Finaleinzug der Bayern-Basketballer:Aus dem Schwitzkasten befreit

Playoffs, Basketball, FC Bayern München, EWE Baskets Oldenburg

Ellenbogen raus: Bayerns Cheftrainer Svetislav Pesic

(Foto: Bongarts/Getty Images)

Das gab es seit über 50 Jahren nicht mehr: Die Basketballer des FC Bayern spielen nach einer umkämpften Serie gegen Oldenburg wieder ein Finale um die deutsche Meisterschaft. Dort wartet Alba Berlin auf die Mannschaft von Svetislav Pesic - und die Fortsetzung einer Rivalität.

Von Jonas Beckenkamp

Svetislav Pesic hatte wieder einige Kilometer zurückgelegt an der Seitenlinie. Der Trainer der Bayern-Basketballer ist keiner, der bei der Ausübung seines Berufs lange still sitzt - Pesic rennt, fuchtelt, zetert, manchmal verteidigt er einfach mit. Diesmal purzelte er kurz vor Schluss seinem Sohn Marko in die Arme. Die beiden umarmten sich innig, der etwas größer gewachsene Filius bekam einen Schmatzer ab, dann huschte ein Lächeln über beide Gesichter.

Pesic und Pesic, dieses Tandem aus Trainer und Geschäftsführer des Münchner Projekts, wussten in diesem Moment, dass ihnen Historisches gelungen war: Erstmals seit den beiden Meisterschaften 1954 und 1955 winkt ihrem Klub wieder ein Titel im deutschen Basketball. Dank eines wuchtigen, streckenweise sehr überzeugenden 88:63 (41:33) im entscheidenden Bundesliga-Halbfinale gegen Oldenburg dürfen die Bayern nun das Endspiel bestreiten.

Und irgendwie ergab es einen Sinn, dass der Gegner dort von kommendem Sonntag an (16.15h, Liveticker auf SZ.de) Alba Berlin heißt. Stärker als die Roten und die Gelben präsentierte sich in den vergangenen Monaten in der BBL niemand. "Heute hat man gesehen, dass wir zu Recht nach der regulären Saison Erster waren und dass wir es verdient haben, ins Finale einzuziehen", bilanzierte Pesic - der Alte, als er sich aus dem Schwitzkasten seines Sohnes befreit hatte. Er hatte vor allem in der zweiten Halbzeit eine Mannschaft gesehen, die im richtigen Moment ihre beste Leistung aufs Parkett gebracht hatte.

In den vergangenen Monaten hatte die hohe Belastung mit anstrengenden Reisen in der Euroleague Pesics Mannschaft geplagt. 72 Pflichtspiele stecken den Bayern in dieser Spielzeit in den Knochen, es gab Auftritte, da waren die knacksenden Muskeln und das tiefe Schnaufen bis unter die Hallendecke zu hören. Zum Beispiel nach den ersten beiden Spielen der Serie gegen Oldenburg. 2:0 führten die Münchner bereits in der "Best-of-Five"-Begegnung, als zwei Schluffi-Darbietungen plötzlich den Ausgleich der Norddeutschen zuließen. Ein erneutes Halbfinal-Aus hätte eine Riesen-Enttäuschung bedeutet - Spiel fünf wurde zu einer fast überlebenswichtigen Angelegenheit.

Schlotternde Wurfhände

"Oldenburg hat eine Riesenserie gespielt. Der Druck auf uns war enorm, das hat man in der Kabine gespürt", erklärte Steffen Hamann, der in der entscheidenden Saisonphase wieder deutlich mehr Spielanteile von Pesic bekommt. Der Kapitän gab zu, dass der Verlauf der Serie für schlotternde Wurfhände gesorgt hatte: "Es tut gut, dass wir so zurückgekommen sind. Wir können stolz sein, aber der Weg ist noch weit." Während in Spiel vier die Oldenburger nach der Pause einen 21:0-Lauf hingelegt hatten, um den Gegner abzuschütteln, gelang diesmal den Münchnern eine 21:3-Strecke im dritten Viertel.

Zupackend wie beim Wiesn-Anstich

Es waren die Momente, als Malcolm Delaney (17 Punkte) aufdrehte, als Bryce Taylor seine Flugkünste bewies und als Heiko Schaffartzik zwei Dreier aus der Kategorie "Vom Parkplatz" in den Korb zauberte. Zudem packten die Bayern in Person von Center John Bryant und Forward Deon Thompson im Offensivrebound entschlossen zu, als ginge es um die erste Maß Bier beim Wiesn-Anstich. "Thompson hat die Balance zwischen Defense und Offense gefunden; wir haben jetzt einen weiteren Spieler, auf den wir uns verlassen können", lobte Pesic, er schwärmte jetzt: "Wir haben so viele gute Leute, ich weiß manchmal gar nicht, wen ich einsetzen soll."

Die Tiefe im Bayern-Kader könnte sich nun auch im Finale bezahlt machen, denn mit Alba wartet ein ausgeruhter Widersacher, der schon seit einigen Tagen qualifiziert ist. München gegen Berlin - diese Paarung verspricht nicht nur ein kräftezehrendes Gerangel mit großer Intensität, sondern auch die Fortsetzung einer monatelangen Rivalität.

Dass die Bayern vor der Saison mit Schaffartzik, Yassin Idbihi, Nihad Djedovic und Thompson gleich vier Berliner an die Isar lockten, sorgte für ziemliche Verstimmung im Norden. Unvergessen und vor allem unaufgeklärt bleibt auch die Aktion einiger Alba-Fans, die beim Gastspiel der Münchner an der Spree ein Trikot des gebürtigen Berliners Schaffartzik symbolisch an ein Kreuz tackerten.

"Ich glaube, sie werden mir zujubeln"

Das Aufeinandertreffen mit den ehemaligen Kollegen dürfte für den Nationalspieler somit besonders werden, schließlich ermöglicht der Modus, dass es bis zur allerletzten Schlusssirene zweimal nach Berlin gehen könnte. Beim Stand von 2:2 hätten dann die Münchner wie schon gegen Oldenburg im fünften Spiel Heimrecht. "Das wird das allerherzlichste Wiedersehen", sagte Schaffartzik leicht sarkastisch, "ich glaube, sie werden mir zujubeln."

Solche Scharmützel sparte sich Trainer Pesic diesmal. Obwohl auch er eine lange Vergangenheit mit Alba hat, hatte er wichtigeres zu verkünden. Er widmete den Final-Einzug dem Klub-Patron a. D., Uli Hoeneß. Der war vor seinem Haftantritt in dieser Woche Stammgast bei seinen Basketballern, ausgerechnet im bis dato wichtigsten Saisonspiel blieb sein Platz leer. "Das alles hier ist ein Geschenk für uns. Unser ehemaliger Präsident wird sich auch freuen, einen schönen Gruß. Wir denken jeden Tag an ihn, wie er an uns", sagte der Serbe. Still sitzen wie Hoeneß im Gefängnis - für Pesic wäre das wohl nichts.

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