Formel 1:Ein Zeigefinger gegen 24 Gasfüße

Hamilton, Alonso, Montoya: Rennfahrer und Verkehrsregeln - da prallen Extreme aufeinander. Eine Benimmfibel soll sie nun bremsen.

René Hoffmann

Als Werbegag wäre die Aktion ein Erfolg gewesen: minimaler Aufwand, ziemlich viel Wirbel. Seit Formel-1- Fahrer Lewis Hamilton vorvergangene Woche in Melbourne die Reifen seines Autos unmittelbar neben einer Polizeistreife durchdrehen ließ und die Beamten Mann und Wagen festsetzten, wissen fachkundige Beobachter, welches Gefährt der bisher jüngste Weltmeister privat bewegt: ein schnelles der deutschen Marke, die sich mit einem Stern ziert.

Das Tempolimit von 100 km/h, das im Bundesstaat Victoria gilt, ist schnell erreicht, wenn man die Kraft von 500 Pferden unter der Haube hat, das hat auch Ferrari-Fahrer Fernando Alonso erlebt. Vom Spanier kursiert ein Filmchen im Internet, das ihn beim fröhlichen Temposündigen zeigt. Was er dazu sagt? "Das Internet ist manchmal eine sehr schlechte Sache."

Formel-1-Fahrer und Verkehrsregeln - da prallen Extreme aufeinander. Wer bei seinem Sport stets ans Maximum getrieben wird, hat offenbar Mühe, Limits zu akzeptieren. Der Kolumbianer Juan Pablo Montoya wurde einst auf einer Autobahn mit 238 km/h erwischt, auf der 130 erlaubt waren. Kimi Räikkönen fiel in Finnland einmal mit einem Anhänger im Schlepp auf, obwohl ihm dafür der Führerschein fehlte. Weil sich die Strafzettel in dem Land nach dem Einkommen richten, war das ein teurer Spaß.

Mit derlei Verfehlungen soll jetzt Schluss sein. Jean Todt, der neue Präsident des Automobilweltverbandes, der auch die Formel 1 dirigiert, hat die Aktion "Make roads safe" gestartet. Und zu sicheren Straßen gehört offenbar, die Helden der Rennstrecke dort in Fesseln zu schlagen.

Todt plant eine Benimm-Fibel für Rennfahrer, in der steht, was sich gehört. Vor allem aber: was sich nicht gehört. In der Szene hat das für Kopfschütteln gesorgt. Ein erhobener Zeigefinger gegen 24 Gasfüße - auf den ersten Blick ist klar, wie diese Machtprobe ausgeht.

Aber den 64-Jährigen sollte niemand unterschätzen. Todt hegt Ambitionen in seinem Amt, und er hat ein sehr persönliches Motiv, den Rowdys ihre Flausen auszutreiben. In den Neunzigern war er Teamchef bei Ferrari, und kaum war er das geworden, hatten die von ihm eingestellten Piloten Jean Alesi und Gerhard Berger seinen privaten Lancia, den sie sich ungefragt geliehen hatten, auf dem kurzen Weg zwischen der Fabrik und der Teststrecke zerstört.

Alessi hatte etwas zu viel Gas geben, Berger gleichzeitig ein bisschen zu stark an der Handbremse gezogen. Daraufhin überschlug sich das Auto. So schnell kann's gehen.

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