Football:Fehlwurf des Quarterbacks

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Seit 2000 in Boston, sechs NFL-Titel gewonnen – jetzt in den NFL-Wildcard-Games raus: Tom Brady. (Foto: Matthew Healey/imago)

Tom Brady, der größte Quarterback in hundert Jahren NFL-Geschichte, wechselt nach dem Aus der New England Patriots in den Playoffs womöglich den Arbeitsplatz.

Tom Brady starrte in den Vorhang aus Nieselregen. Eine Minute lang kauerte er auf der Bank der New England Patriots und ertrug, wie in seinem Ballsaal die Titanen tanzten. War es das? War das der schmucklose, bittere Abgang des größten Quarterbacks in hundert Jahren NFL-Geschichte? Vielleicht. Oder, vermutlich doch: eher nicht. "Ziemlich unwahrscheinlich" sei es, dass er nach dem Playoff-Aus gegen die Tennessee Titans (13:20) seine Karriere beende, sagte der 42-Jährige: "Hoffentlich unwahrscheinlich. Ich werde die Zukunft nicht vorhersagen. Wer weiß schon, was sie bringt?"

Niemand weiß es - aber jeder wollte es wissen. Dutzende Fotografen und Kameraleute drängelten sich um das beste Bild des Quarterbacks nach einem Wildcard-Spiel, das zu allem Überfluss mit einer Brady-Interception neun Sekunden vor Ablauf der Zeit geendet hatte. Ausgerechnet! Ein Fehlwurf der "Maschine" in die Arme des Gegners, beim 11 615. Passversuch seiner zwanzigjährigen NFL-Karriere - in sechs Saisons hatte Brady den Titel gewinnen können. "So ist das, wenn man den Ball wirft", sagte er, "ein 99-Yard-Touchdown wäre schöner. Das wäre cool gewesen."

Dass er die Niederlage ähnlich cool nimmt, ist nicht anzunehmen. Brady gilt als erfolgsbesessen, als Teamplayer und Ehrgeizling, der dem Sieg alles unterordnet - sogar sein glamouröses Privatleben mit drei Kindern an der Seite der Brasilianerin Gisele Bündchen, die auf der Tribüne bei Popcorn aus der Tüte vergeblich bangte. Die gemeinsame Bostoner 1100-Quadratmeter-Villa steht für 39,5 Millionen Dollar zum Verkauf, was ebenfalls Gerüchte aller Art blühen lässt.

Denn Brady wird nach der Saison zum "unrestricted free agent". Das heißt: Er kann mit jedem der 32 NFL-Teams verhandeln - und unterschreiben, wo er will. Stets hat Brady betont, spielen zu wollen, bis er 45 ist. Doch im Football bricht ein neues Zeitalter an. Ältere, langsamere, fast nur passenden Quarterbacks wie Brady, Drew Brees, 40, Philip Rivers, 38, oder Aaron Rodgers, 36, sind in die Jahre gekommen - und in dieser Saison führten sie ihre Teams auch nicht zum Erfolg. Nur noch Rodgers ist mit den Green Bay Packers im Playoff-Viertelfinale vertreten. Dagegen schied Brees mit den New Orleans Saints überraschend gegen die Minnesota Vikings aus, Rivers und die Los Angeles Chargers hatten sich gar nicht erst qualifiziert.

Eine neue Generation ist bereit: Dynamische Spielmacher wie Lamar Jackson, 22, von den Baltimore Ravens, die auch im Laufspiel eine Bedrohung sind. Brady bekam die Patriots-Offensive in der kompletten Saison nicht richtig ans Laufen, seine Statistiken sind rückläufig.

© SZ vom 07.01.2020 / sid - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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