Formel 1: Bilanz der Deutschen:Klavierspieler im Nacken

Am Sonntag steht der Große Preis von Deutschland in Hockenheim an - Zeit für eine Zwischenbilanz der einheimischen Formel-1-Piloten Vettel, Rosberg, Schumacher, Sutil, Hülkenberg und Glock.

René Hofmann

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Formel 1 - GP Deutschland - Vettel

Quelle: dpa

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Sebastian Vettel, 23, Red Bull, 121 Punkte, Vierter der Fahrerwertung

Kann immer noch jüngster Formel-1- Weltmeister werden. Zwei Siege, fünf Pole-Positions 2010, zuletzt aber von Teamkollege Mark Webber in den Schatten gestellt und in hitzige Teamduelle verwickelt. Könnte besser dastehen. Die eifrige Attacke auf Webber in Istanbul mit anschließendem Unfall kostete Vettel viele Punkte. Die meisten Zähler aber gingen Vettel durch Fehler verloren, für die er nichts konnte: Beim Auftakt in Bahrain bremste ihn ein Zündkerzen-Defekt, in Australien wurde eine Radauflösung schwach, in Barcelona brach eine Bremsscheibe, in Monte Carlo hatte sein Auto einen Knacks, in Kanada gab es Getriebeprobleme, in Großbritannien schließlich hatte er einen Reifenschaden.

Vettel ist ein extrem gefragter Mann, im kommenden Jahr aber noch an Red Bull gebunden. Der Poker, ob er sich dem Rennstall jetzt schon längerfristig verpflichten will, läuft.

Mercedes Formula One driver Nico Rosberg of Germany talks to his mechanics during the first practice at the Hockenheim race track

Quelle: rtr

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Nico Rosberg, 25, Mercedes, 90 Punkte, Sechster der Fahrerwertung

In diesem Jahr schon dreimal Dritter (Malaysia, China, England). Nach vier Jahren mit Privatier Williams froh, endlich in einer Werksmannschaft zu sein. "Mercedes ist das absolute Traumteam für mich", sagt Rosberg, der lange schon als Talent galt, allerdings nicht als ein so großes, als das er sich nun entpuppt hat. Sagt über den Titelkampf: "Noch habe ich mich nicht aufgegeben." Aber die wichtigste Statistik ist die Team-interne. Hat in den ersten zehn Rennen 54 Punkte mehr gesammelt als der siebenmalige Weltmeister Michael Schumacher. Rosberg fuhr bislang neben Mark Webber, Alexander Wurz und Kazuki Nakajima.

Er sagt über Schumacher: "Michael ist der stärkste Teamkollege, den ich hatte." Schumacher, der schon neben Nelson Piquet, Martin Brundle, Riccardo Patrese, JJ Lehto, Jos Verstappen, Johnny Herbert, Eddie Irvine, Rubens Barrichello und Felipe Massa fuhr, sagt das Gleiche über Rosberg. Rosberg fährt im kommenden Jahr weiter für Mercedes, dann mit dem Anspruch: "Es muss uns gelingen, ein Siegerauto zu bauen."

Formel 1: Grosser Preis von Deutschland

Quelle: ag.ddp

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Michael Schumacher, 41, Mercedes, 36 Punkte, Neunter der Fahrerwertung

Vor der Saison hat er gesagt: "Ich erwarte nicht, alle in Grund und Boden zu fahren." Der einstige Seriensieger hat nach drei Jahren Pause tatsächlich Mühe, in Schwung zu kommen. Das Auto liegt ihm nicht, es gibt keine Testfahrten mehr, die Reifen haben sich geändert. In der Qualifikation hat Schumacher Mühe, achtmal war Rosberg schneller. In den Rennen läuft es besser. Schumachers Starts sind gut. In Malaysia fiel er wegen eines Federdefektes aus, in Monte Carlo und in Valencia wurde er vom Kommandostand falsch instruiert und stand am Ende schlechter da, als er war.

In Silverstone brachte er sich selbst mit einem Ausrutscher auf der Runde nach dem Boxenstopp um ein besseres Resultat. Hat seine einstige Verbissenheit nach Niederlagen verloren, wurde von Hinterbänklern überholt und von den Besten überrundet, was zu Spekulationen führte, er könne bald die Nase voll haben. Schumacher sagt dazu: "Ich habe Spaß - und einen Dreijahres-Vertrag." Darüber hinaus? "Werde ich Mercedes wohl in einer noch nicht definierten Rolle erhalten bleiben." Aus deutscher Sicht bisher die größte Enttäuschung.

Formel 1 - GP Türkei - Adrian Sutil

Quelle: dpa

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Adrian Sutil, 27, Force India, 35 Punkte, Zehnter der Fahrerwertung

Als Adrian Sutil vor drei Jahren in die Formel 1 kam, war er sich schon sicher, dass er quasi immer und überall gut aussehen würde. Schnelle Kurse lägen ihm, versicherte er, genauso wie Stadtstrecken, im Regen fühlte er sich besonders stark, und die Abstimmungsarbeit, die lag ihm auch. Das alles zu demonstrieren, dauerte dann aber doch ein Weilchen. Seit dem vergangenen Jahr beweist Sutil tatsächlich, dass er unter vielen Bedingungen schnell Auto fahren kann. Hat maßgeblich dazu beigetragen, dass sich Force India zum Mittelfeldteam entwickelte. Seinen Teamkollegen Vitantonio Liuzzi hat er klar im Griff. Vor zwei Wochen in Silverstone fuhr Sutil forsch an Michael Schumacher vorbei, beim Deutschland-Grand-Prix kann er den Altmeister in der Fahrerwertung überholen. Wer darauf vor der Saison gewettet hat, bekam eine außerordentliche Quote. Sutil, der aus Gräfelfing bei München stammt und dessen Vater Konzertmusiker ist, spielt auch außergewöhnlich gut Klavier.

Im Rennen geht er nicht immer mit so viel Fingerspitzengefühl zu Werke. Geriet 2010 schon zweimal mit Sebastian Vettel aneinander. Eine langfristige Karriereplanung ist bei Teams wie Force India, bei denen die Fahrer immer auch gerne Sponsorengeld mitbringen dürfen, schwer möglich. 2011 aber wäre eine Weiterbeschäftigung dort reizvoll: Dann soll es für Rennstallbesitzer Vijay Mallya ein Heimrennen geben, den ersten Großen Preis von Indien.

Formel 1 - GP Großbritannien  -Hülkenberg

Quelle: dpa

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Nico Hülkenberg, 22, Williams, Zwei Punkte, 17. der Fahrerwertung

Nach seinen ersten zehn Formel-1-Rennen muss der Spediteurssohn aus Emmerich am Rhein damit leben, dass sein Manager immer noch bekannter ist als er: Hülkenberg wird von Willi Weber beraten, dem einstigen Beistand von Michael Schumacher. Weber schickt sich gerade an, mit einem Prozess wegen Insolvenzverschleppung vor dem Landgericht Stuttgart noch ein wenig mehr Berühmtheit zu erlangen. Weber hat Hülkenberg den Spitznamen The Hulk verpasst und ihm beigebracht, wenig zu reden und wenig zu lächeln. Er soll lieber Taten sprechen lassen. Das glückte bislang nicht so gut.

The Hulk hat seinen 38-jährigen Teamkollegen Rubens Barrichello manchmal im Griff, meist ist es eher umgekehrt. Das Williams-Team wird angeführt vom 68-jährigen Frank Williams und vom 64-jährigen Patrick Head. Die alten Männer stehen auf den erfahrenen Piloten Barrichello. Dessen Zwischenzeugnis fällt auffallend schmeichelhaft aus. Bei Hülkenberg klingt es deutlich verhaltener, und das, obwohl er extra in die Nähe des Teams nach England gezogen ist und bei einem Praktikum alle Abteilungen der Rennwagenfabrik durchlief. Zumindest in der Kategorie Mitarbeit sollte ihm das ein "Sehr lobenswert" einbringen.

Formel 1 - GP Deutschland - Pressekonferenz

Quelle: dpa

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Timo Glock, 28, Virgin, Null Punkte, 24. der WM-Wertung

Das Jahr begann peinlich. Erst fiel ständig der Frontspoiler ab, dann war der Tank zu klein. Glock durfte in den Rennen nicht richtig Gas geben, sonst wäre er liegengeblieben. Virgin ist eines von drei neuen Teams, und der Anspruch ist, in dieser Teilwertung Bester zu werden.

Mit null Punkten für beide Piloten sieht es damit im Moment nicht so rosig aus. Glock war der Wunschfahrer des Teams, das ihn auch gerne für die kommende Saison behalten würde. Doch der einstige Toyota-Fahrer ist ernüchtert. "Wir hatten zu viele Defekte", sagt Glock, der bei Virgin einen langjährigen Vertrag besitzt, allerdings einen "mit Schlupflöchern". Bemüht sich ein etablierter Rennstall um ihn, wird er wohl wechseln.

© sueddeutsche.de/jbe
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