Formel 1:Ein Draufgänger gibt Gas

F1 Grand Prix of Japan - Practice

Draufgänger Max Verstappen (20) blickt in die Zukunft. Beim Grand Prix in Suzuka hat er Chancen auf den Sieg.

(Foto: Getty Images)
  • Der Formel-1-Grand-Prix in Japan verspricht viel Unterhaltung. Auch, weil Red Bull wieder konkurrenzfähig ist.
  • Für Malaysia-Sieger Max Verstappen ist der Kurs in Suzuka ideal zugeschnitten.
  • Die weitere Zukunft des 20-Jährigen ist unklar. Ein Gerücht über ein Anstellungsverhältnis bei Mercedes ab 2019 macht im Fahrerlager die Runde.

Von Philipp Schneider, Suzuka

In Japan ist alles anders, das ahnt man natürlich. In der Tat aber stimmt es. Das lässt sich schön erleben beim alljährlichen Rennen, das die Formel 1 in Suzuka veranstaltet. Wer beispielsweise auf die Idee kommt, an einem Donnerstagmorgen aus der Stadt mit dem Zug hinauszufahren an den 1962 vom Holländer John Hugenholtz entworfenen Kurs, der ursprünglich nur eine Teststrecke für den Honda-Konzern sein sollte und vermutlich deshalb zusammen mit dem um ihn herum errichteten Vergnügungspark inmitten von Reisfeldern zu versinken droht -, der findet sich also wieder in einer Bimmelbahn mit nur einem Waggon, in der außer ihm nur Schulkinder sitzen.

Die Bimmelbahn wird gesteuert von einem freundlichen, stets lächelnden Japaner im Rentenalter. Wenn die Bimmelbahn hält und ein paar Kinder an den Bahnsteigen von Tokuda, Nakaseko und Ise-Ueno aussteigen (der Weg bis zur Rennstrecke ist offenbar gepflastert mit Schulen), dann dauert der Halt oft etwas länger, weil der Fahrer gleichzeitig auch der Ticketkontrolleur ist und vor dem Aussteigen jeden einzelnen Fahrschein überprüfen möchte. Und er sieht ja nicht mehr so gut.

Der richtige Platz für einen Draufgänger

Wer irgendwann doch noch ankommt, merkt allerdings, dass diese wie entschleunigt wirkende Idylle in Japan eine trügerische ist. Der Kurs von Suzuka ist trotz seiner Vielzahl von Kurven seit dem Jahr 1987 eine der teuflischsten Hochgeschwindigkeitsstrecken der Formel 1. Und sie ist der richtige Platz für einen Draufgänger wie Max Verstappen, der in dieser bislang enttäuschenden Saison nach seinem Rennsieg in Malaysia, dem zweiten in seiner Karriere, endlich in Schwung zu geraten scheint. Das gilt für Verstappen - und sein Team von Red Bull, das ja eigentlich als Titelkandidat in die Saison gestartet war.

Das vor der Saison eingeführte neue Reglement schien wie geschaffen zu sein für Technikchef Adrian Newey, jenen 58-jährigen Grübler aus Stratford-upon-Avon, der zuvor auf jede Reform die richtige Antwort gefunden hatte: 1993 bei Williams, 1998 bei McLaren und 2009 bei Red Bull. Der Ingenieur, der auch die Basis für Sebastian Vettels vier Weltmeistertitel schuf, hatte stets ein überlegenes aerodynamisches Paket entworfen. Bis zu diesem Jahr, da hat er ein wenig Anlauf benötigt. Da musste Newey ein bisschen nachbessern.

Ein Gerücht über Verstappen und Mercedes

"Wir haben in den letzten Rennen massive Fortschritte gemacht", erzählt Verstappen nun in Suzuka: "Es stören mich noch immer einige Sachen, aber jetzt geht es immerhin mal in die richtige Richtung. Nächstes Jahr sollten wir wettbewerbsfähiger sein." Bei Verstappen klingen Aussagen über eine mögliche Zukunft bei Red Bull immer ein bisschen wie eine Drohung. Weil er erst 20 Jahre alt ist. Weil sein Vertrag, mit der Option auf Verlängerung um ein Jahr, Ende 2018 endet. Und weil er der nach Lewis Hamilton und Sebastian Vettel begehrteste Fahrer im Feld ist, seit er im Vorjahr mit 18 Jahren als jüngster Grand-Prix-Sieger der Geschichte in Barcelona über die Ziellinie gerollt war.

In Malaysia hat Verstappen zuletzt erneut sein großes Talent bewiesen: In der dritten Runde erfuhr er über Funk, dass der vor ihm fahrende Hamilton noch eine Runde benötigen würde, um die Batterie seines Hybrid-Antriebs zu laden und er deshalb nicht mit voller Kraft rollen konnte. Diese Info wiederum hatte Hamilton über Funk von seinem Team erfahren, dem auch Red Bull lauschte. Aha, dachte Verstappen, eine Runde habe ich Zeit. Und, schwups, war er vorbei an Hamilton. Schon jetzt machen im Fahrerlager Geschichten die Runde, Verstappen sei sich so gut wie einig mit Mercedes über ein Anstellungsverhältnis ab 2019.

"Wir werden schneller und schneller"

Den garantiert vorhandenen Abwerbungsfantasien der Stuttgarter hält der Getränkekonzern jedenfalls etwas Propaganda entgegen. "Mit Blick auf das Chassis sind wir wieder die Besten", sagt Helmut Marko, der Berater der Motorsportabteilung - riskiert dabei wohl bewusst keinen Blick auf die Leistung des bei Red Bull verbauten, derzeit unterlegenen Renault-Motors. "Wir werden schneller und schneller." Es sei sogar so: "Unser Auto ist in allen Kurven - den langsamen wie den schnellen - überlegen. Die Traktion, der Abtrieb, das passt alles", sagt Marko.

Das klingt natürlich richtig klasse und verspricht große Unterhaltung, wenn am Sonntag (7 Uhr MEZ, im SZ-Liveticker) das fünftletzte Rennen dieser ohnehin überaus spannenden Saison veranstaltet wird und schon wieder drei Teams um den Sieg fahren, nicht länger nur Mercedes und Ferrari.

"Es ist ein völlig anderes Auto als das, was ich im ersten Rennen in Melbourne gefahren bin. Es ist ausbalanciert, zu Beginn war es unberechenbar", sagt Verstappen und klingt dabei tatsächlich ein bisschen begeistert. Eine Erklärung hat er auch für den Formanstieg seines Autos: "Adrian ist sehr beschäftigt in dem Raum, in dem er zeichnet." Newey sei inzwischen voll involviert, "also sollte es nächstes Jahr besser sein". Dass es übernächstes Jahr noch besser laufen könnte, führe er nicht länger für Red Bull, das sagte Verstappen natürlich nicht.

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