Formel 1 am Nürburgring:Gerangel im Bullen-Stall

Sebastian Vettel bekommt bei der Jagd auf den WM-Führenden Jenson Button Konkurrenz - durch den Nürburgring-Sieger und Teamkollegen Mark Webber.

René Hofmann

Für Mark Webber war es eine Premiere. Seit sieben Jahren tritt der Australier in der Formel 1 an. Der Große Preis von Deutschland an diesem Sonntag auf dem Nürburgring war sein 129. Rennen in der Serie. Es war das erste, das er gewann. "Ich wollte das unbedingt", sagte der 32-Jährige, nachdem er die Advance Australia Fair hatte hören dürfen, in der es heißt: "Froh lasst uns jubeln, Einwohner Australiens!" Mit Webber durfte bei der Champagnerzeremonie sein Red-Bull-Kollege Sebastian Vettel jubeln und Ferrari-Fahrer Felipe Massa, der Dritter wurde. Nico Rosberg im Williams kam als Vierter ins Ziel - vor WM-Anführer Jenson Button und dessen Brawn-Kollege Rubens Barrichello.

Formel 1 am Nürburgring: "Froh lasst uns jubeln, Einwohner Australiens!"

"Froh lasst uns jubeln, Einwohner Australiens!"

(Foto: Foto: Getty)

Für Rosberg ist es das beste Resultat in diesem Jahr. Vettel übernimmt dank der Reihenfolge mit 47 Punkten Platz zwei in der WM-Wertung. Nach dem neunten von 17 Saisonrennen ist Button ihm noch 21 Punkte voraus. Webber kommt auf 45,5 Zähler. "Mark war heute unschlagbar. Er hat verdient gewonnen. Aber unser Auto ist richtig gut. Ich freue mich schon auf die nächsten Rennen", sagte Vettel. Für die anderen deutschen Teilnehmer endete der bewölkte Nachmittag in der Eifel bewölkt: Timo Glock verpasste im Toyota als Neunter ebenso die Punkteränge wie Nick Heidfeld im BMW als Zehnter. Die Auszeichnung als unglücklichster Nebendarsteller ging wieder einmal an Adrian Sutil.

Dem 26-Jährigen war am Samstag in der Qualifikation ein seltenes Kunststück gelungen: Mit seinem Force India hatte er erstmals nicht nur die erste Ausscheidungsrunde überstanden, Sutil hatte sogar die finale erreicht und dort mit viel Benzin im Tank Startplatz sieben erreicht. Den strategischen Benzin-Vorteil spielte er im Rennen bis zum ersten Boxenstopp glänzend aus. Als Sutil Mitte des Rennens zum Tanken an die Box bog, war er Zweiter. Es hätte sein ganz großer Auftritt werden können. Doch es wurde eine ganz große Enttäuschung: Beim Weg zurück auf die Strecke kollidierte er in der engen erste Kurve mit Ferrari-Lenker Kimi Räikkönen. Der Finne fiel wenig später aus. Sutil fiel weit zurück. Er wurde am Ende Fünfzehnter.

Mittendrin im Durcheinander

Sebastian Vettel hatte die Chance auf einen Sieg in seinem Heimrennen bereits am Samstag verspielt. In der Qualifikation zog ein Schauer über die Rennstrecke. Das wechselhafte Wetter ließ die Strategen am Red-Bull-Kommandostand etwas durcheinander kommen. Als er auf die letzte schnelle Runde bog, die er drehen konnte, dachte Vettel, ihm würde sich anschließend noch eine Gelegenheit zur Zeitverbesserung bieten. "Vielleicht zwei Zehntelsekunden" vergab er so, schätzte Vettel. Zwei Startplätze kostete ihn das Missgeschick nach dieser Kalkulation. Statt als Zweiter neben Mark Webber, der zum ersten Mal in seiner Formel-1-Karriere die Pole-Position einnahm, durfte Vettel lediglich als Vierter hinter Rubens Barrichello und Jenson Button an die Startampel. Mittendrin statt nur dabei war er somit bei dem Durcheinander, das entstand, als die fünf roten Lichter erloschen.

Lewis Hamilton aktivierte in seinem McLaren-Mercedes den Knopf für die 82-Zusatz-PS, die das Energierückgewinnungssystem Kers ihm bringt. Mit dem Mehr-Schub schoss der Brite von Startplatz fünf aus weit nach vorne, was in der ersten Biegung für viel Unordnung sorgte. In dem Kuddelmuddel wurde Vettel bis auf Position sieben zurückgeworfen. "Das war ein schlechter Start", gab er nachher zu, "ich bin sehr froh, dass ich danach die richtige Strategie hatte."

Webber hatte an der Spitze nichts mit dem Gerangel zu tun. Er hatte es mit Barrichello zu tun. Der Brasilianer drängte forsch zur Führung, was Webber verhinderte, indem er den Brawn-Boliden fast in die Boxenmauer drängte. Für die Attacke sprachen die Rennkommissare eine Durchfahrtsstrafe aus. Dass Webber trotzdem siegte, zeigt, wie gut er an diesem Wochenende Auto fuhr. "Natürlich hätte ich lieber gewonnen. Aber das ist ein sehr starkes Resultat für das Team", sagte Vettel anerkennend.

Der Trend spricht für Red Bull

Zum dritten Mal in diesem Jahr belegten die dunkelblauen Autos die Plätze eins und zwei. Im dritten Rennen in Serie haben sie nun mehr Punkte eingefahren als die beiden Brawn-GP-Fahrer Button und Barrichello, womit sich der Titelkampf zuspitzt. In den vergangenen zwei Rennen hat Vettel seinen Rückstand auf Button um elf Punkte verkürzt. Nach dem Deutschland-Grand-Prix ist das Brawn-Duo an der Spitze der WM-Wertung erstmals gesprengt. Vettel und Webber sind in der Punkteliste an Barrichello vorbeigezogen. Der Trend ist eindeutig: Für Red Bull geht es bergauf, für BrawnGP leicht bergab. Wie schon in Silverstone hatten Button und Barrichello Probleme, die Reifen auf Betriebstemperatur zu bringen. In zwei Wochen, auf dem Hungaroring bei Budapest, kann das aber schon wieder anders aussehen. In Ungarn zeigt das Thermometer meist mehr als die 18 Grad, die am Sonntag in der Eifel gemessen wurden.

"Mal sehen, wie es bei den heißen Rennen für uns ausschaut", sagt Webber, der in Queanbeyan im Süden Australiens aufwuchs und sich mit Hitze auskennt. Er ist der erste Australier seit 27 Jahren, der ein Formel-1-Rennen gewinnt. Von einer Stallorder zu Vettels Gunsten will Webber noch nichts wissen. "Es bringt nichts, alle Eier in einen Korb zu legen", sagt er kämpferisch. Als die Saison begann, startete er mit einem Handicap: Im Winter hatte er sich ein Bein gebrochen. Jetzt ist es geheilt.

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