Nico Rosberg war trotzdem guter Dinge. "Lass uns da bitte am Montagmorgen drüber reden", antwortete der Mercedes-Fahrer, als er nach der Qualifikation zum Großen Preis von Abu Dhabi gefragt wurde, was er davon halte, dass 2017 nach Safety-Car-Phasen im Stehen gestartet werden soll. Nach einer kurzen Pause korrigierte Rosberg sich: "Nein, besser Montagmittag. Morgens sollte ich nicht zur Verfügung stehen."
An diesem Sonntag um 14 Uhr MEZ wird der letzte Grand Prix der Saison 2016 gestartet, in Abu Dhabi ist es dann 17 Uhr. Rund 100 Minuten später wird die Welt wissen, wer Formel-1-Weltmeister ist. Am Morgen danach würde Rosberg, erschöpft von einer langen WM-Party, am liebsten ausschlafen. Es wäre ja sein erster Titel, den er feiern würde.
Formel 1:Hamilton schnappt sich die wichtigste Pole des Jahres
Nico Rosberg will in Abu Dhabi Weltmeister werden, doch sein Mercedes-Rivale gibt sich nicht geschlagen: Er startet im letzten Rennen der Saison von Platz eins.
Rosberg startet mit einem Vorsprung von zwölf Punkten vor seinem Teamkollegen Lewis Hamilton in den 21. Großen Preis in diesem Jahr, aber am Start hat er nicht den besten Platz. Im Kampf um die Pole-Position war Hamilton am Samstag schneller. Der Brite umrundete den Yas Marina Circuit im entscheidenden Umlauf in 1:38,755 Minuten und war damit drei Zehntelsekunden schneller als Rosberg. Dritter wurde, mit einem Abstand von fünf Zehntelsekunden auf Rosberg, der Australier Daniel Ricciardo im Red Bull, gefolgt von den beiden Ferrari-Fahrern Kimi Räikkönen und Sebastian Vettel.
Zum zwölften Mal startet Hamilton 2016 von der Spitze
"Das hat heute leider nicht ganz gereicht", sagte Rosberg zu seinem Abschneiden. An seinem Ziel, das Jahr mit einem Sieg beenden zu wollen, hielt er fest. "Von Platz zwei aus gibt es ja immer noch ein paar gute Chancen", glaubt er. In den vergangenen zwei Jahren startete er in Abu Dhabi von der Pole-Position aus. Dieser Vorteil wird dieses Mal Hamilton zuteil. Zum zwölften Mal in diesem Jahr war er der Samstagsschnellste. "Ich bin mit der Einstellung hierhin gekommen, genau so fahren zu wollen": Sein Selbstbewusstsein war Hamilton nach dem makellosen Auftritt deutlich anzuhören.
Der Sieger des Rennens erhält 25 Punkte, der Zweitplatzierte 18, der Dritte 15: Wenn Rosberg Dritter wird, ist ihm der Titel nicht mehr zu nehmen. Das ist die Ausgangssituation. Sowohl er wie auch Hamilton haben in diesem Jahr bisher neun Mal triumphiert.
Formel 1:Rosberg verhindert einen Crash
Der WM-Führende hat Glück, sein Verfolger Lewis Hamilton setzt auf psychologische Kriegsführung. Felipe Massa heult im Regen. Die Zylinderköpfe der Formel 1.
Um nach 2008, 2014 und 2015 zum insgesamt vierten Mal als Champion gekrönt zu werden, muss Hamilton versuchen, Rosberg in einen Fehler zu treiben. Das Bemühen, Rosberg unter Druck zu setzen, ist ihm deutlich anzumerken: In jedem Training platzierte Hamilton sich vor seinem Rivalen. In jedem der drei Qualifikationsdurchgänge war er schneller als Rosberg, im ersten sogar um den deutlichen Abstand von rund einer Sekunde.
Im entscheidenden, dritten Qualifikationsdurchgang brachen beide zweimal auf, um eine schnelle Runde zu drehen. Bei beiden Versuchen zeigte sich das gleiche Muster: Rosberg war im kurzen ersten Streckenabschnitt ein wenig schneller, Hamilton in den beiden folgenden deutlich. "Ich hatte eine gute Balance im Auto", sagte der Deutsche. "Und letztlich habe ich dann auch noch ein paar gute Runden getroffen": Das Bemühen, die Dinge optimistisch zu sehen und sich nicht in zu viele Szenarien zu versteigen, war Rosberg deutlich anzuhören.
Daniel Ricciardo wird das Rennen auf härteren Reifen beginnen. Auf den ersten Metern kann das ein Nachteil, mit Blick auf die Lage nach dem ersten Boxenstopp aber ein Vorteil sein. Sein Poker könnte die Strategien der beiden Mercedes-Männer durcheinanderbringen. Was Rosberg helfen könnte: Max Verstappen, der zuletzt mit mehr als einer ungestümen Aktion im Startgetümmel auffiel, darf in seinem Red Bull lediglich als Sechster an die Startampel. Was er zu all den Szenarien sage, wurde Rosberg gefragt. Er sagte: "Das ist mir zu kompliziert. Ich möchte es einfach halten und mich einfach auf morgen konzentrieren."
Als Beistand dafür ist Ehefrau Vivian eingeschwebt. Lewis Hamilton steht seine Mutter zur Seite - und ein ganzes Boot voller Fans, das in dem künstlich angelegten Hafen festgemacht hat, um den herum die 55 Runden gedreht werden. Die lauten Unterstützer haben - wie vor zwei Jahren, als die WM-Entscheidung ebenfalls in Abu Dhabi fiel und Lewis Hamilton triumphierte - direkt hinter dem Mercedes-Pavillon festgemacht.