Football-Klub San Francisco 49ers:Endlich keine Lachnummer mehr

Nach vielen Jahren schließen die San Francisco 49ers wieder eine reguläre Football-Saison mit einer positiven Bilanz ab. Es ist nicht weniger als die Auferstehung einer Mannschaft, die lange zu den besten der NFL gehört hatte.

Christoph Leischwitz

Vielleicht ist die Saison für die San Francisco 49ers in gewisser Weise auch schon vorbei. Am Sonntag verloren sie gegen die Arizona Cardinals mit 19:21, Coach Jim Harbaugh reagierte etwas dünnhäutig auf die Fragen der Journalisten und sagte irgendwann: "Leute, wir reden hier nicht darüber, nur mit den Spielern." Nun warten zum Beispiel noch die starken Pittsburgh Steelers und die überraschend guten Seattle Seahawks, die Zeit der Siegesserien in der National Football League (NFL) ist für diese Saison schon gezählt.

San Francisco 49ers Alex Smith and head coach Jim Harbaugh talk in the fourth quarter of their NFL game against the Arizona Cardinals in Glendale

Erfolgreiches Duo bei den San Francisco 49ers: Quarterback Alex Smith und Trainer Jim Harbaugh.

(Foto: REUTERS)

Doch eine Woche zuvor, da hatten sie im eigenen Stadion ausgiebig gefeiert. Sie hatten mit 26:0 gegen die St. Louis Rams gewonnen, es war viel mehr als das erste zu Null seit über zwei Jahren: Es war der zehnte Saisonsieg, sie haben damit das erste Mal seit 2002 eine winning season sowie die Playoffs erreicht, die sie zudem schon sicher mit einem Heimspiel zieren können. Schnell hatten die Zeugwarte in der Kabine T-Shirts und Schirmmützen mit der Aufschrift "NFC Champions" ausgelegt, der Divisionssieg wurde gefeiert wie ein glorreicher Saisonabschluss.

Egal wie diese Spielzeit auf dem Papier enden mag, sie hat den Fans schon jetzt den Stolz zurückgebracht, den sie sich schon abtrainiert hatten, zumal in einer Spielzeit, in der keiner damit gerechnet hatte. Es war nicht weniger als die Auferstehung einer Mannschaft, die lange zu den besten der NFL gehört hatte, in diesem Jahrhundert bisher allerdings in der Versenkung verschwunden war und nur noch hin und wieder auftauchte, um sich zur Lachnummer zu machen.

Trainer Bill Walsh, Receiver Jerry Rice, die Quarterbacks Joe Montana und Steve Young - alles klangvolle Namen des American Football. Zwischen 1981 und 1998 hatten die 49ers stets eine winning season, fünf Mal gewannen sie die Super Bowl und zählten immer zu den Favoriten.

Will man einen Zeitpunkt für den Bruch ihrer Erfolgsserie ausmachen, dann war es wohl der fünfte Spieltag der Saison 1999: Im Spiel gegen die Arizona Cardinals sah Steve Young einen Gegenspieler nicht kommen und steckte einen harten Tackle ein. Er verließ das Spielfeld und kam nie wieder zurück. Es folgten Trainerentlassungen und viel interner Ärger. 2005 wurde Quarterback Alex Smith gedraftet, der bis vergangenen September stellvertretend für alle 49ers zum Haudrauf-Männchen der Fans wurde.

Dem Verein nahm man zudem übel, dass man nicht Aaron Rodgers aus dem Pool der College-Spieler auswählt hatte. Rodgers spielt nun für die Green Bay Packers und führte diese vergangene Saison zum Super Bowl-Sieg.

Keine Goldrausch-Ära mehr

Dabei hatte Smith nie eine faire Chance. In seinen sieben Jahren mit den 49ers bekam er sieben verschiedene Offensiv-Trainer mit verschiedenen Spielzug-Repertoires vorgesetzt. Verletzungen warfen ihn zurück, neue Trainer schenkten oft auch anderen Spielmachern das Vertrauen, meist erfolglos. Vor allem aber fehlten ihm die guten Passempfänger.

Doch als Jim Harbaugh im Januar 2011 die 49ers als Chefcoach übernahm, fand der bereits einen Kader vor, der es ihm ermöglichte, Gegnern das eigene Spiel aufzuzwingen. Trotzdem hatten sich die meisten Fans darauf eingestellt, dass diese Saison bestenfalls der sportlichen Konsolidierung dienen würde. Für neue Trainer war es ohnehin schwerer als sonst gewesen. Weil sich Eigner und Spielergewerkschaft lange nicht auf eine Aufteilung der Gelder einigen konnten, war der Trainingsbeginn mehrere Wochen nach hinten verschoben worden.

Überraschend ist deshalb vor allem die mannschaftliche Geschlossenheit der 49ers. In Runningback Frank Gore und Passempfänger Michael Crabtree haben sie zwei herausragende Spieler, aber die stellen sich komplett in den Dienst der Mannschaft.

Das Spiel erinnert auch nicht mehr an die Goldrausch-Ära der achtziger und neunziger Jahre, Quarterback Smith wirft nur selten spektakuläre Pässe - entscheidend ist die Abwehr, die keinen langen Ballbesitz des Gegners zulässt, indem sie das Laufspiel schnell unterbindet. In nunmehr 13 Spielen ist noch keinem Gegner gegen die 49ers ein Touchdown per Lauf gelungen.

Trotzdem sieht kaum jemand die 49ers als Favorit auf den Titel, denn sie hatten bisher auch nicht viele schwere Gegner. Trainerpedant Harbaugh muss nun darauf achten, dass seiner Mannschaft der Divisionstitel noch nicht genügt. Sie habe die Erwartungen selbst erhöht, "das ist natürlich Teil des Spiels", sagt er. Der krasse Außenseiter ist kein Außenseiter mehr, weil nun alle gewarnt sind.

Es ist wohl kein Zufall, dass ausgerechnet jetzt, nach fünf Jahre langen Verhandlungen, die Mannschaft endlich ein neues Stadion bekommt. Bis 2015 soll es in Santa Clara gebaut werden, 50 Kilometer südöstlich von San Francisco. Dank des starken Kaders wittert man dort nun einen neuen Goldrausch. Doch die 49ers halten an ihrer großen Vergangenheit fest: Sie behalten den Beinamen San Francisco.

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