Formel 1:Die deutsche Hymne ist schon abspielbereit

Rosberg und Hamilton

"Die beiden treiben sich gegenseitig zu neuen Höhen." Mercedes-Teamchef Toto Wolff freut sich über das Duell zwischen Lewis Hamilton und Nico Rosberg.

(Foto: dpa)

Vor dem Großen Preis von Malaysia hat Lewis Hamilton das Vertrauen in seinen Mercedes verloren. Sein deutscher Rivale gibt sich siegessicher.

Von Elmar Brümmer, Sepang

Das Titelrennen der Formel 1, das schon seit Monaten in Wahrheit nur noch ein internes Ausscheidungsfahren zweier Mercedes-Piloten ist, geht auf die Zielgerade: sechs Rennen noch, maximal 150 Punkte zu gewinnen. Nico Rosberg liegt erstmals wieder vorn, acht Punkte vor Titelverteidiger Lewis Hamilton. Der Vorsprung vor dem Großen Preis von Malaysia ist hauchdünn. Umso größer ist die Anspannung der beiden Dauer-Rivalen, jedes Detail zählt jetzt, nicht nur am Auto.

Bei der Generalprobe der Siegerehrung haben die Gastgeber auf dem Sepang International Circuit die deutsche Hymne gespielt, nachdem jahrelang für diese Zwecke immer "God save the Queen" genommen wurde. Ein Zeichen, eine Prognose? Vermutlich nur das Band von der letzten Auflage des Äquator-Grand-Prix, bei dem Sebastian Vettel siegte.

Die letzten drei Rennen seit der Sommerpause hat Rosberg gewonnen, beim vergangenen in Singapur regelrecht triumphiert. Nach der vielleicht besten Qualifikationsrunde seiner ganzen Karriere hatte der Wiesbadener 0,7 Sekunden Vorsprung auf den Titelverteidiger, Hamilton war demontiert und demoralisiert, zumindest für das eine Wochenende.

Die britische Presse hat sich schon ein Wortspiele für Lewis Misere ausgedacht

Die britischen Gazetten, die ohnehin ein zwiespältiges Verhältnis zum dreifachen Champion pflegen, bemühen inzwischen gern das überschrifttaugliche Wortspiel "Lewsing" (verlieren). Ein bisschen früh zwar, sich nach dem Auf und ab in dieser Saison schon den Verlierer des Duells auszumachen.

Aber erstaunlich ist tatsächlich Rosbergs Stärke, vor allem mental. Während der Deutsche nicht erklären will, was er momentan anders macht, kann es sein Gegenspieler nicht. Die große Frage bei diesem Großen Preis ist: Was ist los mit dem Weltmeister? Energisch behauptet der Gefragte: "Grundsätzlich ist es aufregender, der Jäger zu sein."

Über Aufregung in seinem Leben kann der 31-Jährige nicht klagen, und das bekommt er jetzt, wenn es nicht so läuft, auch vorgeworfen, vorzugsweise garniert mit Partybildern von seinem Sommerurlaub in der Karibik mit Zoom auf leichtbekleidete Damen oder Rumflaschen. Das Freizeitverhalten ist es natürlich nicht, dass den Champion in die Krise gestürzt haben kann. Rosberg ist einen Tick stärker geworden, vor allem aber besitzt er mehr technische Fortune.

Hamilton ist momentan deutlich leiser als sein deutscher Konkurrent

Hamilton hat nichts von seinem Selbstvertrauen eingebüßt, aber vermutlich vom Vertrauen in seinen Dienstwagen. Viermal schon hat ihm der sich ständig verändernde Kupplungspunkt den Start verdorben, der Motorkomponentenverschleiß am Auto mit der Nummer 44 ist enorm.

Selbstsicherheit zur Schau zu stellen, nimmt jetzt der Gegenspieler für sich in Anspruch; Hamilton wirkt zwar manchmal energisch, aber deutlich leiser. Rosberg will nicht weiter darauf eingehen, ob sich das Binnenverhältnis in der Mercedes-Box verändert hat. Und Hamilton tut weiterhin so, als ob dieses für ihn nicht existent ist.

Er gratuliert brav, er zollt auch mal Respekt - und versucht, es sich einfach zu machen: "Ich brauche ein paar gute Resultate, um wieder nach vorn zu kommen und auch dort zu bleiben. Aber ich hatte in der Vergangenheit ja schon ein paar davon, und ich sehe keinen Grund, warum das nicht wieder passieren sollte."

Teamchef Toto Wolff freut sich über das interne Duell bei Mercedes

Dritte Plätze wie den in Singapur empfindet der erfolgsverwöhnte Champion, der in Malaysia seinen 100. Podiumsplatz (und seinen 50. Grand-Prix-Sieg) herausfahren kann, nur als "Schadensbegrenzung". Teamchef Toto Wolff sieht einer weiteren Zuspitzung der Ereignisse freudig entgegen: "Die beiden treiben sich gegenseitig zu neuen Höhen."

Damit auch das Team - im sechstletzten WM-Lauf kann Mercedes bereits zum dritten Mal in Serie die Konstrukteurs-Krone einfahren. Das Titelrennen bleibt ein Geschäft auf Gegenseitigkeit.

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