Audi und Katar:Das Gesicht der Formel 1 verändert sich radikal

Lesezeit: 4 Min.

Audi kehrt in die Formel 1 zurück – mit einer kräftigen Finanzspritze aus Katar. (Foto: Olivier Matthys/dpa)

Großes Geld und große Firmen steigen in die Königsklasse des Motorsports ein – jetzt erhält Audi einen finanzkräftigen Partner: Katar. Die Konkurrenz lobt den Deal.

Von Elmar Brümmer

Frank Williams war zeit seines Lebens ein stolzer Garagist in der Formel 1 und mit neun Konstrukteurstiteln sogar der erfolgreichste. Seinen Terminkalender führte er nach einer einfachen Struktur: „Für zwei Stunden an einem Sonntag ist es Sport, und in der restlichen Zeit ist es ein Geschäft.“ Wie richtig die These von der Business-Formel ist, wurde in dieser Woche massiv unterstrichen. Erst hat der US-Automobilgigant General Motors den Einstieg des Cadillac-Rennstalls für 2026 verkündet, dann besiegelte Audi am Rande des vorletzten WM-Laufs auf dem Losail International Circuit eine strategische Partnerschaft: mit dem Staatsfonds von Katar.

Die Königsklasse des Motorsports, deren Boom momentan ungebrochen erscheint, lohnt sich wieder, zumal die Rennwagen von 2026 an mit dem zukunftsträchtigen Hybridantrieb und CO₂-neutralem Sprit unterwegs sein werden. Großes Geld und große Firmen verändern radikal das Gesicht der Formel 1 – von Pionieren wie Williams bleibt nur noch der Name. Von den künftig elf Rennställen werden mehr als die Hälfte eine direkte Werksanbindung haben. Gelockt von der Gewinnbeteiligung, die für alle Rennställe zusammen jährlich längst die Milliardengrenze übertroffen hat.

Cadillac in der Formel 1
:Die Königsfamilie des Motorsports wächst

Die Formel 1 erweitert von 2026 an ihr Teilnehmerfeld auf elf Teams. Neu dabei ist dann die US-Marke Cadillac. Vorangegangen war eine lange Kontroverse mit der Rennsport-Dynastie Andretti, die nun raus und irgendwie doch dabei ist.

Von Anna Dreher

Audi hat sich schon vor gut zwei Jahren zum Einstieg in die Formel 1 bekannt und damals im internen Wettrennen des Volkswagen-Konzerns (Projektname „Speed“) den Konkurrenten Porsche ausgebremst. Die Übernahme des Schweizer Sauber-Rennstalls als Basis der Ingolstädter Ambitionen ging dabei etwas zäher voran als gedacht. Das Spitzenpersonal im Konzern wechselte, die ins Zürcher Oberland entsandten Kommissionäre waren uneinig.

Immer wieder mussten Ausstiegsgerüchte und finanzielle Engpässe dementiert werden, Anfang September von Vorstandschef Gernot Döllner persönlich an der Rennstrecke in Monza, als er eigentlich gekommen war, um mit dem ehemaligen Ferrari-Mann Mattia Binotto einen CEO zu präsentieren. Dann verschärfte sich die Krise in der deutschen Automobilindustrie, auch Audi rutschte im dritten Quartal in die roten Zahlen und will das Werk in Brüssel schließen. Die Zweifler am auch intern nicht unumstrittenen Formel-1-Einstieg nahmen wieder zu.

Anfang 2025 kommt der stille Teilhaber Katar auch offiziell ins Boot

Dass Gernot Döllner am Freitag erneut an eine Rennstrecke reiste, diesmal zusammen mit seinem Finanzchef Jürgen Rittenberger, zeigt die Dimension des Abkommens mit den Katarern. Von einer „signifikanten Minderheitsbeteiligung“ ist die Rede, kolportiert werden 30 Prozent Anteile, für die es einen Sitz im Verwaltungsrat gibt. Und, je nach Schätzung, 300 bis 400 Millionen Euro Zuschuss. Die Möglichkeit, das eigene Milliardenengagement durch Investoren zu refinanzieren, hatte Audi bereits bei den Übernahmeverhandlungen mit dem bisherigen Sauber-Eigner Finn Rausing, einem Erben des Tetrapak-Konzerns, vereinbart. Dem Schweden sollten ursprünglich nur 75 Prozent von Sauber abgekauft werden, aber dieser wollte offenbar nicht im gleichen Maß weiteres Geld in den Rennstall schießen, weshalb Audi in diesem März die Komplettübernahme verkündete. Diese soll Anfang 2025 abgeschlossen werden, dann kommt der stille Teilhaber Katar auch offiziell ins Boot.

Konkret hatten die Verhandlungen mit der Qatar Investment Authority (QAI) bereits am 29. November 2023 begonnen, als die Gäste die Rennmotorenfabrik in Neuburg an der Donau besuchten. Die finanzielle Entlastung hat daher nichts mit den aktuellen Schlagzeilen um VW zu tun, aber sie wirkt nach innen wie außen natürlich beruhigend. Gesprochen wurde zwar auch mit anderen potenziellen Geldgebern, Katar aber war eine logische Wahl, der Staat besitzt bereits 17 Prozent Anteile am Volkswagen-Imperium und ist dort der drittgrößte Aktienbesitzer.

Das Werksteam soll weiter Audi heißen, es ist möglich, dass ein Co-Sponsor aus der Golfregion als Namensgeber hinzukommt. Absichten für einen kompletten Verkauf scheint es momentan nicht zu geben, wichtig war Gernot Döllner zunächst vorrangig die akute Finanzspritze: „Das wird unser Wachstum beschleunigen.“ Konkret: Die Rennfabrik von Sauber muss ausgebaut werden, hauptsächlich braucht es deutlich mehr Personal für das Hochlohnland Schweiz. Auch Audi-Statthalter Döllner hat erkannt: „Das Formel-1-Projekt ist integral für die Transformationsgeschichte von Audi. Du kannst keine Zukunft aufbauen, indem du nur Geld einsparst. Du musst auch investieren.“

Ein Platz in der Formel 1 ist noch zu vergeben – die Bewerber sammeln sich schon

Die Rechnung könnte aufgehen, auch für Katar. Die Entwicklung der Formel 1 einerseits und das Cost Cap andererseits bedeuten einen gewaltigen finanziellen Aufschwung. Rennställe wie Ferrari, Red Bull Racing oder Mercedes werden jenseits der Drei-Milliarden-Dollar-Grenze bewertet. Im neuen Rahmenabkommen namens Concorde Agreement dürften sich die Gewinnanteile noch einmal erhöhen. Schon sammeln sich Bewerber für den zwölften und letzten freien Platz im Starterfeld, es könnte Toyota oder einer der koreanischen Automobilhersteller werden.

Die Partner aus dem Emirat sehen in der Formel 1 daher ein „erhebliches, unerschlossenes Investitionspotenzial“, sie wollen damit für eine Zukunft nach der fossilen Energie vorsorgen – und natürlich Image gewinnen. Damit steht Katar nicht allein da. Das Nachbarland Bahrain kontrolliert bereits seit Jahren McLaren, Saudi-Arabien hat über seinen Erdölfördergesellschaft Aramco die Option auf ein Aktienpaket von Aston Martin. Auch sonst folgt ein Großteil der Rennställe dem Investorenmodell, bei Alpine sind Sportgrößen wie Alexander Zverev oder Patrick Mahomes Einzelteilhaber.

„Das ist gut für den Sport und auch naheliegend“, sagt Mercedes-Teamchef Toto Wolff über die finanzielle Konstruktion bei Audi, „ein Investment mit richtig Power.“ Der Österreicher, der selbst schon früh und erfolgreich in Start-ups investiert hat, sieht damit das hauseigene Modell bestätigt. Der Stuttgarter Rennstall gehört seit 2020 zu je einem Drittel Mercedes, dem Chemiekonzern Ineos und Wolff. In etwa zur gleichen Zeit wurde auch das Familienunternehmen Williams seine finanziellen Sorgen los, aber auch die Kontrolle über das Rennteam. Seither gehört der britische Traditionsrennstall der US-Investmentgesellschaft Dorilton Partners. Die Formel 1 ist eine Geldmeisterschaft, auch sonntags.

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