Süddeutsche Zeitung

Finals:Titel und Tränen

Ein Duo im Wasserspringen verpasst fast Olympia, eine Athletin im Modernen Fünfkampf wird ihrer Favoritenrolle gerecht und ein Handballweltmeister freut sich über einen Pokalsieg nach 19 Jahren - fünf Geschichten von den Finals.

Wie eine Katze

Die erst kürzlich gekürten Europameister Patrick Hausding und Lars Rüdiger hätten bei den nationalen Meisterschaften im Wasserspringen um ein Haar ihre fest eingeplante Olympia-Teilnahme vermasselt. In Berlin kamen sie im Synchron-Finale vom Drei-Meter-Brett nach einem schweren Patzer von Hausding nur auf Platz drei. Der Rekord-Europameister hatte beim dreieinhalbfachen Auerbachsalto das Bein nicht zu packen bekommen und war "wie eine Katze" (Bundestrainer Buschkow) ins Wasser geplumpst. Da aber für die Nominierung auch die Leistung des Vorkampfs berücksichtigt wird, konnten Hausding/Rüdiger am Ende aufatmen. "Das ist mir bei dem Sprung das letzte Mal vor zwölf Jahren passiert", sagte Hausding, 32, der sich schnell von dem Schrecken erholte. Im Einzel vom Drei-Meter-Brett gewann er mit 542,25 Punkten, und mit Timo Barthel holte er auch noch den Titel im Synchronspringen vom Turm (436,62 Punkte). SID, dpa

Roadtrip

Ein paar Mal hat sich Ronald Rauhe dann doch übers Gesicht gewischt, und der Grund war nicht nur die Gischt der Regattastrecke. "Dabei wollte ich gar nicht emotional werden", sagte er. Zweiter wurde der Kanu-Olympiasieger von 2004 bei den nationalen Meisterschaften im Parallelsprint hinter Kostja Stroinski aus Berlin. Es war das letzte Rennen für Rauhe in Deutschland, auf der Duisburger Regattastrecke, auf der er sich wohlfühlt wie andere in der heimischen Badewanne. Rauhe ist 39 Jahre alt, am Ende des Sommers beendet er die lange, imposante Karriere. Vorher tritt er noch mal bei Olympia an - nicht als Sprinter, sondern im Flaggschiff der Kanuten, dem Kajak-Vierer. Das Quartett hat sich am Samstag in Posen noch den Europameistertitel gesichert. Nach dem Wettkampf setzte sich Rauhe ins Auto und fuhr mit den Teamkollegen rund 800 Kilometer aus Polen zurück nach Duisburg. Ein "Roadtrip", sagte er. Und eine Abschiedspaddeltour. Bkl

Trostsieg

Acht Sekunden vor seinem Rivalen überquerte der Triathlet Tim Hellwig beim Titelkampf über die Sprintdistanz in Berlin die Ziellinie. "Es war ein kleines Trostpflaster nach der knapp verpassten Olympia-Qualifikation", befand der 21-Jährige aus St. Ingbert. Denn er darf sich nach 750 Metern Schwimmen, 20 Kilometern Radfahren und fünf Kilometern Laufen jetzt zwar deutscher Meister nennen., nach Tokio aber wird ein anderer fliegen: Justus Nieschlag aus Lehrte. Hellwig hatte bei einem internen Wettkampf in Kienbaum vor knapp zwei Wochen nur Platz drei belegt. In Berlin wurde Nieschlag Zweiter, war aber dennoch sehr zufrieden: "Enttäuscht bin ich sicher nicht", sagte er: "Tim hat wohlverdient gewonnen. Ich hatte vor, heil ins Ziel zu kommen. Das habe ich geschafft." Bei den Frauen siegte Lisa Tertsch, 22, aus Darmstadt. Auch hier ist die Olympiastarterin eine andere Konkurrentin: Anabel Knoll aus Ingolstadt, die Zehnte wurde. sid, dpa

Schönes Pflaster

Die Arena im Hamburger Volkspark wird wohl nicht nach ihm benannt, doch das wird der Trainer des neuen Handball-Pokalsiegers TBV Lemgo Lippe verschmerzen. "Hamburg ist für mich ein schönes Pflaster", sagt Florian Kehrmann, 43, ein Weltmeister von 2007: "Ich bin hier Meister und Pokalsieger geworden als Spieler, habe in Hamburg meinen ersten Sieg als Lemgo-Trainer gefeiert." 19 Jahre nachdem der frühere Weltklasse-Rechtsaußen den TBV als Kapitän zum Pokalsieg führte, hat er es auch als Trainer geschafft. Einen Tag nach dem Halbfinal-Coup über Rekordsieger THW Kiel (29:28) bezwang das Team aus Ostwestfalen im Endspiel vor 2000 Zuschauern auch die MT Melsungen (28:24). Dafür darf der Bundesliga-Elfte in der nächsten Saison in der European League mitspielen. "Ich bin einfach begeistert", sagte Kehrmann im Sender ARD und redete seinen Beitrag klein: "Ich habe die Mannschaft einfach machen lassen." sid

Multitalent

Die erste Etappe in Berlin ist bewältigt. Die nächste folgt dann in Ägypten. Aber mehrere Herausforderungen zu bestehen, sind Moderne Fünfkämpfer, die Multitasker der olympischen Sportwelt, gewohnt: Annika Schleu, 31, Vierte der Sommerspiele von Rio, ist ihrer Favoritenstellung bei den internationalen Meisterschaften in Berlin jedenfalls gerecht geworden. Sie gewann den Wettkampf nach einer hervorragenden Leistung im Laser-Run, der letzten Disziplin nach dem Fechten, Schwimmen und Reiten. Zwar ging sie mit einem Rückstand von 15 Sekunden auf die Kollegin Rebecca Langrehr auf die Strecke, machte die Differenz aber beim Laufen und Schießen mit der Laserpistole wieder wett. "Es war wirklich anstrengend, ich bin froh, dass ich es geschafft habe", sagte sie im Ziel. Viel Pause bleibt nicht. Nächste Woche steht die Weltmeisterschaft in Ägypten auf dem Programm. Erst danach wird über die Olympiateilnahmen entschieden. dpa, sid

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SZ vom 07.06.2021 / sid, dpa
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