Süddeutsche Zeitung

Formel 1:Die Rückkehr der Reichen

Lange hatte es so ausgesehen, als drohe der Glamour-Serie ein düsteres Jahr. Doch die Formel 1 lebt - dank Fabrikanten und Spekulanten. Damit bleibt den übrigen Teams ein Horror-Szenario erspart.

Von René Hofmann

Mr. Dose gab sich zurückhaltend. In wenigen Sätzen beantwortete Dietrich Mateschitz den Salzburger Nachrichten die Fragen, die die Formel 1 bewegten: "Ja, wir haben Jaguar Racing gekauft", sagte der Red-Bull-Gründer. Ja, für 2005 bleibe es beim Cosworth-Motor, und: Nein, der Österreicher Christian Klien habe den Platz am Steuer keineswegs sicher.

Anfang der Woche hob daraufhin emsiges Treiben an. Ford, die Mutter von Jaguar und Cosworth, berief Telefonkonferenzen ein. Satelliten wurden gebucht, die Botschaft in die Welt zu tragen: Die Formel 1 lebt!

Lange hatte es so ausgesehen, als drohe der Glamour-Serie ein düsteres Jahr. Mitte September hatte Ford seinen Ausstieg erklärt. Mit einem Schlag waren drei Rennställe gefährdet: Das italienische Minardi-Team hatte ebenso Triebwerke von Cosworth bezogen wie der Ire Eddie Jordan.

Zehn Teams beim Meldeschluss

Unverholen drohte und bettelte der daraufhin drauflos. Weil den Veranstaltern vertraglich 16 Boliden pro Grand Prix zustehen, ist jeder Mitspieler wichtig. Wäre mehr als einer abgesprungen, hätten die übrigen Teams drei Autos einsetzen müssen. Ein Horror-Szenario, das nun abgewendet ist.

Pünktlich zum Meldeschluss prangten wieder zehn Namen auf der Liste des Automobilweltverbandes Fia. Jordan fährt weiter, weil er von Toyota aktuelle Motoren zum Vorzugspreis erhält. Minardi hat den Antrag gestellt, in den ersten drei Rennen das alte Auto benutzen zu dürfen. Danach sollen Aggregate von Cosworth die schwarzen Wagen voranbringen.

Die Motorenschmiede wird von Kevin Kalkhoven und Gerald Forsythe weiterbetrieben - aus naheliegenden Gründen: in der US-amerikanische Cart-Serie, die den beiden auch gehört, rücken alle Flitzer mit Cosworth-Motoren aus.

Jaguar Racing geht an Mateschitz, dessen Privatvermögen der Standard auf 771 Millionen Euro schätzt, und der im Wettbieten um das erfolglose Team einen anderen reichen Mann ausgebootet hat: Alex Shnaider, ein in Toronto residierender Russe, der es mit Stahl zu Geld brachte, und der gerade einen eleganten Weg in die Formel 1 sucht. 2006 will Shnaider unter dem Namen "Midland" Autos an den Start bringen. Dann soll auch "Team Dubai" so weit sein - ein Projekt, das die Königsfamilie des Emirates ankurbelte, um ihrem sandigen Herrschaftsgebiet ein wenig Glanz zu verleihen.

Aus der Baisse könnte so in Windeseile eine Hausse werden, womit sich ein altes Formel-1-Gesetz wieder einmal bestätigt: Immer, wenn du glaubst, es geht nicht mehr, kommt von irgendwo ein Millionär daher. Kalkhoven, der 1944 an der australischen Gold Coast geboren wurde, hat es als Spekulant und Fabrikant zu einem opulenten Auskommen gebracht. Unter seiner Zeit als Vorstandsvorsitzender von Uniphase versiebzehnfachte sich der Umsatz des Laser-Herstellers.

Mateschitz' Aufstieg gründet darauf, dass er vor 20 Jahren in Thailand auf einen Energydrink stieß. In peppige Dosen gefüllt, ließ der sich grandios vermarkten. Extremsportler sorgten für ein cooles Image, Sportsponsoring hämmerte der Zielgruppe ein, das süße Getränk verleihe Flügel. Die Formel 1 soll diese Botschaft nun auch in die USA tragen. Sein Handwerk lernte der heute 60-jährige Mateschitz unter anderem als Marketing-Mann für Blendax Zahnpasta.

Eine Hürde, die keine ist

Gemessen an dem, was die Formel 1 schon alles gesehen hat, geht er damit als seriös durch. Der Belgier Jean-Pierre van Rossem, der Anfang 1989 das Onyx-Team gründete und Ende des gleichen Jahres inklusive Schulden wieder verkaufte, brachte einst einen Führer über die Brüsseler Bordellszene heraus.

Don Nichols, der 1973 mit Shadow einstieg, hatte dem CIA in den 50er und 60er Jahren in Korea und Vietnam als Spion gedient. Lord Alexander Hesketh, der seine Autos in den 70er Jahren in den britischen Nationalfarben Rot, Blau, Weiß kreisen ließ, verprasste mit dem Sport einen Teil des Familienvermögens, das ihm im Alter von 21 Jahren überschrieben worden war.

Der Deutsche Rainer Walldorf, der sich 1992 ins Larrousse-Team einkaufte, war angeblich in vier Mordfälle verwickelt. Er starb in einem Schusswechsel mit der Polizei. Um sich vor allzu windigen Typen zu schützen, hat der Automobilverband seitdem eine Regel etabliert: Wer in die Formel 1 will, muss 48 Millionen Dollar hinterlegen. Die Hürde ist allerdings leicht zu umgehen: durch den Kauf eines Teams.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.778475
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
Süddeutsche Zeitung vom 17.11.2004
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.