Formel 1:Dem Samurai fehlt sein Schwert

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Fernando Alonso ist mit den Motoren von Honda unzufrieden. (Foto: dpa)
  • Der McLaren-Pilot Fernando Alonso ist mit dem Motor von Honda unzufrieden - und äußert seinen Frust lautstark über den Boxenfunk.
  • Sein Chef Ron Dennis hat Verständnis für den Ausraster, will aber das persönliche Gespräch suchen.
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Von Elmar Brümmer, Suzuka

Die Geschichte einer wunderbaren Freundschaft geht anders. Zwischen McLaren und Honda gab es sie mal, in den frühen neunziger Jahren. Da haben sich zwar Alain Prost und Ayrton Senna bekriegt, aber das war zum Wohl des Rennstalls; der Franzose und der Brasilianer rangelten um Siege und Titel. Ein Vierteljahrhundert später liefert der japanische Motorenhersteller wieder die Antriebe für das britische Team. Der Unterschied: Diesmal bekriegen sich McLaren und Honda.

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Nach einem Debakel auf der Power-Strecke in Monza, wo das ganze PS-Defizit des Hybridantriebsstrangs aus Tokio deutlich wurde, forderten die britischen Medien eine öffentliche Entschuldigung von Hondas Sportchef Yaruhisa Arai. Diesen Gesichtsverlust wies der Japaner noch brüsk zurück. Arai tut sich etwas schwer, immer gleich alles auf Englisch zu verstehen. Aber die Botschaft am Sonntag beim Großen Preis von Japan, die war nicht zu überhören. Sie wurde von Fernando Alonso über Boxenfunk ausgesandt, und alle Welt konnte mithören.

Einer links, einer rechts vorbei: Jenson Button kann nur staunen

Der 34 Jahre alte Spanier, der im Winter bei McLaren angeheuert hatte, um doch noch mal Weltmeister zu werden, war gerade vom 17-jährigen Max Verstappen (der am heutigen 30. September seinen 18. Geburtstag feiert; Anm. d. Red.) düpiert und aus den Top Ten verdrängt worden. Alonso musste den Niederländer, dessen Toro Rosso von einem auch nicht gerade explosiven Renault-Motor befeuert wird, praktisch kampflos ziehen lassen. "GP2-Motor! GP2-Motor", brüllte Alonso, "das ist peinlich!" Die Motoren der Nachwuchsserie haben ein Drittel weniger Power, als die der Königsklasse haben sollten.

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Alonso wurde Elfter, was angesichts der bisherigen McLaren-Honda-Bilanz sogar als Erfolg zu werten ist. Sein Teamkollege Jenson Button kam lediglich auf Rang 14 an. Auf dem Weg dorthin wurde der Weltmeister von 2009 einmal sogar von zwei Rivalen gleichzeitig überholt: Verstappen und Felipe Nasr im Sauber flogen links und rechts an dem 35-Jährigen vorbei. Seinen lahmen Nachmittag auf einer der schnellsten Rennstrecken der Welt, die auch noch Honda gehört, beschrieb Button später so: "Ich habe gekämpft wie ein Samurai - nur eben wie einer ohne Schwert."

Zuletzt vier punktlose Rennen, Vorletzter in der Konstrukteurs-Wertung: Die Auseinandersetzung zwischen den stolzen Briten und den stolzen Japanern gewinnt an Schärfe. Aber mehr als die Hoffnung, über den Winter ein Wunder zu schaffen, bleibt kaum. Bei Button sitzt der Frust so tief, dass er jüngst seinen Formel-1-Abschied andeutete: "Man hat im Auto nur Spaß, wenn man an der Spitze mitkämpfen kann, denn dann hat man das Gefühl, dass man etwas erreicht. Die Freude kommt vom Wettkampf." Und der fängt für ihn in den Punkterängen an.

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McLaren-Chef Ron Dennis weilte vor dem 14. WM-Lauf nicht an der Renn- strecke, sondern in Tokio. Offiziell, weil er krank war. Gut möglich aber, dass er Honda-Präsident Takahiro Hachigo die Dringlichkeit der Lage klar machte. Der Motor war bislang so unzuverlässig, dass McLaren erst jetzt gegen Ende des Rennjahres auf so viele Kilometer Laufleistung gekommen ist, wie Mercedes sie schon bei den Testfahrten vor Saisonstart absolviert hatte. Eine jähe Trennung des Exklusivvertrages kann Dennis sich jedoch nicht leisten. In der Formel 1 gibt es - siehe Red Bull - zu wenige Motoren-Alternativen, außerdem ist McLaren auch nicht mehr so mit Sponsoren gesegnet wie zu Mercedes-Zeiten.

McLaren-Chef Ron Dennis hat Verständnis für den Frust

Deshalb muss Dennis daran gelegen sein, mit Alonso und Button wenigstens eine attraktive Fahrerpaarung zu behalten. Auch wenn die beiden einstigen Champions die nicht unberechtigte Sorge plagt, dass sie sich am Ende ihre Karrieren ruinieren, pocht Dennis nach der Peinlichkeit von Suzuka darauf, dass beide auch im kommenden Jahr für seine Mannschaft aus Woking an den Start gehen: "Fernando hat einen Drei-Jahres-Vertrag, und der von Jenson gilt auch noch für die kommende Saison", sagt er.

Alonsos Funk-Ausraster will Dennis unter vier Augen klären: "Ich denke, er hat seinem Frust freien Lauf gelassen. Ich glaube nicht, dass der Kommentar nötig war, er war nicht unbedingt konstruktiv." Zugleich nutzt der McLaren-Boss den verbalen Ausrutscher gegenüber Gastgeber Honda, um den Druck zu erhöhen: "Vielleicht war das ein Weg, um sicherzustellen, dass jeder die Nachricht hört. Ich billige das nicht, aber ich werde unsere Fahrer auch nicht kritisieren, denn sie sind ziemlich frustriert."

Alonso sagt, dass er das Rennfahren durchaus noch genieße - so lange er alleine unterwegs ist. Im Pulk sähe das ganz anders aus: "Andere Piloten machen Fehler, aber sie kommen trotzdem leicht an uns vorbei. Sie überholen einen nicht erst in der Bremszone, sondern schon auf der Mitte der Geraden." Dem Weltmeister der Jahre 2005 und 2006 bleibt wenig anderes übrig, als sich die schnöde Renn-Welt schön zu reden: "Meiner Meinung nach sind wir das einzige Team, das Mercedes langfristig herausfordern kann", sagt er. Das größte Problem im Moment: "An den Rennsonntagen können wir uns leider nicht verstecken."

© SZ vom 30.09.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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