Financial-Fairplay im Fußball:Der nächste Erdrutsch droht

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Wartet auf Signale aus Brüssel: Uefa-Boss Michel Platini. (Foto: AFP)

Das Financial-Fairplay-Konzept der Uefa gerät auf den Prüfstand des Europäischen Gerichtshofs. Geklagt gegen das Lieblingsprojekt von Michel Platini hat der Anwalt, der einst auch das Bosman-Urteil erstritten hat.

Von Thomas Kistner

Jean-Louis Dupont ist es gewohnt, seine Klagen gegen die europäischen Fußballmächte gleich auf das große Ganze zu richten. Und es ist schon eine Weile her, dass der belgische Anwalt das letzte Mal belächelt wurde für seine fulminanten Volten: Damals war er für seinen Mandanten Marc Bosman vor den Kadi gezogen gegen die Europäische Fußball-Union (Uefa).

Der Zweitligakicker wollte für einen Vereinswechsel nach Vertragsende seine kostenlose Freigabe erstreiten. Und so stellte Ende 1995 der Europäische Gerichtshof in Luxemburg das Transfersystem auf den Kopf: Er schaffte Ablösesummen für Profikicker ab, deren Verträge ausgelaufen sind, und Klauseln, nach denen nur eine bestimmte Zahl von Ausländern in einem Team eingesetzt werden durften.

Ein Erdrutsch, plötzlich galt auch im Fußball das Recht auf freie Arbeitsplatzwahl. Jetzt zieht Dupont erneut vor Gericht, wieder wähnt sich der Verband gut gewappnet: Am Montag klagte Dupont bei der Europäischen Kommission gegen das Financial-Fairplay-Konzept (FFP) der Uefa, das ab der Saison 2013/14 greifen soll. FFP, sagt der Anwalt, verletzte europäisches Wettbewerbsrecht und EU-Freiheiten.

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Diesmal vertritt Dupont den belgischen Spielervermittler Daniel Striani, der mittelprächtige Profis etwa beim belgischen Erstligisten RSC Anderlecht oder bei AC Parma in Italien managt. Im Kern attackiert er Artikel 57 des FFP-Reglements, dieser regelt die Kostendeckung von Einnahmen und Ausgaben in den Klub-Etats. Der Artikel verlangt kategorisch, dass die Ausgaben von Teilnehmern an Uefa-Wettbewerben ihre Einnahmen "nicht übersteigen" dürfen.

Das aber, so Dupont per Mitteilung zur eingereichten Klage, verbiete den Klubbesitzern auch dann übersteigende Ausgaben, wenn sie damit auf ein Vereinswachstum zielen. Zudem erzeuge die Kostendeckungs-Regel allerlei Wettbewerbseinschränkungen. Sie begrenze generell Investitionen und reduziere "die Anzahl von Transfers und die Höhe von Transferausgaben, sie zementiert die bestehende Marktstruktur, hat deflatorischen Effekt auf die Spielergehälter und konsequenterweise auf die Einnahmen von Spieleragenten" - in dieser für das Fußballspiel mäßig bedeutenden Verdienstfrage liegt wohl die Hauptsorge des Klägers Striani.

Dessen Anwalt aber heißt Dupont, ist auf Sport- und EU-Recht spezialisiert und hat noch mehr Pfeile im Köcher. Er moniert, dass die Kostendeckungs-Regel fundamentale EU-Freiheiten verletzte: "Freien Kapitalfluss, Berufsfreiheit von Spielern und Agenten." Derart starke Beschränkungen von Wettbewerbsrecht und EU-Prinzipien seien auch nicht durch das FFP-Ziel zu heilen, die dauerhafte Stabilität der Klubfinanzen.

Dupont akzeptiert, dass die Uefa von den an ihren Wettbewerben teilnehmenden Klubs Nachweise verlangt, nicht überschuldet zu sein. Doch könne eine Kostendeckungs-Regel ihr Ziel nicht effizient erreichen, dies zeigten Wirtschafts- und Rechtsanalysen. Zugleich sei es gar "nicht nötig, überhöhte Ausgaben zu verbieten, es reicht, wenn deren Deckung vor Saisonbeginn für den kompletten Saisonverlauf voll garantiert werden muss". Etwa über Bankgarantien.

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Damit stelle sich neben der Frage, ob eine illegitime Absprache unter Wettbewerbern vorliegt, die finale Hürde auf: "Die Regel ist unverhältnismäßig" - weil sie durch ebenso effiziente Maßnahmen ersetzt werden könne, die kein EU-Prinzip verletzen. Dupont: "Die Uefa muss die EU-Richter überzeugen, dass beim FFP Mittel eingesetzt werden, die das EU-Recht am wenigsten einschränken." Dass dies mit der Kostendeckungs-Regel gelingt, hält er für "unwahrscheinlich".

Starker Tobak aus Brüssel. Dabei zieht das Herzensprojekt von Uefa-Chef Michel Platini ohnehin wachsende Skepsis auf sich. Zumal, seit sein Sohn als Spitzenmanager beim katarischen Sportinvestmentfond QSI eingestiegen ist, der Frankreichs Vorzeigeklub Paris St. Germain erworben hat und dort Finanz-Kunststücke vorführt, die den Verdacht nähren, dass unter dem Deckmantel abstrus hoher Sponsoringzahlungen eine diskrete Klubfinanzierung betrieben wird. Die Uefa hielt konkreten Fragen bisher nur vage Appelle an die Sittsamkeit der Klubs entgegen. Was Duponts Attacke anbelangt, verweist sie darauf, dass die EU-Kommission das FFP abgesegnet habe. Mag sein, sagt Dupont - aber die Richter in Luxemburg könnten das jetzt ganz anders sehen.

© SZ vom 07.05.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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