Die beste Vorbildung, um fast fünf Jahrzehnte lang die Formel 1 zu beherrschen, war der Gebrauchtwagenhandel. Nur wollte der Laden Mitte der Sechziger anfänglich nicht so richtig laufen im Londoner Vorort, in dem Bernie Ecclestone als Verkäufer anfing. Jedenfalls so lange nicht, bis er über einen limettengrünen Lamborghini Miura mit einem gewissen Justin de Villeneuve ins Geschäft kam. Der gelernte Friseur hatte kurz zuvor das Management seiner Freundin übernommen – und diese als Twiggy zum ersten Supermodel der Geschichte gemacht. Als sich die Prominenz des Lambos herumgesprochen hatte, pilgerten viele Hauptstädter in den Showroom von Ecclestone, um für ein wenig mehr Geld ihr Geltungsbedürfnis zu befriedigen.
Der Autohändler Ecclestone, damals auch Manager des Formel-1-Piloten Jochen Rindt, übernahm wenig später den Brabham-Rennstall und erfand kurz darauf die Gesamtvermarktung der Königsklasse. Daraus wurde ein Milliardengeschäft, auch für ihn persönlich, bis er 2017 entmachtet wurde. Bis dahin hatte Ecclestone auf Handschlag-Geschäfte gesetzt, ganz so, wie es ihn Enzo Ferrari gelehrt hatte: „An der Oberfläche treiben wir Sport, aber unter dem Tisch werden die Geschäfte gemacht.“

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Im Fahrerlager wird er seither selten gesehen, der 94-Jährige genießt das Leben mit seiner 46 Jahre jüngeren Gattin Fabiana und dem vierjährigen Sohn Ace in seinem Chalet in Gstaad oder auf der Farm bei Sao Paulo. Wie reich er durch die Formel 1 wirklich geworden ist, lässt sich nur erahnen. Seine ehemalige Gattin Slavica bekam im Jahr 2009 bei der Scheidung jedenfalls eine knappe Milliarde Euro zugesprochen. Forbes taxiert sein Gesamtvermögen trotzdem auf rund 2,3 Milliarden Euro. Es kann also nicht ums Geld gehen, wenn er jetzt seine private Rennwagensammlung auf den Markt bringt.
Ecclestone weiß wohl, was seine rollende Motorsportgeschichte wert ist
Sie umfasst 69 automobile Pretiosen, so etwas ist noch nie auf den Markt gekommen. Schon in den Siebzigern hatte Ecclestone begonnen, legendäre Rennwagen zu kaufen. Darunter besonders viele Ferrari-Boliden: Siegerautos von Michael Schumacher, Niki Lauda, Alberto Ascari oder Mike Hawthorn, aber auch legendäre Vorkriegsautos von Auto Union, Bugatti und Mercedes. Der geschätzte Wert liegt bei 362 Millionen Euro.
Nicht, dass der Brite plötzlich in Geldnöte geraten wäre, seine letzte Steuernachzahlung belief sich Ende 2023 auf 756 Millionen Euro. Es ist die pure Fürsorge. Laut Daily Mail möchte er seine Angelegenheiten regeln, damit nach seinem Ableben („Die Hochzeit meines Sohnes werde ich sicher nicht mehr erleben“) die Witwe nicht noch die alten Autos am Hals hat. Endlich mal die Garage aufzuräumen, das scheint auch in Milliardärs-Haushalten ein beliebtes Thema zu sein.
Vielleicht aus alter Sympathie zum gelernten Beruf kümmert sich Bernie Ecclestone nicht selbst darum, sondern lässt einen Händler das Geschäft abwickeln. Tom Hartley Junior hat schon mit elf Jahren im väterlichen Autohaus in Mittelengland mitgemischt, gilt als erste Adresse für historische Sportwagen und wirbt mit einem noblen Versprechen: „Der Automobilmarkt ist eine komplexe Welt, in der eine fachkundige, führende Hand manchmal von Nutzen ist.“ Versteigern lassen, wie es mit Michael Schumachers letztem Ferrari (Anfangsgebot 14 Millionen Euro) geschehen war, will Sammler Ecclestone die Devotionalien nicht.
Bernie Ecclestone weiß wohl, was seine rollende Motorsportgeschichte wert ist: „Meine Leidenschaft galt schon immer den Grand-Prix-Autos. Ich habe stets die besten Exemplare gekauft. Sie sind wichtiger als jedes Straßenauto, sie sind die Krönung des Sports. Ich liebe sie alle.“ Und weil sie ihm so lieb und teuer sind, will er auch wissen, wo sie verbleiben: „Transparenz ist mir wichtig.“ Wenn das stimmt, scheint es sich um eine Form von Altersmilde zu handeln.