Festnahme in Budapest:Der Hacker, der hinter "Football-Leaks" steckt

Festnahme in Budapest: Ein Bild, das die ungarische Polizei ausgehändigt hat, zeigt die Verhaftung von Rui Pinto.

Ein Bild, das die ungarische Polizei ausgehändigt hat, zeigt die Verhaftung von Rui Pinto.

(Foto: AFP)
  • Portugals Kriminalpolizei lässt in Budapest den lange gesuchten Cyber-Kriminellen Rui Pinto verhaften.
  • Ihm werden versuchte Erpressung, widerrechtlicher Zugang zu fremden elektronischen Datensystemen, Aneignung persönlicher Daten Dritter und Geheimnisverrat vorgeworfen.
  • Sein Anwalt bestätigt: Rui Pinto ist ein "Teil von Football Leaks".

Von Javier Cáceres

Das jüngste Kapitel einer Spionageaffäre, die nicht nur Portugals Fußball seit Monaten beschäftigt, stieg in Budapest. Am Mittwochabend gab Portugals Kriminalpolizei in Lissabon bekannt, dass sie in Ungarns Hauptstadt die "Operation Cyber-Donau" erfolgreich abgeschlossen habe - mit der Festnahme eines 30-jährigen Portugiesen, der in diverse Delikte verstrickt sei: versuchte Erpressung, widerrechtlicher Zugang zu fremden elektronischen Datensystemen, Aneignung persönlicher Daten Dritter, Geheimnisverrat. Ein Hacker unter vielen? Zumindest hielten die Behörden den Fall für wichtig genug, dass der Leiter der Kripo, Luís Neves, persönlich nach Budapest reiste, um den Zugriff zu überwachen.

Der mutmaßliche Hacker war schon vor Jahren ins Visier der Ermittler geraten. 2013 soll er die Caledonian Bank mit Sitz auf den Cayman-Inseln um 300 000 Dollar erleichtert haben. Die Sache flog auf, wurde aber zunächst nicht publik, weil die Bank ihre Kunden nicht verunsichern wollte. Im Zentrum der jetzigen Ermittlungen steht eine Hacker-Attacke auf die E-Mail-Konten von Benfica Lissabon.

Doch spätestens am Donnerstag bekam der Fall eine Dimension weit über Portugal hinaus. Da meldete sich der französische Anwalt William Bourdon und bestätigte, was aus Polizeikreisen bereits verlautet war: dass es sich bei dem Inhaftierten um Rui Pinto handelt. Bourdon bezeichnet seinen Mandanten als einen "großen europäischen Whistleblower und Teil von Football Leaks". Er habe der Welt die kriminellen Machenschaften im Fußball vor Augen führen wollen. Die Plattform "Football Leaks" hatte - vor allem über das Magazin Spiegel - in den letzten Jahren unzählige interne Dokumente aus der Fußballbranche öffentlich gemacht. Und dabei war stets der Eindruck erweckt worden, bei der Quelle all der Daten und Informationen handele es sich um einen Fußballromatiker, nicht um einen Cyber-Kriminellen. Der Spiegel teilte dazu am Donnerstag mit, aus Gründen des Informantenschutzes äußere man sich prinzipiell nicht zur Identität von möglichen Quellen.

Hatte der FC Porto Mails bei Rui Pinto gekauft?

In jedem Fall scheint nun in Lissabon eine Geschichte zu enden, die dort 2017 begonnen hatte: Damals schienen interne Mails von Benfica-Funktionären zu belegen, dass Portugals Rekordmeister Schiedsrichter und Spiele gekauft hat. Ihren Weg an die Öffentlichkeit fanden die Mails auf eher ungewöhnliche Weise - über den TV-Sender des Rivalen FC Porto. "Aus den Ermittlungen ergeben sich Verdachtsmomente, dass die direkte oder indirekte Quelle für die Mails Rui Pinto war", schrieb der Correio da Manhã am Donnerstag. Der FC Porto solle die Mails - "direkt oder indirekt", wie die Zeitung schrieb - bei Rui Pinto gekauft haben. Benfica wiederum ließ am Mittwoch verlauten, dass man gerne bereit wäre, die Strafanzeige wegen versuchter Erpressung zurückzuziehen, wenn der Festgenommene offenbare, wer ihn beauftragt und/oder bezahlt habe. Der Verdacht, der mitschwingt und auch von Benfica gestreut wird: Es sei der FC Porto gewesen.

Der Klub war in der Vergangenheit selbst Opfer von Cyberattacken gewesen - und stand 2016 im Fokus von "Football Leaks". Unter anderem wurde damals bekannt, dass der Präsidenten-Sohn Alexandre Pinto da Costa bei mindestens zwei Porto-Transfers mitkassiert hatte, es gab Proteste von Fans. Eine Hypothese der Ermittler: Porto habe den Hacker dann umgedreht - und auf Benfica angesetzt.

Von den Medien, die Material von "Football-Leaks" verwerten, wird die Quelle "John" genannt, ein Deckname. Rui Pinto selbst hatte in der Vergangenheit beteuert, nichts mit "Football Leaks" zu tun zu haben. Er sei Opfer einer Diffamierungskampagne. Portugiesischen Medien zufolge waren die Ermittler in Lissabon aber längst davon überzeugt, dass Rui Pinto hinter "Football-Leaks" stecke. Zumal der Name Pinto auch im Zuge der Ermittlungen wegen einer Hacker-Attacke auf den Sportvermarkter Doyen aus dem Jahr 2015 genannt worden ist. Nun hat also sein Anwalt die Identität bestätigt. Bis Rui Pinto nach Lissabon überstellt wird, dürfte es noch dauern. Sein Anwalt will eine Auslieferung mit dem Argument verhindern, Pinto unterliege "als Whistleblower besonderem rechtlichen Schutz".

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