Fiktive Bundesliga-Vorschau:"Am Ende des Tages ist das Blödsinn"

Fiktive Bundesliga-Vorschau: Alles Blödsinn? Die Bayern-Bosse Karl-Heinz Rummenigge (links) und Uli Hoeneß stehen vor einer schwierigen Saison, zumindest in diesem Text.

Alles Blödsinn? Die Bayern-Bosse Karl-Heinz Rummenigge (links) und Uli Hoeneß stehen vor einer schwierigen Saison, zumindest in diesem Text.

(Foto: AP)

Die Bayern setzen auf Tradition, dem BVB gehen die Spieler aus - und Bruno Labbadia muss den HSV retten. Die komplett fiktive Vorschau auf die Bundesliga-Saison.

Glosse von Sebastian Fischer und Martin Schneider

Die 55. Bundesliga-Saison beginnt, und alle hoffen auf Spannung. Außer dem FC Bayern, der hofft auf seinen sechsten Meistertitel in Serie.

1. Spieltag: Am Start gleich ein Eklat. Timo Werner, der Strafraum-Senkrechtstarter von RB Leipzig, zeigt in Schalke eine Schwalbe, verwandelt den Elfmeter und präsentiert beim Jubel ein schwarz-gelbes T-Shirt. Dortmunder Farben. Er sagt: "Es tut mir leid, dass das aussah wie eine Provokation. Aber die Pfiffe gegen mich sind frech." Schalkes Trainer Domenico Tedesco, 31, der Einser-Absolvent der Trainer-Akademie, wird beim selben Spiel als neuer Einstein der Liga gefeiert. Er lässt mit dem nie zuvor gesehen, angewinkelten 3,7-4,3-2-System (von rechts nach links) antreten - Schalke gewinnt 3:1. Beim TV-Sender Sky verfliegt die Euphorie über den Saisonstart schnell: Das Top-Spiel sahen nur 17 Zuschauer. Weil die Fernsehrechte seit dieser Saison auf unzählige Sender verteilt sind, wussten nur diese 17, dass die Partie noch immer bei Sky und nicht schon bei Eurosport, Dazn, TM3 oder RTL2 läuft.

2. Spieltag: Borussia Dortmund verliert kurz vor Ende der Transferfrist Christian Pulisic, Marc Bartra und Pierre-Emerick Aubameyang für insgesamt 333 Millionen Euro an Paris Saint-Germain, den FC Liverpool und den erst zwei Tage zuvor gegründeten chinesischen Klub Shenyang High-Noon. Die Dortmunder holen für je 66 Millionen Euro Matthias Ginter aus Gladbach und Henrikh Mkhitaryan von Manchester United zurück. Zudem erhöhen sie das Gehalt von André Schürrle auf sieben Millionen Euro - in der Woche.

3. Spieltag: Der FC Bayern bleibt nach einem 0:1 in Hoffenheim weiter sieglos. Uli Hoeneß kündigt drastische Schritte an. Am Montag stellt er Carsten Jancker als neuen Stürmer-Trainer vor. Hoeneß: "Wir brauchen wieder mehr Mia san mia!" Am Mittwoch verkündet Hoeneß, dass Roque Santa Cruz die neue Vereinshymne singen wird. Sie heißt "Mia san mia". Am Freitag wird Sammy Kuffour als "Chef-Koordinator Abwehr" präsentiert. Hoeneß: "Der Sammy hat uns 2001 zum Weltpokal geschossen. Wir haben wieder Mia san mia."

6. Spieltag: Die Probleme mit dem neu eingeführten Videobeweis häufen sich. Im Freitagsspiel in München erzielt Mario Gomez das 1:0 für Wolfsburg mit der Hand. Das Tor zählt, in Köln, wo die Szenen aus allen Stadien zentral auf hochauflösenden Bildschirmen simultan überprüft werden, ist der Strom ausgefallen. Sky-Experte und Ex-Schiedsrichter Peter Gagelmann ruft bei seinem Sender an, um die Farce zu kritisieren. Doch das Spiel läuft bei Eurosport, Dazn, TM3 und RTL2.

7. Spieltag: Chaos beim HSV. Der Bundesliga-Dino entlässt Trainer Markus Gisdol und stellt Bruno Labbadia als Nachfolger vor. Labbadia ist begeistert: "In dieser Mannschaft steckt Potenzial für Europa!" Apropos Europa: Die U15-Nationalelf von Malta soll in der Oberliga Nordost antreten. Nach Kooperation mit Chinas Fußballverband, dessen U20 in der Regionalliga Südwest kickt, ist dies die zweite Revolution des Deutschen Fußball-Bundes. DFB-Präsident Reinhard Grindel gibt sich optimistisch: "Das ist eine Riesenchance."

10. Spieltag: Der neue Innen- und Sportminister Christian Lindner (FDP) glaubt, dass Berlin einen lässigeren Klub verdient. Er präsentiert im Olympiastadion Ideen für ein neues Hertha-Image, die er gemeinsam mit der Agentur Jung von Matt, dem Vice-Magazin und Mustafas Gemüse-Kebab erarbeitet hat. Trainer Pal Dardai soll eine ironische Antwort pro Pressekonferenz geben. Mindestens. Zudem muss er Hornbrille und Dutt tragen, und die Skinny-Jeans über die Knöchel hochkrempeln. Hertha-Profi Mitchell Weiser gefällt das.

12. Spieltag: Chaos beim HSV. Der Bundesliga-Dino entlässt Bruno Labbadia.

Zwölf Minuten Nachspielzeit für die Bayern

13. Spieltag: Der FC Bayern schlägt Gladbach 1:0 durch ein spätes Tor von Robert Lewandowski (102. Minute). Debatten, wonach zwölf Minuten Nachspielzeit völlig übertrieben seien, kontert Karl-Heinz Rummenigge ("Am Ende des Tages ist das Blödsinn"). Forderungen, dem Video-Schiedsrichter einen Uhren-Schiedsrichter zur Seite zu stellen, will der DFB prüfen. Hoeneß gefällt die Außendarstellung seines Vereins nicht. Er erwägt, alle Social-Media-Kanäle ("oder wie das heißt?") abzuschaffen: "Gab es früher auch nicht."

14. Spieltag: Trainer Heiko Herrlich von Bayer Leverkusen hat sich entschlossen, nach der Kabinenansprache auch seine Pressekonferenz mit Bibel-Zitaten zu würzen: "Und lasst uns aufeinander achthaben und einander anspornen zur Liebe und zu guten Werken und nicht verlassen unsre Versammlung, wie einige zu tun pflegen, sondern einander ermahnen, und das umso mehr, als ihr seht, dass sich der Tag naht." Sportdirektor Rudi Völler schweigt.

16. Spieltag: Chaos beim HSV. Der Bundesliga-Dino holt Labbadia zurück: "Wenn der HSV ruft, darf man nicht Nein sagen." Schwächer ist nur der SC Freiburg. Christian Streich läuft beim 0:1 gegen Mönchengladbach (Torschütze: der Ex-Freiburger Vincenzo Grifo) kopfschüttelnd durch die Coaching-Zone. Später sagt er: "Das Schicksal gibt, das Schicksal nimmt." Freiburg vertreibt die besten Streich-Zitate nun als Aufdruck auf dem SC-Jutebeutel.

17. Spieltag: Der FC Schalke sichert sich nach einem 3:1 in Frankfurt ungeschlagen die Herbstmeisterschaft. Tedesco, der Liga-Einstein, spielt inzwischen die Konkurrenz mit dem von ihm entwickelten Verlagerungspressing mit angeborener Halbraumkonterauslösung schwindlig.

In der Winterpause sucht Joshua Kimmich nach 17 Spielen auf der Bayern-Bank Trost bei Manchester City. Carlo Ancelotti: "Wir werden diesen Abgang verkraften, denn wir haben mit Rafinha einen erfahrenen Ersatz." Dortmund ist der Verlierer auf dem Transfermarkt: Gladbach kauft den erst im Sommer 2017 zum BVB gewechselten Mo Dahoud; Regionalligist 1860 München holt Mittelfeldspieler Julian Weigl zurück - für 55 Millionen Euro. Die Sechziger sind nach dem Einstieg eines neuen Investors wieder euphorisch und solvent. Vom Investor ist nicht mehr bekannt, als dass er mit der Produktion von Tiernahrung und dem Design von Stützstrümpfen reich wurde. Wo die Milliarden herkommen, ist den Verantwortlichen in Giesing eh wurscht.

18. Spieltag: Chaos beim HSV. Der Bundesliga-Dino entlässt Labbadia. Leverkusen startet mit einem Überraschungs-3:0 gegen die Bayern in die Rückrunde. Die Profis berichten von erweckenden Erfahrungen im Trainingslager in Bethlehem.

20. Spieltag: Dortmund verpflichtet mit den Dahoud-Millionen Dominik Nothnagel vom SV Wehen Wiesbaden.

21. Spieltag: Von der Saison 2018/2019 an soll die U 19 der British Virgin Islands in der Kreisliga A1 Essen-Südost antreten. Grindel stellt den finanziellen Nutzen für alle Kreisligisten heraus: Jeder Klub erhält vom DFB eine Kiste Bier.

Martin Kind benennt Hannover 96 um

22. Spieltag: Schneefall in Leipzig, der Platz ist unbespielbar. Kurzfristig weicht RB nach Salzburg aus. "Es waren harte Verhandlungen, aber dieser uns völlig fremde Verein hat uns herzlich aufgenommen", sagt Sportdirektor Ralf Rangnick.

23. Spieltag: Präsident Martin Kind benennt Hannover 96 in Hörgeräte 96 um. Die Ultras des Klubs erklären, fortan den VfL Wolfsburg zu unterstützen: "Da wird noch ehrlicher Fußball gespielt."

27. Spieltag: Für die Länderspiele gegen Spanien und Brasilien muss Joachim Löw experimentieren. Er nominiert den Dortmunder Dominik Nothnagel.

28. Spieltag: Der FC Bayern verliert das Champions-League-Viertelfinale 0:2 gegen Manchester City. (Tore: Joshua Kimmich). Uli Hoeneß reagiert prompt, entlässt Carsten Jancker und Sammy Kuffour und präsentiert Bulle Roth und Katsche Schwarzenbeck als "Chef-Koordinatoren für Leitkultur". Seine Begründung: "Wir brauchen mehr Mia san mia."

29. Spieltag: Anne Will beschäftigt sich in der ARD mit der Bayern-Krise. Erstmals seit seiner Entlassung ist Mehmet Scholl als Experte eingeladen. Doch er weigert sich, über den FC Bayern zu reden. Das sei jetzt nicht das Thema. Wolfgang Bosbach (CDU) verlässt wutentbrannt das Studio.

32. Spieltag: Dortmund droht, die Qualifikation für die Champions League zu verspielen. BVB-Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke gibt seine wochenlange mediale Zurückhaltung auf und erklärt in Interviews mit der Gazzetta dello Sport, dem Svenska Dagbladet, der Nowaja Gaseta, El Mundo Deportivo, der Washington Post und dem Hellweger Anzeiger auf subtile Art und Weise, dass die Negativserie auf das Arbeitsklima unter Vorjahrestrainer Thomas Tuchel zurückzuführen ist: "Das ist so, ja."

33. Spieltag: Chaos beim HSV. Der Bundesliga-Dino holt für die Relegationsspiele Bruno "Retter" Labbadia zurück. Dessen Kommentar: "Ach, was soll's."

Der 1. Spieltag

Bayern München - Bayer Leverkusen Fr. 20.30

VfL Wolfsburg - Borussia Dortmund Sa. 15.30

TSG Hoffenheim - Werder Bremen Sa. 15.30

Hertha BSC - VfB Stuttgart Sa. 15.30

Hamburger SV - FC Augsburg Sa. 15.30

FSV Mainz 05 - Hannover 96 Sa. 15.30

FC Schalke 04 - RB Leipzig Sa. 18.30

SC Freiburg - Eintracht Frankfurt So. 15.30

Bor. Mönchengladbach - 1. FC Köln So. 18.00

34. Spieltag: Interimstrainer Hermann Gerland führt den FC Bayern in die Europa League. Das entscheidende Tor beim 2:1 in Stuttgart erzielt der schwedische Winter-Zugang Patrik Andersson per indirektem Freistoß in der Nachspielzeit. Uli Hoeneß verschickt ein Fax: "Mia san mia!" Hörgeräte 96 und der SC Freiburg steigen ab. Der HSV rettet sich durch ein abgefälschtes Freistoßtor in die Relegation. Gegen Braunschweig gewinnt der Klub durch zwei abgefälschte Freistoßtore zweimal 1:0.

Im Pokalfinale bei Hipster Dardai in Berlin sichert sich Schalke das Double. Einstein Tedesco besiegt die lässige wie fahrlässige Hertha mit der Innovation der Saison: dem 3,7-4,3-2-System. Das Schlusswort sichert sich Fritz von Thurn und Taxis. Der flotte Fritz wurde am Sky-Mikrofon reaktiviert, um abtrünnige Abonnenten zurückzuholen. Er gibt alles: "Die Sonne, sie scheint heute königsblau! Doch ich sehe sie nicht, denn es ist Nacht."

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