Formel 1: Comebacks:Einsatz nach der Letzten Ölung

Kuriose Debüts, erstaunliche Comebacks in der Formel1: Von Juan Manuel Fangio über Niki Lauda bis Michael Schumacher.

René Hofmann

Mit der Vorbereitung hat auch die Verklärung begonnen. Am Freitag saß Michael Schumacher auf der Strecke in Mugello in einem zwei Jahre alten Ferrari und drehte eifrig Übungsrunden. Am Abend zuvor hatte er sich in Maranello in einem Simulator bereits mit der Funktion des Lenkrads vertraut gemacht, das er am 23. August in Valencia für Felipe Massa übernehmen soll.

Formel 1: Comebacks: Nur sechs Wochen nach seinem schlimmen Unfall gab Niki Lauda 1976 schon ein Comeback.

Nur sechs Wochen nach seinem schlimmen Unfall gab Niki Lauda 1976 schon ein Comeback.

(Foto: Foto: Getty)

Bei der Schwimm-WM in Rom verriet Ferrari-Präsident Luca di Montezemolo derweil, wie es angeblich zugegangen ist am Mittwoch, als Schumacher dem Team sein Ja-Wort gab, für einige Rennen auszuhelfen. Bereits als der 40-Jährige sein Büro betrat, will Montezemolo gesehen haben, "dass er bereit war - es stand in seinen Augen". Die Rückkehr des Rekord-Meisters sei die erste Option gewesen. "In diesem schwierigen Moment wollten wir das Fieber in und um Ferrari neu entfachen", sagt Montezemolo.

Auch Felipe Massa hat dem Plan angeblich seinen Segen erteilt. Dem 28 Jahre alten Brasilianer geht es inzwischen so gut, dass er wohl am Sonntag das Krankenhaus in Budapest verlassen und in seine Heimat fliegen kann. Als er davon erfuhr, dass Schumacher für ihn einspringt, soll er gescherzt haben: "Mal sehen, ob ich ihn das Auto fahren lasse." Humor in einer schwarzen Stunde - in der Formel 1 gehört das dazu.

Der Grund für Massas Ausfall ist eine etwa 800 Gramm schwere Dämpferfeder, die sich am Samstag auf dem Hungaroring vom BrawnGP-Rennwagen des einstigen Ferrari-Fahrers Rubens Barrichello löste. Das Teil sprang etliche Male auf der Ideallinie auf und ab. Dann kam Massa mit hoher Geschwindigkeit des Weges und erwischte es. Die Feder durchschlug den Helm nicht. Die Wucht des Aufpralls aber war so groß, dass Massas Stirnknochen über dem linken Auge brach. Mit einer Operation retteten die Ärzte sein Leben. Wann er wieder in die Formel 1 zurück kann, ist offen.

Eine Feder als Wegbereiter für ein Comeback - das ist kurios. Aber in der 50-jährigen Formel-1-Geschichte ist es bei weitem nicht die kurioseste Geschichte, weswegen Fahrer in einem Cockpit gelandet sind. Bei Schumachers Einstieg in die Rennserie 1991 war Reizgas mit im Spiel.

Vor Schumacher hatte der Belgier Bertrand Gachot den Jordan-Ford bewegt. Gachot hatte vor dem Rennen einen Termin in London. Am Hyde Park gab es einen Stau. Ein Taxifahrer drängte sich vor Gachot in die Spur und provozierte den Formel-1-Piloten mit absichtlichem Bremsen immer wieder. Irgendwann wurde es Gachot zu blöd. Er rammte die Stoßstange des Autos vor ihm. Daraufhin stiegen beide Fahrer aus. Der Taxifahrer packte Gachot an der Krawatte, der Rennfahrer antwortete mit einer Portion Reizgas - und schon saß er für einige Tage im Gefängnis.

Mit einem kleinen Schwindel ins Cockpit

Die Gunst der Stunde nutzte Schumachers Manager Willi Weber, um seinen Klienten in das freie Cockpit zu flunkern. Schumacher kenne die Strecke in Spa wie seine Westentasche, versicherte Weber Teamchef Eddie Jordan. Der fiel auf die Nummer rein, ließ den Neuling ins Auto - und war ihn nach einem Rennen schon wieder los.

Weil Schumacher beim Debüt einen so guten Eindruck hinterließ, wollte ihn Formel-1-Vermarkter Bernie Ecclestone nicht in einem Hinterbänkler-Team sehen. Der Zampano setzte alle Hebel in Bewegung - und schon beim nächsten Rennen saß Schumacher im Benetton. Mit dem Team holte er seine ersten beiden Titel.

Michael Schumacher ist nicht der erste Weltmeister, der zurückkommt. Juan Manuel Fangio, der Beste des Jahres 1951, verpasste die Rennsaison 1952, weil er nach einem Unfall lange ein Gipskorsett tragen musste. Im Januar darauf kehrte er im Alter von 41 zurück und startete eine Siegesserie, die mit vier weiteren WM-Titeln endete. Alain Prost schied 1991 in Unfrieden von Ferrari und pausierte ein Jahr. Die freie Zeit nutzte der clevere Franzose, um sich für 1993 das beste Auto zu sichern. Im Williams-Renault holte er mit 38 Jahren 13 Mal den besten Startplatz und gewann sieben Rennen, womit er sich seinen vierten WM-Titel sicherte und seinen großen Rivalen Ayrton Senna final demütigte. Nach der Nummer hörte Prost auf.

Der Comeback-König aber ist Niki Lauda. 1976 klettertet der Österreicher sechs Wochen nachdem er auf der Nordschleife des Nürburgrings verunglückt war und die letzte Ölung erhalten hatte, wieder in seinen Ferrari. Den Titelkampf mit James Hunt verlor er erst im letzten Saisonrennen in Japan. In Fuji regnete es so stark, dass Lauda Angst bekam und sein Auto nach zwei Runden abstellte. Nach einer enttäuschenden Saison 1979 verkündete der zweimalige Weltmeister trotzig, er habe "keine Lust mehr, immer nur im Kreis zu fahren". Als der Aufbau seiner Fluglinie aber mehr Geld kostete als gedacht, kehrte Lauda drei Jahre später doch zurück. 1984 holte er mit McLaren seinen dritten WM-Titel.

Frentzens Pech

Nicht allen Größen ist die zweite Karriere ähnlich gut gelungen. Als Nigel Mansell, der Champion von 1991, vier Jahre später bei McLaren einspringen sollte, hatte er so viel Gewicht zugelegt, dass der Cockpiteinstieg für ihn verbreitert werden musste. Die Rückkehr währte nur zwei Rennen lang. Schumachers Titel-Rivale Mika Häkkinen wäre nach der Auszeit, die er sich nach seinen beiden Titeln gönnte, auch gerne wieder zurückgekehrt. Die Aktion scheiterte. Mercedes vermittelte den Markenbotschafter in die DTM, in der er seine Karriere ohne weiteren Titel beendete.

Des einen Schicksal ist des anderen Chance - so läuft das oft im Motorsport. Heinz-Harald Frentzen bekam 1994 nach dem Tod von Ayrton Senna von Williams das Angebot, den Wagen des dreimaligen Weltmeisters zu übernehmen. Frentzen lehnte es ab. Er wollte den Schweizer Peter Sauber nicht im Stich lassen, der ihn in die Formel 1 geholt hatte. Die Loyalität bremste Frentzens Karriere. Weltmeister wurde in jenem Jahr Michael Schumacher.

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