Formel 1 in den USATrump bremst die Teams aus

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Farblich aufeinander abgestimmt: Donald Trump, damals noch Präsidentschaftskandidat, spricht im vergangenen Jahr mit Mc-Laren-Pilot Lando Norris. Prompt gewann der Brite im orangefarbenen Auto den Grand Prix von Miami.
Farblich aufeinander abgestimmt: Donald Trump, damals noch Präsidentschaftskandidat, spricht im vergangenen Jahr mit Mc-Laren-Pilot Lando Norris. Prompt gewann der Brite im orangefarbenen Auto den Grand Prix von Miami. (Foto: Rebecca Blackwell/AP)

Für den weltweit gastierenden Formel-1-Zirkus bedroht Donald Trumps Zollpolitik das Geschäftsmodell. Vor dem Grand Prix in Miami ist die Verunsicherung groß.

Von Elmar Brümmer, Miami

Es gibt wenige Sätze, die das Renngeschäft namens Formel 1 so genau beschreiben wie das Leitmotiv von Mario Andretti, dem Weltmeister von 1978: „Wenn du alles unter Kontrolle hast, bist du einfach nicht schnell genug.“ Tatsächlich sind im Fahrerlager, dem Laufsteg der Mutigen, Selbstzweifel verpönt. Doch seit ein paar Wochen macht sich ein anderes Gefühl breit zwischen den schicken Pavillons der zehn Teams, mit dem die 1000-PS-Branche erst mal klarkommen muss: eine tiefe Verunsicherung.

Keine Sorge, der Grand-Prix-Sport boomt immer noch wie kein anderer, jeder Rennstall besitzt einen Marktwert von einer Milliarde Euro und mehr. Doch seit Donald Trump die Wirtschaftswelt mit immer neuen Zöllen und Drohungen überzieht und die betroffenen Länder mit Gegenmaßnahmen drohen, machen sich die Formel-1-Oberen Sorgen um ihr Geschäftsmodell. Ausgerechnet jener Trump, der sich vergangenes Jahr im Vorwahlkampf beim Rennen in Miami gegen jedes Agitationsverbot in die Startaufstellung gedrängt hatte und sich wohl ob der Farbsympathie zum orangefarbenen McLaren als Glücksbringer für Lando Norris inszenierte. Prompt gewann der Brite seinen ersten Grand Prix. Das wollte damals aber noch keiner als Omen für die Präsidentenwahl nehmen.

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In der momentanen Lage nutzen jedenfalls auch keine guten Beziehungen. Streng genommen, ist die Formel 1, die nach Bernie Ecclestone in den Besitz der Liberty Media Corporation mit Sitz in Englewood/Colorado übergegangen ist, eine US-Gesellschaft, die eine europäische Sportart importiert, deren Sportgerät das so im Fokus stehende Automobil ist. Und wenn es eine Disziplin im Profisport gibt, auf die die zu verzollende Bezeichnung Produkt passt, dann sicher die Formel 1. Als Weltsportart mit 24 Gastspielen auf vier Kontinenten ist sie zudem besonders anfällig für wirtschaftliche Kapriolen. Die Finanzkrise in den späten Nullerjahren war ein gutes Beispiel, als plötzlich das Benzingeld knapp wurde, weil Sponsoren und Anteilseigner in die Zahlungsunfähigkeit gerutscht waren. Reihenweise stiegen Hersteller aus, darunter BMW.

Und jetzt? Wirken sich die Zölle an sich – für Erste – kaum aus, da die in England, Italien und der Schweiz beheimateten Teams nur wenige Komponenten aus den USA beziehen. Mit einer Ausnahme: Der Haas-Rennstall, einem Werkzeugmaschinenfabrikanten aus Kalifornien gehörend, hat seinen Stammsitz in North Carolina und nur eine Filiale im britischen Banbury. Außerdem bezieht er seine Motoren von Ferrari.

Besitzer Gene Haas, der seit Jahren den kleinsten aller Rennställe mit eigenen Mitteln querfinanziert hat, bricht gerade der chinesische Markt für sein Kerngeschäft weg, die Herstellung von Werkzeugmaschinen. Offiziell wird nur bestätigt, dass die Auswirkungen geprüft werden und ansonsten business as usual gelte. Aber die Sorgen sind sicher nicht kleiner geworden. Möglicherweise könnte die aktuelle Wirtschaftslage eine noch größere Anbindung an den japanischen Toyota-Konzern beschleunigen.

Der Kurs der Formel-1-Aktie an der New Yorker Börse ist abgerutscht

In der kommenden Saison geht erstmals das Cadillac-F1-Team an den Start, hinter dem der US-Autogigant General Motors steht. Gefahren wird allerdings bis zur Fertigstellung eines eigenen Formel-1-Motors mit Leihaggregaten von Ferrari. Außerdem wird Red Bull Racing künftig mit der Technik und dem Know-how von Ford beliefert. Kein Wunder, dass Teamchef Christian Horner bangt: „Die derzeitige wirtschaftliche Lage kann enorme Auswirkungen auf uns haben. Es gibt eine Menge Unsicherheiten in der aktuellen Situation, keiner kann sich leisten, das zu ignorieren.“

Wer die Kursentwicklung der Formel-1-Aktie betrachtet, die unter dem optimistischen Kürzel FWON an der New Yorker Börse notiert ist, kann am Kurs die direkten Auswirkungen der Verunsicherung durch die tariffs der Trump-Regierung ablesen. Beim Börsengang wurden die Aktien mit 32 US-Dollar notiert, erreichten zwischenzeitlich einen Höchststand von 100 Dollar, sind jüngst auf 80 Dollar abgerutscht. Liberty-Besitzer John Malone, einem der großen Trump-Spender, werden Verkaufsabsichten nachgesagt. Auch die drei Rennveranstalter in den USA – Miami, Austin und Las Vegas – betrachten die Situation mit gemischten Gefühlen.

Die um sich greifende Unsicherheit betrifft die großen Sponsoren, aber auch die Hersteller, die direkt oder indirekt zum Gesamtumsatz der Formel 1 von 3,4 Milliarden Euro im Jahr beitragen. Insider spüren, wie sich Vertragsverhandlungen aufgrund der unklaren Strafzölle deutlich verlangsamen. Umso bemerkenswerter, dass der deutsch-britische Werksrennstall von Mercedes vor dem Großen Preis von Miami einen neuen Partner aus den USA präsentiert hat: Nasdaq, die wichtigste Aktienhandelsplattform der USA.

Vor allem für Neueinsteiger wie Audi ist die Lage kompliziert

Teamchef und -mitbesitzer Toto Wolff, der aus der Welt der Investoren kommt, ist allerdings wachsam: „Es ist eine Art sozio-ökonomisches Experiment, das sich gerade vor unseren Augen abspielt. Es kann unterhaltsam wirken, wenn man die Nachrichten auf Fox und CNN vergleicht. Aber dann muss man versuchen herauszufinden, was wirklich vor sich geht. Das erklärt die Verunsicherung bei vielen Beteiligten. Die Situation ist eine sehr dynamische.“

Der Österreicher ist sich immerhin „zu hundert Prozent“ sicher, dass der Mercedes-Konzern trotz aller Turbulenzen hinter dem Rennstall steht. Ferrari ist ebenfalls mit der hauseigenen Scuderia verwachsen, wobei sich Verluste auf dem enorm wichtigen nordamerikanischen Markt gewiss auf den Etat des Rennstalls auswirken würden. Fraglicher ist schon, was die volatile Situation mit einem Neueinsteiger wie Audi machen wird, der gerade groß in den Sauber-Rennstall und in ein eigenes Motorenwerk investiert hat. Plötzlich sind nicht nur die Balance und Stabilität der Rennwagen ein beherrschendes Thema in der Formel 1.

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