Formel 1:Capitano Vettel peitscht die rote Meute an

Der Deutsche motiviert in Monza Tausende Ferraristi, Nico Rosberg startet eine kleine Revolution und Jacques Villeneuve pöbelt mit Max Verstappen um die Wette. Die Zylinderköpfe der Formel 1.

Von Elmar Brümmer, Monza

Sebastian Vettel

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(Foto: AFP)

Plötzlich hatte er vor der Siegerehrung die Mütze mit der Eins auf, die für den Besten von Monza. Ein Versehen, aber der Beliebteste im Königlichen Park war der Heppenheimer ganz sicher. Zumal der dritte Platz auch ein zweiter hätte werden können. Vettel kämpfte mit den Tränen, als er später über das sprechen sollte, was sich vor und unter ihm bot - Tausende Ferraristi hatten die Zielgerade gestürmt: "Das Bild kann man nicht beschreiben. Es hat wirklich etwas Magisches." In fließendem Italienisch peitschte er die Menge an: "Wir alle sind Ferrari!" Die sportliche Analyse des roten Capitano war ähnlich motivierend: "Unsere Gegner waren in ihrer eigenen Welt, aber wir haben für uns das Optimum erreicht. Darauf können wir aufbauen. Es ist auch wieder Zeit, dass es bergauf geht."

Nico Rosberg

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(Foto: dpa)

Die Sommerpause hat Nico Rosberg offenbar gut getan. Kalorienreduziertes Eis aus heimischer Fertigung, Bootfahren mit Baby, Familienurlaub auf Ibiza. Seither hat der Zweite bei Mercedes zwei erstklassige Siege eingefahren, an diesem Wochenende seinen allerersten in Monza. Nach Erfolgen steht es jetzt sieben zu sieben in der laufenden Saison. Das 50. Podium zeigte einen ausgelassenen Rosberg: Er dirigierte als Vorsänger auf Italienisch die Massen in Monza. Seine Kraft, sagt er, ziehe er aus dem Duell mit Lewis Hamilton. Und nach seinem Walk in the Park liegt er nur noch zwei Pünktchen hinter dem Briten. Weshalb sich seine Bilanz im atemlosen Formel-1-Tempo so liest: "Sensationeller Tag! Echt gigantisch! Einzigartig! Hat sich toll angefühlt!"

Lewis Hamilton

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(Foto: Mark Thompson/Getty)

Es ist ein Zitat, das ein Rennfahrer nur nach einem perfekten Tag abgeben kann: "Ich liebe diese Runde, sie fühlte sich fantastisch an. Es war Poesie in Bewegung, das Adrenalin schoss wie verrückt durch meinen Körper." Leider galt das nur für das Qualifying am Samstag, als er Nico Rosberg um eine halbe Sekunde düpierte. Dem 50. Grand-Prix-Sieg stand nichts im Weg, außer dem Start. Der WM-Tabellenführer bewies Größe in der Panne, er funkte sofort eine Entschuldigung an die Box: "War mein Fehler, Jungs." Aufholjagden scheinen seine Spezialität zu werden, in Spa schaffte er es von ganz hinten auf den zweiten Rang: "So glücklich wie an Weihnachten ist man natürlich nicht an so einem Tag. Es ist ein harter Schlag, wenn man ein Rennen wegen so eines Starts verliert. Ich hätte gern mehr Kapital aus meiner Qualifikationsrunde geschlagen."

Bernie Ecclestone

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(Foto: dpa)

Einen Deal über 8,5 Milliarden Dollar aushandeln, und dann ein letztes Mal auschecken aus dem Fahrerlager, das er seit über vier Jahrzehnten regiert, mit dem Ehrentitel Zampano? An einen Abschied von Bernie Ecclestone mag niemand glauben, auch wenn sein Lebenswerk am Dienstag an den 75 Jahre alten US-Milliardär John Malone verkauft werden soll. "Ich tue, was ich immer getan habe. Es ist meine Entscheidung, welche Rolle ich einnehme", ließ er allen ausrichten, die zu früh über ein Ende der Autokratie frohlocken wollten. An seiner Seite in Monza: der alte Kumpel Flavio Briatore, 66 (links im Bild). In der Spur seiner Nachfolge: Alejandro Agag, 45, Geschäftsführer der Formel E, an der Malone auch beteiligt ist. Ecclestone scheint das Pokern wie üblich Spaß zu machen. Die Prognose des 85-Jährigen: "We will see."

Jenson Button

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(Foto: dpa)

Es soll kein Rücktritt sein, sondern "ein innovatives neues Fahrerkonzept". Mit solchen Floskeln wird der Weltmeister von 2009 in ein Pausenjahr geschickt, von dem niemand außer dem 36-Jährigen selbst glaubt, dass er nochmal zurück in die Startaufstellung findet. Button wird McLaren-Botschafter, ausgerüstet mit einem Zwei-Jahres-Vertrag. Seinen Job an der Seite von Fernando Alonso bekommt der 24-jährige Belgier Stoffel Vandoorne. Die Formel 1 verliert damit einen ihrer beliebtesten Charaktere. Der Mann, der seit der Jahrtausendwende im Grand-Prix-Sport ist, war zuletzt müde vom mühsamen Entwicklungsprozess mit dem Honda-Motor. Aber ohne Ausdauer wird es auch künftig nicht gehen - seinen eigenen Hybrid will er künftig beim Triathlon aufladen: "Es ist noch ein langer Weg in die Zukunft."

Jacques Villeneuve

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(Foto: AP)

Neben der Strecke benimmt sich der Kanadier, 1997 Champion im Ausscheidungsrammen mit Michael Schumacher, wie auf der Piste: frech und respektlos. Also wie Max Verstappen bisher. Aber Villeneuve beansprucht die Rolle des Rebellen auch heute noch für sich. Wie sich der 18 Jahre alte Niederländer benehme, das sei "lebensgefährlich". Verstappen konterte in einem niederländischen Zeitungsinterview damit, dass der Kanadier selbst ein Menschenleben auf dem Gewissen habe... 2001 hatte ein Rad von Villeneuves BMW nach einem Unfall einen Streckenposten erschlagen. Dem 45-Jährigen fiel dazu nur ein: "Eine respektlose Bemerkung." Verstappen fiel an diesem Wochenende nicht weiter auf. Platz sieben, und nur eine Feindberührung.

Sergio Marchionne

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(Foto: dpa)

Die Saisonbilanz seiner Scuderia kann der Präsident von Ferrari in einem Wort ausdrücken: "Gescheitert." Technisches Ziel für 2016 nicht erreicht. Fehler im System. Bei noch sieben ausstehenden Rennen konzentriert man sich in Maranello jetzt auf 2017 und den weiteren Umbau der Mannschaft. "Wir brauchen keinen Zuckerguss, unser Auto ist einfach nicht da, wo es sein sollte", urteilte der Kanadier in Monza, "alle anderen haben sich weiterentwickelt, bei uns aber gab es Stillstand." Dann folgt die übliche, charmant verpackte Drohung nach dem Rennen: "Es war kein schlechtes Ergebnis, aber auch kein gutes. Die Fahrer haben gezeigt, was Ferrari leisten kann. Aber genug ist das nicht..."

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