Max VerstappenWie lange noch für Red Bull?

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Pole-Position auf dem Jeddah Corniche Circuit: Max Verstappen.
Pole-Position auf dem Jeddah Corniche Circuit: Max Verstappen. (Foto: Alex Pantling/Getty Images)

Die Gerüchte über einen Wechsel des Weltmeisters nehmen wieder Fahrt auf. Beim Rennstall versuchen sie, den Niederländer bei Laune zu halten.

Von Elmar Brümmer, Dschiddah

Der größte Gegner von WM-Spitzenreiter Lando Norris heißt: Lando Norris. Im entscheidenden Abschnitt der Qualifikation zum Großen Preis von Saudi-Arabien (Sonntag, 19 Uhr, live bei Sky) warf der Brite seinen McLaren-Rennwagen in die Begrenzungsmauern. Als der Favorit strauchelte, war der Titelverteidiger da: Max Verstappen, der so sehr mit seinem Red-Bull-Honda haderte, brannte zwei Fabelrunden in den Asphalt und verdrängte den Australier Oscar Piastri im zweiten McLaren um eine Hundertstelsekunde von der Pole-Position. In der zweiten Startreihe landeten George Russell im Mercedes und Charles Leclerc im Ferrari.

Kein anderer kann ein durchschnittliches Auto so tanzen lassen wie der Niederländer Verstappen, der in einem enorm spannenden Qualifying auf der zweitschnellsten Strecke im WM-Kalender alles aus sich, dem Motor und den Reifen herauspresste. Mit einem langgezogenen „Oooooh yeeees“ quittierte er diese unglaubliche zweite Samstags-Bestzeit in dieser Saison, die 42. seiner Karriere: „Mein Gott, das ist einfach wunderbar. Ich bin sehr glücklich damit.“ Vielleicht war der Streckenrekord auf der Fahrerstrecke Jeddah Corniche Circuit die beste Antwort auf all die Unruhe, die den Champion und seinen Rennstall momentan umgibt.

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An Fantasie herrscht in der Formel 1 selten Mangel, was sich relativ gut an einem Phänomen zeigt, das sich Silly season nennt. Dahinter verbirgt sich jene Deutungs-Weltmeisterschaft, die meist gegen Jahresende einsetzt, wenn Verträge verlängert oder geschlossen werden. In dieser Saison haben die Fantasten bereits im Frühling das Kommando übernommen, obwohl von der Theorie her die meisten Cockpits langfristig besetzt sind. Titelverteidiger Verstappen beispielsweise hat einen Kontrakt mit Red Bull Racing bis 2028, Fernando Alonso sagt, dass er bei Aston Martin bleiben könne, bis er 50 ist, also noch locker sieben Jahre. Einen fixen Kontrakt hat er in jedem Fall noch für die kommende Saison. Aber ausgerechnet die beiden Champions, die in der Medienrunde vor dem Großen Preis von Saudi-Arabien zusammen auf dem Interview-Sofa saßen, beflügeln die Spekulationen.

Nach der desolaten Vorstellung von Red Bull Racing vor Wochenfrist in Bahrain haben sie wieder Fahrt aufgenommen, die Zweifel, ob Max Verstappen noch länger als bis zum Ende dieser Saison in Diensten des Getränke-Rennstalls stehen wird. „Ich fahre nicht um die Weltmeisterschaft, ich nehme nur an ihr teil“, ätzte der Champion nach seinem sechsten Platz. Beflügelt wird die Verlustangst beim Rennstall ausgerechnet von einem Insider. „Die Sorge“, dass Verstappen das Team verlassen könnte, „ist groß“, sagte Rennstall-Berater und Fahrer-Mentor Helmut Marko.

Aston Martins Faustpfand im Verstappen-Poker heißt Adrian Newey. Der geniale Konstrukteur hatte im letzten Jahr Red Bull verlassen

Es gibt keinen Rennstall, der für einen Ausnahmefahrer wie den 64-fachen Grand-Prix-Sieger nicht seine Personalplanung überdenken würde. Mercedes-Teamchef Toto Wolff mag noch so häufig betonen, dass er Verstappen nicht auf dem Radar habe. Das sagt sich leicht, solange der potenzielle Kandidat nicht verfügbar ist. Der Österreicher würde in eine Zwickmühle geraten, schwört er mit dem derzeit starken Briten George Russell und dem italienischen Talent Andrea Kimi Antonelli doch auf ein hauseigenes System.

Aston Martin, im Besitz des kanadischen Milliardärs Lawrence Stroll, würde für den Erfolg alles tun und opfern, vermutlich sogar Sohnemann Lance, der dort neben Fernando Alonso fährt. Sein Faustpfand im Verstappen-Poker heißt Adrian Newey. Der geniale Konstrukteur hatte im letzten Jahr Red Bull verlassen, er fühlte sich dort nicht mehr genug wertgeschätzt, nachdem er alle Verstappen-Siegerautos gebaut hatte. Er baut ein Auto für den Reglementneuschnitt 2026, wenn auch der bisherige Red-Bull-Motorenausrüster Honda zum derzeit dahindümpelnden britischen Team stößt.

Durch die britische Presse geisterte bereits zu Jahresanfang die Meldung eines angeblich mit einer Viertelmilliarde Euro pro Jahr dotierten Angebotes, was allerdings umgehend dementiert worden war. Neue Fahrt nehmen die Gerüchte auch deshalb auf, weil der saudi-arabische Staatsfonds angeblich Aston Martin übernehmen will. Teamchef Andy Cowell weicht allen Fragen aus: „In meinem Kopf geht es momentan nur darum, die Fabrik zu verbessern, damit wir ein schnelles Rennauto für Lance und Fernando bauen können.“

Natürlich weiß jeder im Fahrerlager, dass Verstappen eine Ausstiegsklausel im Vertrag stehen hat

Verstappen selbst äußert sich mit Verweis auf seinen Energiehaushalt nicht zu den Mutmaßungen: „Darüber reden nur andere, ich nicht. Das Auto besser zu machen, ist das Einzige, was jetzt für mich zählt.“ Ansonsten sei er total entspannt. Als ein britischer Fernsehkommentator nachfragte, beschied ihm Verstappen: „Konzentriere du dich lieber auf das Kommentieren, ich konzentriere mich auf das Fahren. Dann muss keiner von uns über andere Szenarien nachdenken.“ Natürlich weiß jeder im Fahrerlager, dass Verstappen eine Ausstiegsklausel im Vertrag stehen hat, leistungsbezogen, was die technische Form des Teams angeht.

Es bot sich an in Dschiddah, bei Verstappens Couchnachbarn Alonso nachzufragen, der den Niederländer als Sportler bewundert. Auf die Frage, ob er Verstappen gern als Teamkollegen begrüßen würde, antwortete der Spanier: „Ja, aber es ist sehr unwahrscheinlich, dass das passiert.“ Angesprochen auf Verstappens herausragende Leistungen mit einem unterlegenen Rennwagen, erinnerte sich Alonso an seine Zeit bei Ferrari Anfang des letzten Jahrzehnts, als er selbst zum letzten Mal um einen Titel fuhr: „Ich saß im dritt- oder viertschnellsten Auto, habe aber trotzdem Rennen gewonnen. Das sind Ausnahmesituationen, keine Normalität. Ich habe damals Anerkennung für meine Leistung bekommen – und Max bekommt sie heute auch. Niemand zweifelt daran, dass er aktuell auf höchstem Niveau fährt.“

Bis zum Europastart Mitte Mai soll der RB 21 runderneuert werden, um Max Verstappen bei Laune und im Titelrennen zu halten. Der umstrittene Teamchef Christian Horner bezeichnet alle Diskussionen um seinen Ausnahmepiloten als „Geräuschkulisse“. Der Brite sagt vor dem fünften WM-Lauf: „Es gibt viele Spekulationen außerhalb des Teams. Intern aber hat Max hier nochmals sein Bekenntnis zu uns unterstrichen. Wir als Team konzentrieren uns voll und ganz darauf, dieses Auto in den Griff zu bekommen. Wenn uns das gelingt, stellen sich die Fragen ja gar nicht mehr.“

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