Football:Stau an der Stadtgrenze

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Fromme Wünsche: Die Anhänger der Oakland Raiders wollen ihr Team in der Stadt behalten und nicht nach Los Angeles ziehen lassen. (Foto: Kirby Lee/USA Today Sports)

21 Jahre hatte Los Angeles kein Football-Team - jetzt wollen gleich drei Teams nach Kalifornien umsiedeln.

Der Tag, an dem "Football in Los Angeles starb", wie Sports Illustrated schrieb, war der Heiligabend 1994. Um 16.02 Uhr verließen die Raiders nach einem 9:19 gegen die Kansas City Chiefs das Spielfeld im Coliseum und kamen nicht zurück. Fünf Minuten später war 50 Kilometer südlich im Anaheim Stadium das Spiel der Rams zu Ende, sie unterlagen den Washington Redskins 21:24. Seit diesem Tag hat die zweitgrößte Stadt der USA kein Spiel der National Football League (NFL) gesehen. Das könnte sich bald ändern: Vor den Toren der Stadt herrscht jedenfalls ein ziemliches Gedränge. Die Rams wollen angeblich aus St. Louis zurückkehren, die Raiders aus Oakland, und schließlich denken auch die Chargers aus San Diego an einen Umzug in den Großraum Los Angeles, in dem knapp 18 Millionen Menschen leben.

Im Großraum L.A. tummeln sich schon sieben, künftig sogar acht Profi-Mannschaften

Mit einem Umzug nach Los Angeles haben in der Vergangenheit schon häufiger Klubs geliebäugelt. Es handelte sich stets um eine kalkulierte Erpressung: Die Städte, die verlassen werden sollten, bauten mit Steuergeldern dann doch lieber ein neues Stadion, als ihre "Franchise" zu verlieren. Mit diesen Stadien konnten die Klub-Besitzer noch mehr Geld umsetzen als ohnehin schon. Die NFL ist eine Gelddruckmaschine. Den Stein ins Rollen gebracht hat diesmal Stan Kroenke. Dem milliardenschweren Unternehmer gehören unter anderem 63 Prozent der Aktien des FC Arsenal. Kroenke stellte fest, dass sich mit dem Edward James Dome in St. Louis, der 1995 bei der Rückkehr der Rams aus Los Angeles eingeweiht wurde, nicht mehr so viel Geld machen lässt wie früher. Er kündigte an, in Inglewood am Flughafen von Los Angeles ein Stadion zu bauen.

Der Palast von Kroenke soll eine Milliarde Dollar kosten. Kurios: Auch St. Louis hat Pläne für eine neue, ebenfalls eine Milliarde Dollar teure Arena vorgelegt, um die Rams zu halten; darüber hinaus planen die Eigentümer der Raiders und der Chargers, in der Kleinstadt Carson, die zum Landkreis Los Angeles gehört, gemeinsam eine Arena aus dem Boden zu stampfen. Geplante Kosten: 1,75 Milliarden Dollar. Hinter den Kulissen ist nun ein heftiges Tau- ziehen im Gange, denn so einfach ist die Sache mit dem Umzug jetzt auch wieder nicht. Dem Ortswechsel einer "Franchise" müssen mindestens 24 der insgesamt 32 Klubs zustimmen. Das bedeutet auch: Die Rams sowie die Raiders-Chargers-Allianz können den Plan der jeweils anderen Partei torpedieren, wenn sie neun Stimmen gegen deren Umzug sammeln. Und angeblich haben beide diese neun Stimmen.

Natürlich geht es auch bei der Abstimmung unter den Eigentümern ums Geld. Deshalb, so ist zu hören, bevorzugt die Mehrheit der Klub-Besitzer den Umzug der Raiders und Chargers. Beide spielen in veralteten Stadien ohne Aussicht auf einen Neubau. Und: Ziehen zwei Mannschaften um, wird die Umzugsgebühr von angeblich 500 Millionen Dollar pro Team eben zweimal in die Gemeinschaftskasse einbezahlt.

Fraglich ist freilich, ob Los Angeles die NFL braucht. Im Großraum tummeln sich schon sieben, künftig acht Profi-Teams: Dodgers und Angels (Baseball), Lakers und Clippers (Basketball), Kings und Ducks (Eishockey) sowie die Galaxy und bald Los Angeles FC (Fußball). Wer Football sehen will, geht zu Spielen der Uni-Teams UCLA und USC. Deren Zuschauerschnitt liegt bei weit mehr als 70 000. Am Wochenende endet die "regular season" der NFL. Chargers, Raiders und Rams spielen auswärts. Wer nicht mehr in die alte Heimat zurück muss, soll dann ein Umzugskomitee der NFL im Januar beurteilen.

© SZ vom 31.12.2015 / sid - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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