Formel 1: Flavio Briatore:Lebenslänglich für den Strippenzieher

Manager, Playboy, Lebemann: Die Formel-1-Karriere von Renault-Teamchef Flavio Briatore war voller Widersprüche und Höhenflüge, bis er sich selbst aus dem Rennen nahm.

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Die "Singapur-Affäre" um den inszenierten Unfall von Nelson Piquet Jr. zog einen vorzeitigen Schlussstrich unter die Formel-1-Karriere des Italieners Flavio Briatore . Er wurde für "unbegrenzte Zeit" aus allen Fia-Rennserien verbannt und darf auch keinen Fahrer mehr managen. Ex-Chefingenieur Pat Symonds wurde für fünf Jahre gesperrt, der Rennstall Renault für zwei Jahre auf Bewährung.

Zwei Jahrzehnte lang zog der heute 59-jährige Italiener als Macher die Fäden im Hintergrund seiner Rennställe und galt als zweitwichtigster Mann in der Formel 1 neben Bernie Ecclestone. Mit seinen Teams stand Briatore oft an vorderster Stelle, insgesamt vier Mal gewann das von ihm als Manager betreute Team den Weltmeistertitel (1994, 1995, 2005, 2006) und drei Mal die Konstrukteurswertung (1995, 2005, 2006). Bekannter wurde Briatore aber durch sein schillerndes Leben in der Öffentlichkeit, das geprägt war durch Luxus, Extravaganz und Selbstherrlichkeit. "Im Leben ist alles zu kaufen, es kommt nur auf den richtigen Preis an", nannte der Italiener einst sein Lebensmotto, nicht ohne zu ergänzen: "Ich habe, was mir zusteht."

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Briatores Laufbahn als Funktionär begann einst beim Rennstall Benetton. Zuvor machte er sich als Börsenspekulant und Pokerspieler einen Namen. Für Benetton war er bereits als Geschäftsmann im Unternehmen tätig und eröffnete in Nordamerika rund 650 Läden. Firmen-Boss Luciano Benetton zeigte sich derart begeistert von Briatores Raffinesse und aggressivem Durchsetzungsvermögen, dass er ihm schließlich die Verantwortung für seinen Formel-1-Rennstall übertrug. "Er ist ein Rüpel, aber trotzdem sehr sympathisch", sagt der Grandseigneur über Briatore, als er ihn 1989 zum Boss seines Formel-1-Teams machte.

Hier sitzt der Italiener Anfang 1995 während der Präsentation des neuen Formel-1-Rennwagens von Benetton zwischen seinen beiden Fahrern, dem Franzosen Jean Alesi (li.) und dem Österreicher Gerhard Berger, vor dem antiken Amphitheater von Taormina. Sportlich hatte Briatore von der Formel 1 wenig Ahnung, sein wirtschaftliches Geschick galt aber als unbestritten. Fahrer Gerhard Berger (re.) charakterisierte seinen Manager deshalb einst mit den Worten "Er lebt nur von seiner Vermarktung, vorrangig seiner eigenen." Ein Lenkrad könne er hingegen kaum von einem Wagenrad unterscheiden.

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Fehlende Erfahrung glich der Italiener mit seinem Gespür fürs Geschäft aus. Im Herbst 1991 holte er den unbekannten und talentierten Michael Schumacher (re.) ins Team - und verwandelte den eher mittelmäßigen Rennstall innerhalb weniger Jahre in ein Topteam.

Sowohl 1994 als auch 1995 wurde Schumacher Weltmeister, im Jahr der Titelverteidigung gelang zudem der einzige Konstrukteurstitel der Teamgeschichte. Schon bald tauchten aber erste Anschuldigungen auf, Briatore seien alle Mittel recht, um Erfolg zu haben. Vorwürfe zielten etwa auf angeblich manipulierte Tankanlagen oder den Einbau verbotener elektronischer Bauteile.

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Dennoch wandte sich Schumacher von Briatore ab, wodurch dessen Karriere einen kleinen Knacks erhielt. Hier freut sich der Manager noch über den Sieg des Österreichers Gerhard Berger (li.), der 1997 den Grand Prix auf dem Hockenheimring gewann. Schon bald blieben die Erfolge ohne Superstar Schumacher aus, der einst zusammen mit Entdecker Briatore für den rasanten Aufstieg bei Benetton sorgte. Fortan fuhr Schumacher für Ferrari und setzte seine Siegesserie dort fort. Briatore musste seinen Rennstall hingegen wegen angeblicher finanzieller Unregelmäßigkeiten verlassen.

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Grundlage seines geschickten und erfolgreichen Wirtschaftens in der Formel 1 war stets auch Briatores Einfluss im Renngeschäft. Nicht umsonst galt er als einer der engsten Vertrauten von Formel-1-Mogul Bernie Ecclestone. Auf diesem Bild sieht man beide zusammen als Zuschauer eines alpinen Skirennens im Januar 1997 in Kitzbühel. Es ist ein Bild aus besseren Zeiten, in denen beide noch Freunde waren - zwölf Jahre später sollte sich das ändern.

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Nach drei Jahren Auszeit, in denen er mit diversen Geschäften zu Geld kam, stieg Briatore schließlich im Jahr 2000 wieder bei Renault ein. Es dauerte nicht lange, bis sich auch die Erfolge wieder einstellten und Fernando Alonso beim Großen Preis von Ungarn im August 2003 den ersten Grand-Prix-Sieg für Renault unter eigenem Namen holte. Neben dem vierten Platz in der Konstrukteurswertung zwei Jahre zuvor sorgte Briatore aber für mehr Aufsehen mit dem Publikwerden der Privatverträge, die er mit den Fahrern Jarno Trulli, Giancarlo Fisichella und Jenson Button abschloss und sie damit zu "Leibeigenen" machte, wie es in der Rennfahrerbranche hieß. Briatore, der sich nach und nach den Beinamen "Pate der Formel 1" (Sport Bild) verdiente, versammelte nunmehr 400 Mitarbeiter um sich und verfügte über einen Jahresetat von mehr als 200 Millionen Euro.

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Auch privat stieg Briatore in andere Sphären auf, was sich vor allem anhand seiner Liebesbeziehungen ablesen lässt. "Ich wechsle die Frauen immer schnell, weil ich keine Zeit zu verlieren habe", sagte er einmal. Zunächst sah man Topmodel Naomi Cambell (Foto) an seiner Seite, die der nunmehr als Womanizer geltende Italiener aber schon bald wieder abservierte und die kolportierten Hochzeitsgerüchte zerstreute. Grund sei angeblich gewesen, dass das Supermodel ihm auf die Nerven ging. Seinem Playboy-Image alle Ehre machte Briatore schließlich auch mit der Betreibung des "Billionaire Clubs", einer exklusiven Diskothek für Superrreiche.

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Die Nächste auf seiner Liste war das deutsche Supermodel Heidi Klum. Frauen stünden vor allem auf seine Verruchtheit, aber auch auf sein Geld, hieß es von den zahlreichen Affären und Liaisons des Lebemanns. Die pflegte er offenbar auch während der Beziehung zu Heidi weiterhin, denn ständig tauchten Gerüchte und Fotos von Briatore und seinen angeblichen Liebschaften auf. Die Trennung stellte Briatore bisweilen negativ in der Öffentlichkeit dar, zumal Klum schwanger wurde und die Beziehung, zumindest öffentlich, noch während der Schwangerschaft zerbrach. "Wir haben beide unsere Welt", sagte Klum einst in einem Interview - und stellte damit insgeheim klar, dass sie die treibende Kraft der Trennung war. Zudem zweifelte Briatore stets die Vaterschaft des Kindes an.

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Im Juni 2008 heiratete Briatore schließlich die 30 Jahre jüngere Italienerin Elisabetta Gregoraci, mit der er bereits seit 2006 liiert war und die wie so oft sein Frauenideal widerspiegelt: groß, dünn, vollbusig - und möglichst populär. Hier sieht man die beiden in der Kirche von Santo Spirito di Sassia während der Hochzeitszeremonie am 14. Juni 2008 in Rom. Ein Tumor in der linken Niere zwang den Bonvivant im selben Jahr zu einer Umstellung seiner Lebensgewohnheiten, die in der Umsetzung allerdings zweifelhaft schienen. Denn gleichzeitig trumpfte der Italiener immer noch selbstsicher mit Sprüchen auf wie: "Wenn ich schon sterben müsste, dann in einem Nachtklub".

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Reichtum ist ein zentrales Element im Leben des Italieners und so verhalfen ihm sein Geschäftssinn und seine langjährigen Engagements in der Formel 1 etwa zu dieser dreistöckigen Riesenyacht Force Blue, der die besagte Diskothek "Billionaire Club" beherbergt. Angeblich soll auch Silvio Berlusconi zu den Gästen der Yacht zählen, die in Porto Cervo an der Costa Smeralda vor Sardinien liegt. Wie groß das Vermögen des Italieners ist, lässt sich wohl auch an dem Kauf des englischen Traditions-Fußballclubs Queens Park Rangers vor zwei Jahren bemessen, den er gemeinsam mit Formel-1-Legende Bernie Ecclestone besitzt und saniert hat. Neben weiteren Diskotheken ist Briatore auch an einem pharmazeutischen Unternehmen und der Entwicklung einer Luxusmarke für Sportbekleidung beteiligt.

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So genoss Briatore sein Leben, bis er mit seinen Fahrern Nelson Piquet Jr. und Fernando Alonso (rechts) für einen der größten Skandale der Motorsport-Geschichte sorgte. Beim Singapur-Rennen 2008 lag Alonso nach dem Qualifying weit zurück, doch mit einem üblen Trick gewann der Spanier ...

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... noch das Rennen: Briatore ließ seinen Spitzenfahrer früh tanken, und als Alonso nach dem Boxenstopp auf die Strecke zurückkehrte, fuhr sein Teamkollege Piquet Junior an einer besonders heiklen Stelle in die Mauer, um so eine Safety-Car-Phase zu provozieren. Weil alle anderen Piloten außer Alonso ...

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... noch an die Box mussten, zog der Weltmeister von 2007 an allen Kontrahenten vorbei und gewann unter dem Jubel von Briatore dieses Rennen in Singapur. Von Anfang gab es um diese Situation Verschwörungstheorien, doch erst im Jahr 2009 wurden diese konkret.

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Weil Briatore Piquet Jr. aus dem Team warf, ging der brasilianische Fahrer mit seinen brisanten Informationen zum Motorsport-Weltverband Fia. In den Dokumenten sagte er aus, Briatore und Chefingenieur Pat Symonds hätten ihn gefragt, ob er bereit sei, sein Rennen fürs Team zu opfern.

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Zunächst wehrte sich Briatore gegen diese Aussagen. Er reichte sogar gegen Piquet und dessen Vater, den früheren Rennfahrer Nelson Piquet Senior, Klage ein. Doch schon bald darauf war seine Verteidigungsstrategie nicht mehr zu halten und Briatore trat zurück.

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Nun hat das World Council der Fia entschieden, dass auf diesen Rücktritt nie mehr ein Comeback folgen kann. Am Montag entschied es nach 90-minütiger Anhörung und anschließender etwa dreistündiger Beratung im Fia-Hauptquartier in Paris, den Italiener lebenslänglich zu sperren. Er darf auch nicht mehr als Manager für Formel-1-Fahrer tätig sein. Renault erhielt eine zweijährige Sperre auf Bewährung.

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