Formel 1:Den Einsiedler hat es erwischt

Formel 1: Geht vor dem Coronavirus in die Knie: Lewis Hamilton muss jetzt erst einmal pausieren.

Geht vor dem Coronavirus in die Knie: Lewis Hamilton muss jetzt erst einmal pausieren.

(Foto: Hamad Mohammed/AP)

Lewis Hamilton ist positiv auf Corona getestet worden. Er verpasst zwei Rekorde.

Von Philipp Schneider, Sakhir/München

Es ist ja nun offensichtlich der nächste böse und ironische Schachzug des Coronavirus, dass es ausgerechnet auch noch von Lewis Hamilton Besitz ergriffen hat. Hamilton war ja derjenige im großen Lager der Formel 1 gewesen, der im März vor den Gefahren der Pandemie gewarnt hatte, als sie von fast allen anderen noch bagatellisiert wurde. Hamilton war es, der vor dem eigentlich in Melbourne geplanten Saison-Auftakt die Debatte eröffnete, es sei vielleicht nicht die beste Idee, ein Autorennen vor Zuschauern auf den grünen Wiesen des Albert Park zu veranstalten, wenn gerade erst die USA ihre Grenzen für Europäer geschlossen hatten - und beispielsweise die amerikanische Basketballliga ihren Spielbetrieb schon ausgesetzt hatte. "Ich bin schockiert, dass wir hier alle in diesem Raum sitzen", sagte Hamilton. Zumal er soeben den dreimaligen Formel-1-Weltmeister Jackie Stewart auf den Fluren getroffen habe, wie Hamilton ausführte: Stewart, damals 80, heute zum Glück 81 Jahre alt, der eindeutig zur Risikogruppe zähle. Man kann also wahrlich nicht behaupten, Hamilton sei nicht früh sensibilisiert gewesen für die Ansteckungsgefahr von Covid-19. Aber nun hat es ihn auch erwischt.

Am Dienstag gab sein Rennstall Mercedes bekannt, Hamilton sei am Montag positiv getestet worden. Zweimal. Nun befindet sich der siebenmalige Weltmeister in Isolation. Für zehn Tage, wie er selbst danach berichtete auf Instagram. Damit verpasst er definitiv das zweite Rennen in Bahrain an diesem Sonntag. "Passt bitte auf euch auf da draußen, ihr könnt nie vorsichtig genug sein", schrieb er.

Hamilton ist untröstlich: Er habe doch alle Vorschriften befolgt

Am Montag, dem Tag nach dem ersten von zwei Rennen in Sakhir, sei er mit leichten Symptomen aufgewacht, berichtete Hamilton. Daraufhin habe er sich sofort abermals testen lassen, obwohl er in der Vorwoche bereits drei negative Ergebnisse erhalten hatte. Letztmals habe er einen Abstrich am Sonntagnachmittag vor dem Grand Prix machen lassen, ließ Mercedes mitteilen. Auch am Dienstag seien Symptome nur mild zu spüren gewesen - er werde sein Bestes tun, um fit zu bleiben, kündigte Hamilton an. Er sei "untröstlich", dass es ihn erwischt habe, obwohl er doch "alles Menschenmögliche" unternommen und "alle Vorschriften" befolgt habe, um den Kontakt mit dem Virus zu vermeiden. Sein Teamchef Toto Wolff hatte kürzlich erzählt, die Mercedes-Piloten würden "wie Einsiedler" leben in ihren Hygieneblasen.

Hamilton ist der dritte Fahrer in der Formel 1, der in dieser Saison positiv getestet wurde - nach dem Mexikaner Sergio Perez und dem Kanadier Lance Stroll. Zwei Fragen stellen sich zusätzlich in dem Fall: Wer wird Hamiltons Auto lenken am Sonntag? Und: Wird er rechtzeitig fit, um beim Saisonfinale in Abu Dhabi am 13. Dezember ans Steuer zurückzukehren?

Zugegeben, es sind nachrangige Fragen, zumal Hamilton und Mercedes ihre Weltmeisterpokale in dieser Saison bereits auf die Reise in die Vitrinen in Brackley schicken durften. Einzig Hamiltons unstillbare Rekordlust bezieht einen zarten Dämpfer angesichts der Tatsache, dass er die von Sebastian Vettel und Michael Schumacher geteilte Bestmarke mit 13 Saisonsiegen in diesem Jahr nicht wird einstellen können. Elf hat er, zwölf können es maximal werden. Auch eine sagenhafte 100. Pole Position in seiner Karriere wird er 2020 verfehlen. 98 mal startete Hamilton bislang aus der beliebtesten Parkbucht der Formel 1. Schumacher, der zweitbeste Zeitenjäger der Geschichte, lediglich 68 mal. Wer Hamilton nur ein wenig kennt, weiß, dass er ob dieser vergebenen Chancen kein Taschentuch mit Tränen benetzen wird.

Offizieller Ersatzfahrer für die Mercedes-Piloten ist der ehemalige Formel-1-Pilot Stoffel Vandoorne. Der Belgier, inzwischen in der Formel E aktiv, soll sich auch auf die Reise nach Bahrain begeben. Ob er für Hamilton fahren wird, ist nicht sicher. George Russell, 22, käme ebenfalls in Frage. Der Nachwuchsfahrer von Mercedes steht zwar bei Williams unter Vertrag, könnte aber den Silberpfeil lenken, wenn jemand in seinem Cockpit aushilft. Zweimal schon sprang Nico Hülkenberg (Spitzname: "Hülkenback") in dieser Saison ein. Es entspräche so gesehen der konsequenten Fortführung eines weltweit beliebten Running Gags, würde er abermals aushelfen: Das Team Racing Point, das den vertragslosen 33-Jährigen aus Emmerich als Ersatz für Perez und Stroll anforderte und seit der ersten Gelegenheit einen eigens für ihn angefertigten Fahrersitz mit sich schleppt, bezieht seine Motoren bei Mercedes.

Man wird sehen. Seinen ersten Grand Prix in der Formel 1 bestritt Lewis Hamilton im März 2007 in Australien. Seiher sind 265 Rennen vergangen. Verpasst hat er kein einziges. Dass ihn nur das Coronavirus stoppen konnte, ist jetzt Teil seiner bemerkenswerten Geschichte.

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