Formel 1:Gentleman in Rot

Mit fast schon schamlos viel Charme bestreitet der frühere Formel-1-Weltmeister Fernando Alonso seinen ersten offiziellen Auftritt als Ferrari-Pilot.

René Hofmann

Mit Fernando Alonso ist es immer dasselbe. Als der Spanier 2007 nach zwei WM-Titeln mit Renault die französische Equipe verließ und zum britischen McLaren-Team wechselte, gab es in Valencia eine tolle Show, um den neuen Fahrer zu präsentieren. Als es dunkel wurde, ließ Alonso seinen Silberpfeil über die beleuchteten Straßen der Stadt fliegen, Artisten des Cirque du Soleil tanzten und am Ende griff Fernando Alonso zum Mikrofon und sagte einen vielsagenden Satz zu den vielen geladenen Gästen: "Willkommen bei meinem neuen Team!"

Formel 1: Der 28-jährige Fernando Alonso fühlt sich schon jetzt so wohl bei Ferrari, dass er verspricht, bei den Italienern seine Formel 1-Karriere zu beenden.

Der 28-jährige Fernando Alonso fühlt sich schon jetzt so wohl bei Ferrari, dass er verspricht, bei den Italienern seine Formel 1-Karriere zu beenden.

(Foto: Foto: Reuters)

Der Satz kam bei Teamchef Ron Dennis nicht so gut an. Aber er bündelte die Stimmung: Fernando Alonso war als Führungskraft engagiert worden, als Nummer-eins-Fahrer, als Pol, an dem sich die ganze, große, stolze Mannschaft ausrichten sollte. Nur ein Jahr später wurde die Ehe im Unfrieden geschieden. Alonso und sein junger Teamkollege Lewis Hamilton hatten gestritten, sich gegenseitig blockiert und Punkte geraubt. So hatte Kimi Räikkönen im letzten Saisonrennen den Titel für Ferrari gewinnen können.

Schwur auf ewige Treue

Die Geschichte liegt nun schon drei Jahre zurück. Aber sie ist immer noch aktuell. Dieser Tage tritt Alonso wieder einmal bei einem neuen Team an. Am Donnerstag absolvierte er bei der obligatorischen Ferrari-Skifreizeit in den italienischen Alpen seinen ersten Auftritt in Rot.

Es war ein überzeugender Auftritt, durchdrungen von fast schon schamlos viel Charme. "La famiglia", "passione", "Fiorano" - alle Vokabeln, die sie in der traditionsreichen Rennwagen-Firma in Maranello gerne hören, perlten Fernando Alonso in perfektem Italienisch von den Lippen. Er kennt die Rennställe von Minardi, Renault und McLaren. Eines aber sei ihm bei Ferrari sofort aufgefallen: "In der Kantine wird an jedem Tisch über Motorsport gesprochen. Das sind alles Renn-Fans. Das ist nirgendwo sonst so", sagt Alonso.

Wenn ein Formel-1-Fahrer das Team wechselt, geht es oft zu wie im Wahlkampf: Dann muss er möglichst schnell möglichst viele Menschen hinter sich bringen. Alonso ist ein geschickter Politiker. "Ich habe immer davon geträumt, einen Ferrari fahren zu dürfen. Jetzt darf ich sogar einen Formel-1-Ferrari fahren", sagt er. Der Rennstall sei so außergewöhnlich, dass es danach keine Steigerung mehr geben könne. "Ich werde meine Karriere hier beenden, zu hundert Prozent", verspricht der 28 Jahre alte Alonso.

Derlei Treueschwüre kommen an bei der Fangemeinde. Mit den italienischen Farben Grün, Weiß und Rot hat der Asturier kein Problem. Im Gegenteil. Er wünscht sich sogar, dass die Meetings mit den Ingenieuren in Italienisch abgehalten werden.

Dass er als schwierig gilt? Dass er für Renault einst gegen Ferrari kämpfte? Dass sich schon viele Kontroversen um ihn entsponnen? Dass er 2008 in Singapur ein Rennen gewann, weil sein Teamkollege Nelsinho Piquet auf Geheiß von Renault-Anführer Flavio Briatore in die Mauer fuhr? Dass Briatore sein Manager war und er auch heute noch ein äußerst inniges Verhältnis zu dem äußerst zwielichtigen Briatore pflegt?

Alles Vergangenheit, Zuspitzungen, die von einer Minderheit kommen. So sieht Fernando Alonso das. Wie er sich selbst sieht? "Als zweimaligen Weltmeister, der immer alles gibt und alles von seinem Team fordert", sagt Alonso. Er habe noch nie einen Nummer-eins-Status verlangt. "Aber ich will ganz sicher nicht die Nummer zwei sein", sagt er. Es ist eine ziemlich nachdrückliche Regierungserklärung.

Der Letzte, der ähnlich überzeugend in Rot auftrat, war ein Deutscher, der mit der Scuderia fünf Titel in Serie gewann: Michael Schumacher. Wie weit seine Erfolge reichten, ist selbst in Madonna di Campiglio vielerorts zu sehen. Schumacher ist eine Piste gewidmet, der steilste Hang trägt seinen Namen. An der Seilbahn hängt auch eine rote Gondel, die seine Unterschrift ziert. Es fehlt nicht viel und sie hätten ihm auch noch ein Denkmal gebaut. San Michele - so wurde Schumacher zuletzt bei den Roten verehrt.

Ansporn durch Schumacher

In diesem Jahr aber fällt sein Name nur noch selten. Der Pressesprecher nennt ihn nur noch "euer Fahrer", wenn er mit deutschen Journalisten redet. Schumacher trägt jetzt den Mercedes-Stern auf seinem roten Helm. In dieser Woche fuhr er ihn in Jerez in einem Rennwagen der Nachwuchsserie GP2 spazieren. "Das zu sehen, tut schon weh", gibt Ferrari-Teamchef Stefano Domenicali zu.

Den einst großen Freund nun als großen Rivalen zu haben, sei "ein zusätzlicher Ansporn für uns zu zeigen, dass wir das beste Team sind", sagt Domenicali. Das klingt eher nach Revanche-Gelüsten denn nach einem gelassenen Gegeneinander. Denn Domenicali sagt auch: "Fernando hat alles, um Michael schlagen zu können."

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