Das rote Auto war kaum ausgerollt in der 28. Runde, da nehmen die Verschwörungstheorien Fahrt auf: Sebastian Vettel von Ferrari erst von der Spitze und dann aus dem Rennen gedrängt. Wahlweise auch: Vettel stellt sein Auto absichtlich ab und provoziert eine Safety-Car-Phase, die dem Kollegen den Sieg kosten wird. Wie gut, dass der Heppenheimer sich nichts aus sozialen Medien macht. Aber die Gefährlichkeit von fake news, die kennt er. Dem Antriebsstrang seines SF 90 H fehlten plötzlich 163 PS, da machte weiterfahren wenig Sinn. Daher die Anweisung: "Dreh sofort den Schalter ab." Aus Sorge, dass das Auto unter Strom stand, hüpfte der Fahrer auch aus dem Wagen, nicht ohne vorher zu fluchen, dass er sich die alten Zwölfzylinder-Motoren wieder zurück wünscht. Das Bild vom Mann, der geladen ist, es passte wunderbar.
Vettel brauchte ein Weilchen, eine Dusche, ein Gespräch mit dem alten Kumpel Bernie Ecclestone und eine dunkle Sonnenbrille, bis er öffentlich bilanzieren konnte, was ihn ärgerte, was ihn umtreibt. Aus dem Triumph von Singapur ist das Desaster von Sotschi geworden. Vettel verweigerte nach seinem Raketenstart im Windschatten von Kollege Leclerc später den vereinbarten Rücktausch des Spitzenplatzes: Weil er davongefahren ist, weil er ein Siegertyp ist, weil er so lange drauf gewartet hat, weil er es nicht einsieht. Was die Befehlsverweigerung angeht, sah der 32-Jährige sich im Recht: "Ich denke, ich habe meinen Teil der Absprache eigentlich eingehalten. Es war alles klar. Ich habe die Order nicht verstanden, einfach nur versucht mein Rennen zu fahren. Ich will das aber lieber intern regeln."