Formel 1: Die legendärsten Finalrennen:Wie Rambo im Dschungel

Vier Fahrer mit Titelchancen: Das Rennen in Abu Dhabi wird sich einreihen in die Geschichte spektakulärer Formel-1-Finals: Von Schumachers Attacken bis zu einem Titel im Leihwagen.

Carsten Eberts

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F1 Grand Prix of Abu Dhabi - Previews

Quelle: Getty Images

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Vier Fahrer mit Titelchancen: Das Rennen in Abu Dhabi wird sich einreihen in die Geschichte spektakulärer Formel-1-Finals: Von Schumachers Attacken bis zu einem Titel im Leihwagen.

Die Geschichte der Formel 1 ist lang - doch eine solche Final-Konstellation hat selbst der größte Zirkus im Motossport noch nicht erlebt. Gleich vier Fahrer können am Sonntag beim letzten WM-Rennen in Abu Dhabi noch Weltmeister werden: Fernando Alonso im Ferrari als WM-Führender (2. von links), die Red-Bull-Piloten Sebastian Vettel (links) und Mark Webber (rechts) sowie der Brite Lewis Hamilton (2. von rechts) im Mercedes.

Die besten Chancen hat zweifelsfrei Alonso (246 Punkte), dem ein zweiter Platz sicher zum WM-Titel reicht. Dahinter kämpfen Webber (238) und Vettel (231) nicht nur um den Sieg, sondern auch um den Führungsanspruch innerhalb des Teams. Hamilton (222) hat nur noch theoretische Chancen auf den WM-Sieg. Obwohl gerade der Brite aus leidvoller Erfahrung weiß: Im letzten Saisonrennen kann alles passieren! Niemand ist sicher! Noch in der allerletzten Kurve kann sich eine WM entscheiden!

FANGIO UND SCHUMACHER FÜNFFACHE WELTMEISTER

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Ein heute nicht mehr denkbares Finale erlebte die Formel-1-Saison 1956. Der damals dreifache Weltmeister Juan Manuel Fangio (im Bild) ging als Führender ins letzte Rennen nach Monza, blieb in seinem Ferrari jedoch alsbald mit gebrochener Lenkung liegen. Das rief seinen jungen Teamkollegen Peter Collins auf den Plan: Der hatte zwar selbst noch Titelchancen, überließ dem altehrwürdigen Fangio aber in einer honorigen Geste sein Auto. Sinngemäß sagte er: "Ich bin jung und kann noch so oft Weltmeister werden."

Fangio fuhr in Collins' Auto weiter, schnappte sich nicht nur den Titel 1956, sondern auch gleich noch 1957. Dann trat er ab - mit fünf Weltmeistertiteln, einer Bestmarke, die ein halbes Jahrhundert später erst Michael Schumacher knacken sollte. Peter Collins hingehen hatte seine einzige Chance verspielt: Er wurde niemals Weltmeister - und verunglückte 1958 auf dem Nürburgring tödlich.

NIKI LAUDA AUF DEM NÜRBURGRING VERUNGLÜCKT

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Das Jahr 1976 war ein denkwürdiges für Niki Lauda (im Bild). Beim Großen Preis von Deutschland auf dem Nürburgring ging der Österreicher bei einem der bekanntesten Unfälle der Formel-1-Geschichte in Flammen auf, wäre beinahe in seinem Auto verbrannt - und hatte nach seinem Comeback sechs Wochen später in Monza tatsächlich noch Titelchancen. Beim letzten Rennen am Mount Fuji regnete es in Strömen. Und Lauda, der noch unter dem Eindruck des Unfalls stand, stellte sein Auto nach nur zwei Runden ab. "Ich bin kein Selbstmörder", sagte er. Auch sein Rivale James Hunt protestierte gegen den Start.

Im Glauben, auch Hunt würde sein Auto abstellen, verließ Lauda die Rennstrecke. Was er nicht ahnen konnte: Hunt ließ sich die einmalige Chance auf den WM-Titel nicht entgehen. "Wenn ich gewinne, kann ich jederzeit aufhören und muss mein Leben nicht mehr aufs Spiel setzen", sagte Hunt. Am Flughafen von Tokio hörte Lauda, dass Hunt mit einem Punkt Vorsprung Weltmeister geworden war.

Lauda Prost

Quelle: imago sportfotodienst

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Noch enger ging es im Jahr 1984 zu - und wieder war Niki Lauda beteiligt. Man stelle sich dies einmal vor: 16 Grand Prix wurden gefahren, rund viereinhalbtausend Rennkilometer - und am Ende trennte den Ersten vom Zweiten gerade mal ein halber Punkt. Diese Rechnung kam zustande, weil das Rennen in Monaco nach 31 Runden abgebrochen werden musste und nur halbe Punkte vergeben wurden.

Den Großen Preis der Niederlande gewann noch der Franzose Alain Prost (rechts im Bild) vor seinem McLaren-Kollegen Niki Lauda (links), in der Gesamtwertung lief es anders herum: Mit 72 Punkten wurde Lauda Weltmeister, Prost kam nur auf 71,5 Punkte.

Mansell

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Sogar ein Finale mit drei Titelkandidaten erlebte die Saison 1986. Nigel Mansell (im Bild), der beliebte Brite mit dem fragwürdigen Schnäuzer, ging mit 70 Punkten vor Williams-Kollege Nelson Piquet (62) und Alain Prost (63) ins letzte Rennen in Adelaide. Mansell war bärenstark in Form, konnte erster britischer Weltmeister seit James Hunt werden, stand zudem auf der Pole. Was sollte also noch schiefgehen?

Zuerst lief das Rennen gut für ihn - dann platzte ihm bei Tempo 300 der rechte Hinterreifen. Wie durch ein Wunder konnte Mansell das Auto noch abfangen, das Rennen war jedoch für ihn gelaufen. Unter Eindruck des Reifenplatzers beorderte Williams seinen zweiten Piloten Piquet zum Boxenstopp, um seine Reifen zu tauschen, was Prost in Front brachte. Der rettete sich mit dem letzten Tropfen Benzin ins Ziel und wurde Weltmeister - nur wenige Wochen nach dem Krebstod seines Bruders Daniel.

Michael Schumacher wird erster deutscher Formel-1-Weltmeister, 1994

Quelle: dpa

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Sieben Weltmeistertitel sollte Michael Schumacher bis heute gewinnen - und gleich sein erster 1994 entsprang einem dramatischen Finale. Schumacher ging als Führender ins letzte Saisonrennen von Adelaide - mit einem Punkt auf seinen Rivalen Damon Hill. Der Start glückte ihm, dann jedoch, in Runde 35, verbremste sich Schumacher, berührte mit seinem Auto sogar die Begrenzungsmauer. Er rettete sich zurück auf die Strecke, doch Hill holte rapide auf. In der anschließenden Rechtskurve war Hill plötzlich neben ihm.

Und Schumacher? Der machte die sprichwörtliche Tür zu, touchierte Hill an der Seite und flog von der Strecke. Alles verloren, dachten Millionen deutscher Formel-1-Fans, die auf Schumacher als ersten deutschen Weltmeister überhaupt gehofft hatten. Doch auch Hills Auto hatte etwas abbekommen: Der Brite fuhr noch in die Box, stellte seinen Boliden dort ab. Schumacher war Weltmeister - wenn auch dank eines höchst fragwürdigen Manövers.

ZUSAMMENSTOß SCHUMACHER - VILLENEUVE

Quelle: RTL/DPA

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Noch ein Rambo-Finale - und wieder war Michael S. aus Kerpen beteiligt. Mit einem Punkt Vorsprung auf Jaques Villeneuve (links im Bild) ging Michael Schumacher (rechts) ins Saisonfinale 1997. Wieder erdreistete sich ein Fahrer und wollte Schumacher überholen. Der dachte sich: Hat doch schon mal funktioniert - und versuchte, den neben ihm fahrenden Villeneuve in einer Kurve von der Strecke zu drängen.

Der Plan misslang jedoch gründlich: Schumacher flog raus, Villeneuve fuhr weiter und wurde ungefährdet Weltmeister. Schumacher hingegen bekam nach der Kollision zur Strafe alle WM-Punkte der Saison aberkannt. So wurde ein gewisser Heinz-Harald Frentzen noch WM-Zweiter.

Schumacher Räikkönen

Quelle: SZ

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Ein wahres Meisterwerk vollbrachte Michael Schumacher (links im Bild) hingegen 2003. Einen einzigen Punkt benötigte er im letzten Rennen, um Weltmeister zu werden. Nach einer verregneten Qualifikation startete Schumacher im Ferrari jedoch nur als Vierzehnter - und kam im Mittelfeld seinem Bruder Ralf in die Quere, der ihm den Frontflügel abfuhr. Schumacher musste in die Box - und alles sah danach aus, als könnte der junge Finne Kimi Räikkönen (rechts) Weltmeister werden.

Vom letzten Platz aus fuhr Schumacher nach seinem Stopp das Rennen seines Lebens. Er musste Achter werden - oder hoffen, dass Teamkollege Rubens Barrichello Räikkönen in Schach halten konnte. Als Barrichello zum Reifenwechsel fuhr, war Räikkönen eine Runde lang Weltmeister. Doch Schumacher überholte Vordermann um Vordermann und landete tatsächlich auf Rang acht. Es war sein historischer sechster WM-Titel.

Kimi Raikkonen,  Jean Todt, Felipe Massa

Quelle: AP

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Das Saisonfinale 2007 lief für Kimi Räikkönen (in der Bildmitte) dann besser - und wieder war es ein denkbar knappes. Gleich in seinem ersten Jahr für Ferrari hatte der Finne eine Chance auf den WM-Titel. Diese war jedoch gering: Bei einem Sieg Räikkönens beim Rennen in São Paulo hätten Lewis Hamilton ein fünfter Rang oder Fernando Alonso Platz zwei zum Titel gereicht. Doch es war nicht der Tag von Hamilton. Der Brite erreichte nach einem Fahrfehler und technischen Problemen nur Rang sieben, während Alonso hinter den Farrari-Piloten Räikkönen und Massa nur auf den dritten Platz fuhr.

Nach Ende des Rennens wurde bekannt, dass der Weltverband Fia gegen die Teams BMW Sauber und Williams wegen Temperatur-Unregelmäßigkeiten beim Benzin ermittelte. Bei einer Disqualifikation wäre Hamilton nachträglich auf den vierten Platz aufgerückt - doch die Fia entschied, beide Teams nicht zu bestrafen. Räikkönen blieb Weltmeister, im ersten Jahr für Ferrari. Das hatte nicht einmal Michael Schumacher geschafft.

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Quelle: AFP

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Es war einfach zum Hände-in-den-Helm-stecken! Nur noch eine einzige Kurve und Ferrari-Pilot Felipe Massa (im Bild) wäre 2008 Weltmeister geworden - in São Paulo, seiner Geburtstadt. Doch es sollte anders kommen. Auf regennasser Strecke hatte Lewis Hamilton für seinen ersten WM-Titel Fünfter werden müssen. Massa gewann das Rennen und hatte folglich wenig Einfluss darauf, was hinter ihm passierte.

Hamilton lag tatsächlich auf Platz fünf, musste sich in der vorletzten Runde jedoch vom jungen Deutschen Sebastian Vettel überholen lassen. Hamilton war nur noch Sechster - und São Paulo erbebte. Doch der auf Rang vier platzierte Timo Glock büßte auf Trockenreifen in der Schlussrunde immer mehr Vorsprung ein - bis ihn schließlich Vettel und auch Hamilton in der letzten Kurve noch passierten. Hamilton wurde erstmals Weltmeister - doch unglücklicher als Felipe Massa hatte noch nie ein Fahrer die WM verloren.

© sueddeutsche.de/ebc
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