 Grand Prix of Mexico

Quelle: AFP

Was für ein Unterschied ein Tag macht: Samstags, nachdem er den Kampf um die Pole-Position an den Teamkollegen Daniel Ricciardo verloren hatte, fuhr der Niederländer mit seinem Red Bull-Renault das Parkschild im parc fermé um, vermutlich vor Wut. Mit 21 wäre er der jüngste Pole-Sitter der Formel-1-Historie gewesen. Als er am Sonntag seinen Vorjahressieg wiederholt hatte, durch ein geschicktes Überholmanöver in der ersten Kurve und eine souveräne Fahrt an der Spitze, hatte er schon wieder Oberwasser: "Ich bin schließlich nicht hier, um Zweiter oder Dritter zu werden."

Seine Leistungssteigerung in der zweiten Saisonhälfte sieht er darin begründet, dass er nur noch auf sich selbst höre und nicht mehr auf das, was über ihn gesagt werde. Einem niederländischen Reporter, der erfahren wollte, warum der vom Fahrer so häufig kritisierte Renault-Motor sonntags so viel besser war als Samstag, blaffte er an: "Woher willst Du das wissen?" - "Ich frage ja nur." - "Nein, war er nicht." Einfach, ihn zu mögen, macht es der fünffache Grand-Prix-Sieger niemand."

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Daniel Ricciardo

F1 Grand Prix of Mexico

Quelle: AFP

Das genaue Gegenstück von Max Verstappen ist sein Noch-Teamkollege aus Australien. Der beliebteste Mann im Fahrerlager wurde für seine Pole-Position, die aus dem Nichts gekommen war, frenetisch gefeiert. Red Bull Racing gilt als das einzige Team, das sich in das ewige Duell Mercedes gegen Ferrari einmischen kann, die Hochform von Mexiko war der Beweis. Ricciardo verlor nicht nur schnell seinen ersten Startplatz, sondern neun Runden vor Schluss auch jeglichen Hydraulik-Druck - er hätte dem rasenden Getränkehandel einen Doppelerfolg bescheren können.

Zum achten Mal in dieser Saison musste Ricciardo vorzeitig die Segel streichen. "Frustrierend ist nicht mehr das richtige Wort", sagt der desillusionierte Pilot, "es ist alles hoffnungslos. Ich glaube, das Auto ist verflucht. Am besten sollten sie gleich meinen Nachfolger Pierre Gasly reinsetzen." Kommende Saison fährt der 29-Jährige übrigens für das Renault-Werksteam.

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Tatiana Calderon

Tatiana Calderon

Quelle: AP

Sieht so die Emanzipation im Motorsport aus? Erst die Ankündigung einer reinen Frauen-Formel, deren Wirkung zunächst in der Kritik durch die bereits etablierten Rennfahrerinnen verpuffte, jetzt der erste Einsatz der Ersatzfahrerin des Sauber-Rennstalls in einem aktuellen Formel-1-Rennwagen. Die Kolumbianerin Tatiana Calderon (Archivfoto) wird morgen im Autodromo Hermanos Rodriguez bis zu 100 Kilometer absolvieren, allerdings nur zu Promotion-Zwecken. Auch der Selbst-Promotion: Damit wird die 25-Jährige, die seit zwei Jahren bei den Schweizern über die Schultern gucken darf, und in der GP3-Serie mit mäßigem Erfolg fährt, die erste lateinamerikanische Pilotin in einem Formel-1-Boliden sein.

Das Auto mit dem Ferrari-Triebwerk kennt sie schon ganz gut, sie übernimmt einen Großteil der Fahrzeugentwicklung, diese allerdings nur im Rennsimulator. Teamchef Frederic Vasseur lobt Calderons "Hingabe, starke Arbeitsmoral und den Enthusiasmus für den Motorsport". Zu verdanken ist die Probefahrt allerdings vor allem einem lateinamerikanischen Sponsor des Teams.

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Mexiko

Formel 1 - Großer Preis von Mexiko - Training

Quelle: dpa

Lewis Hamilton ist so ehrlich wie alle anderen Formel-1-Piloten: Er liebt die Freundlichkeit der Mexikaner und den Enthusiasmus der Menschen, wo sonst versammeln sich jedes Jahr 135.000 Zuschauer in einem Rennstadion? Aber die Strecke, die flach, rutschig, langweilig und überholunfreundlich ist, zählt nicht zu seinen Lieblingen. Der PS-Fiesta tat das keinen Abbruch, und das sonst häufig kalte Fahrerlager war durch Palmen, Kakteen und Taco-Stände sowie einen Barbier mit richtig Leben angefüllt, Mariachi-Kapellen übertrafen in ihrer Intensität sogar den niederländischen Star-DJ Armin van Buuren. Die Mexikaner haben noch ein Jahr lang Vertragsdauer, aber die Verlängerung dürfte nur Formsache sein, wenn es nach dem generellen Unterhaltungsfaktor geht.

Sergio Perez, der einzige Latino im Formel-1-Fahrerfeld wird auch in der kommenden Saison an den Start gehen, vielleicht kommt sogar noch sein Landsmann Esteban Gutierrez wieder unter. Das Heimspiel für "Checo" ging allerdings gründlich schief, nach 38 der 71 Runden versagten die Bremsen - nachdem er sich auf Rang sieben vorgearbeitet hatte: "Es tut mir leid für die Fans. Aber sie machen mich auch stolz." Curacon!

© SZ.de/ebc
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